Youtuber „Datteltäter“ wollen über den Islam aufklären

Youtuber „Datteltäter“ wollen über den Islam aufklären

Die „Attentäter“ sind in diesem Fall Farah Bouamar, Younes Al-Amayra, Marcel Sonneck und Fiete Aleksander, die seit Mitte 2015 den Youtube-Kanal „Datteltäter“ betreiben. Farah ist 25 Jahre alt, trägt ein Kopftuch und ist wissenschaftliche Schreibberaterin sowie Philosophie- und Literaturwissenschaftsstudentin in Paderborn. Marcel ist selbständiger Besitzer der „Beste Bar“ in Berlin, Fiete arbeitet als Erzieher an einer Berliner Schule und macht ein Sozialpädagogikstudium, und Younes arbeitet ebenfalls in Berlin im Bereich der Extremismusprävention und Deradikalisierung extremistisch motivierter Gewalttäter. Alle Mitglieder sind Muslime, außer Marcel. „Er ist unser Quotenchrist, und bei Fiete wurde erfolgreich zwangsmissioniert“, sagt Farah lächelnd. Der Kanal zählt 52 000 Abonnenten, Sponsoren gibt es jedoch keine. Die Videos werden wöchentlich hochgeladen, und zwar immer freitags um 15 Uhr. Auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und neuerdings auch Instagram werden die Fans informiert und auf die Videos aufmerksam gemacht.

„Zu unserer Identität“

„Wenn man in Youtube Islam eingibt, dann hat man da bestimmte Schreihälse“, erklärt Farah. Die Datteltäter wollen eine Alternative sein zu dem, was es sonst auf Youtube zum Thema Islam gibt. Eine islamfeindliche oder islamkritische Atmosphäre mache sich in Deutschland immer breiter. Da dachten die jungen Youtuber: „Der Islam gehört zu unserer Identität, und wir empfinden unsere Religion als eine Bereicherung – etwas Positives.“ Um den ernsten Kern, den sie thematisieren wollen, den Leuten nahezubringen, bedienen sie sich der Satire. Humor als universelle Sprache, um das Eis zu brechen.

Der Name „Datteltäter“ vereint in einem ungewohnten Kompositum zwei grundverschiedene Begriffe: Dattel und Attentäter. Während die Dattel vor allem für Muslime eine besondere Frucht und positiv konnotiert ist, sind Attentäter tollwütige und vermummte Männer, die nur darauf warten, eine Bombe hochzujagen. Die Zusammenführung beider Worte sorgt für eine eigenartige Allusion: Datteltäter als Attentäter – „auf die Lachmuskeln und Gehirne der Menschen“, sagt die 25-Jährige lachend.

Rassismus, Stereotype, Radikalisierung

In ihren Videos widmen sich die Youtuber sensiblen Themen, die den Alltag von Muslimen in Deutschland tangieren, wie Rassismus, Stereotype und Radikalisierung. Die Videoproduktion ist aufwendig und mit viel Geduld verbunden. So skypt man zweimal die Woche – einmal am Montag und anschließend mittwochabends. Am Montag gibt es ein Brainstorming, und dabei entscheidet sich die Gruppe für eine Videoidee. Bis mittwochabends schreiben die Youtuber fleißig an ihren Skripten, und hinterher gehen sie das Skript zusammen durch.

Schließlich wird das Skript eingeschickt. „Wir sind ja bei Funk unter Vertrag“, verrät Farah Bouamar stolz, das ist ein Online-Medienangebot der ARD und des ZDF für Jugendliche und junge Erwachsene. Meistens erhält die Gruppe dann positives Feedback. Samstags und sonntags wird die Videoidee in die Tat umgesetzt und gedreht. Von Montag bis Mittwoch bemüht man sich, das Video so gut wie möglich zusammenzuschneiden, und am Freitag wird das Endprodukt schließlich voller Vorfreude auf die Resonanz veröffentlicht. Auf die Frage, was das Ziel ihres Kanals sei, antwortet die Studentin: „Vorurteile bekämpfen.“

Dafür gab es den Webvideopreis

Dafür erntet die Gruppe jede Menge Zuspruch: „Das lesen wir öfters in den Kommentaren, wo Leute einfach sagen: ,Ich hab ja gar nicht gewusst, dass das so ist‘ oder dass die Leute sich dann schlapp lachen und uns feiern, obwohl die vorher nichts mit dem Islam zu tun hatten“, sagt Farah. Vergangenes Jahr gewannen die Datteltäter den „Webvideopreis“, den meistens nur die größten Youtuber mit Millionen Abonnenten erhalten. Auch auf der Straße werden die Datteltäter erkannt und herzlichst nach einem Foto gefragt.

Jedoch ist der Islam und alles, was mit ihm in Verbindung steht, ein heikles Thema – nicht nur in Deutschland, weshalb die Youtuber auch mit einer Menge „Hate“ zu kämpfen haben. Destruktive Kommentare, die nur Hass und Hetze verbreiten, werden abfotografiert und gelöscht, manchmal aber auch als Impulse für ein neues Video verwendet. „Es gibt auch manche Kommentare, die wir stehenlassen, weil wir sehen, dass die Community schon dagegen spricht“, gibt Farah zu. Es komme auch mal vor, dass man auf der Straße angemacht wird, und in Bewerbungsgesprächen habe man das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. „Das Kopftuch ist das eigentliche Problem und nicht die Leistung“, sagt sie bedrückt.

Den Kontext kennenlernen

Viel trauriger für Farah ist, dass „man an sich selbst feststellt, dass es abhärtet, und das sollte eigentlich nicht der Zustand sein, in dem wir uns bewegen.“ Die Botschaft an die Menschen, die Vorurteile gegenüber dem Islam haben, sei ganz simpel: „Chillt“, sagt die Studentin. „Lernt die Menschen mit ihren Geschichten im Gesamtkontext kennen. Der Fokus sollte auf den Menschen liegen, nicht auf dem Islam, dem Kopftuch oder dem Bart. Ganz einfach als ein Mensch einen anderen Menschen kennenlernen.“

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