„Zwei Klangwelten verschmelzen“

Junge Oper Stuttgart„Zwei Klangwelten verschmelzen“

Till Drömann dirigiert die Uraufführung von „Nixe“ im Ludwigsburger Forum. Foto: Martin Sigmund
Herr Drömann, Sie haben mit Barbara Tacchini die Oper „Rusalka“ für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren bearbeitet. Was interessiert junge Leute an einer Oper für Erwachsene, die Antonín Dvorák nach Hans Christian Andersens Märchen von der Meerjungfrau schuf?
Dvorák war es ganz wichtig, dass seine Musik unmittelbar verstanden wird. Er hat sich ja auch als Komponist seines Volkes gesehen. Wir Musiker spüren sofort, was Dvorák musikalisch sagen wollte: Spiele ich da gerade Sehnsucht, Verzweiflung, einen Zusammenbruch oder eine giftige Hexe? Und das passiert auch bei Kindern: dass sie unmittelbar spüren und hören, was diese Musik meint.
Dvoráks Musik erklingt in einer gekürzten Fassung und wird mit Musik der Gegenwart konfrontiert?
Ja, es gibt in „Nixe“ zwei Klangwelten: Die von Dvorák, die vor allem die Zustände widerspiegelt – Musik der Seele, der Gefühle. Dazwischen gibt es Musik aus elektronischen Wassersounds von DJ Alexandra Holtsch – also eine konkrete Klangwelt aus Wassertropfen, Rauschen, Wind, einem Rohrbruch. Diese Klänge entwickeln eine geheimnisvolle Eigendynamik. Das Besondere bei „Nixe“ ist, dass sich zwei Klangwelten gegenüberstehen, aber auch miteinander verschmelzen.
Sie werden in dieser Produktion das Landesjugendorchester Baden-Württemberg (LJO), das Patenorchester des Staatsorchesters Stuttgart, dirigieren. Wie kam es zu dieser Kooperation?
Das LJO bietet ja jungen Musikern und Musikerinnen die Möglichkeit, schon mal ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich ein Musikerleben gestalten kann. Viele der Jugendlichen wollen ja nach der Schule Musik studieren. Und weil das Besondere an der Orchesterlandschaft Deutschlands ist, dass sie vor allem aus Opernorchestern besteht, kamen die Verantwortlichen des LJO auf die Idee, dass es Sinn machen könnte, wenn die jungen Leute noch vor ihrem Studium einmal erfahren könnten, was das für ein tolles Gefühl ist, eine Oper zu spielen: also Sänger zu begleiten, Teil einer Handlung zu sein, ja, mit dem eigenen Instrument Theater zu machen.
Was bietet „Nixe“ sonst noch an musikalischer Vermittlungsarbeit?
Da gibt es viele Vermittlungsscharniere, zum Beispiel den „Nixenchor“, in dem viele Mädchen aus der Stuttgarter Umgebung mitsingen. Und junge Zuschauer haben die Möglichkeit, das erste Mal Oper zu erleben: dieses unglaubliche Phänomen, dass da jemand alleine auf der Bühne steht und singt und dass ihn dabei ein ganzes Orchester begleitet. Die Verbindung zweier Klangwelten schafft viele unterschiedliche offene Türen, über die das „Haus“ Oper wie eine Galerie betreten werden kann: Die Leute können ­hereinspazieren und gucken, was es da so ­alles gibt.
Sie haben 2013 an der Jungen Oper schon „Momo“ dirigiert. Was gefällt Ihnen hier ­besonders?
Der künstlerisch hohe Anspruch der Produktionen. Erst kommt das Kunstwerk mit all seiner großen Fantasie und seinen komplexen Gedanken, dann stellt sich als zweiter Schritt die Frage der Vermittlung. Da wird nicht einfach nur gekürzt und geguckt, wie machen wir das jetzt besonders nett für die Kleinen. Man könnte „Rusalka“ ja auch einfach nur auf die Märchenerzählung von der armen kleinen Meerjungfrau reduzieren. Aber dann hätte man nicht vermittelt, was Oper eigentlich ist.

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