Wert des Lebens vermitteln: Suizide bei Jugendlichen beunruhigt Japan


In Japan nehmen sich immer mehr junge Menschen das Leben. Das zeigt der Vergleich 2017 zum Vorjahr. Besorgniserregend ist dies auch vor dem Hintergrund, dass die Gesamtzahl der Suizide in dem Land abnimmt.

Japan haftet noch immer das Klischee vom „Land der Selbstmörder“ an. Dabei ist die Zahl der Suizide insgesamt rückläufig. Neue Zahlen untermauern den Trend der vergangenen Jahre: Demnach nahmen sich im vergangenen Jahr 21.140 Menschen das Leben, das waren 3,5 Prozent weniger als im Jahr davor. Das teilte die nationale Polizeibehörde in Tokio mit. Damit geht die Zahl der Selbsttötungen in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt seit nun acht Jahren in Folge zurück. Auf 100.000 Bewohner kamen 16,7 Suizide. (In Deutschland beträgt die Rate aktuell 12,2 Suizide auf 100.000 Einwohner.)

Große Sorgen bereiten dem Land indes die Selbsttötungen unter Minderjährigen. Während Suizide unter Erwachsenen im vergangenen Jahr zurückgingen, stiegen sie in der Altersgruppe bis 20 Jahre an – um 29 Menschen auf 516. „In Anbetracht dessen, dass Kinder in Grund- und Mittelschulen Selbstmord begehen, sollten wir als Gesellschaft entschlossen sein, dies zu verhindern“, sagte Yutaka Motohashi, Vorsitzender eines Regierungsgremiums, das neue Richtlinien für den Kampf gegen Suizide erarbeitete. Er warnte angesichts der seit Jahren rückläufigen Suizidzahlen vor einem Nachlassen der öffentlichen Aufmerksamkeit für das nach wie vor ernste Thema.

Hilfe durch soziale Netzwerke

Sorge bereiten gerade die Kinder. Zwar gibt es Telefonhotlines für Kinder. Da diese heutzutage jedoch zwecks Kommunikation eher soziale Medien als Telefone benutzen, soll jungen Menschen, die Opfer von Schikanen wurden – ein ernstes Problem in Japan – über Soziale Netzwerkdienste Beratungen angeboten werden. Zudem sollen Schulkinder durch entsprechende Erziehung ermutigt werden, bei Problemen Hilfe aufzusuchen.

Suizidprävention an Schulen habe sich bisher darauf konzentriert, den Kindern den Wert des Lebens beizubringen. Am wichtigsten sei es jedoch, den Kindern beizubringen, wie sie um Hilfe bitten, wenn sie depressiv sind, sagte Motohashi. Dazu sind auch die Lehrkräfte und Erziehungsbehörden aufgefordert. So sollen japanische Pädagogen verstärkt darin trainiert werden, Anzeichen für Suizidgefahr bei Kindern besser zu erkennen. Es gibt zugleich Berichte, wonach Schulen verschwiegen haben sollen, dass Suiziden Schikanierung durch andere Kinder vorausgegangen war.

Gesetze sollen helfen

Die japanische Regierung hatte 2006 ein Gesetz zur Selbstmordvermeidung umgesetzt, das alle fünf Jahre überarbeitet wird. Ziel ist es, das Land vom zweitschlechtesten Niveau unter großen Nationen nach Russland, immerhin auf das Niveau von Deutschland zu verbessern. Länder wie Großbritannien oder Italien haben allerdings noch weit niedrigere Raten.

Per Gesetz will Japan jetzt die chronisch langen Arbeitszeiten in Unternehmen reduzieren. Tod durch Überarbeitung hat in dem Land ein eigenes Wort: „karoshi“. Auch der Erfolgsdruck in Schulen durch lange Unterrichtszeiten und Nachhilfe soll angegangen werden wie auch Schikanen am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte.

Ein weiteres Problem, das der Staat verstärkt durch Aufklärung angehen will, sind Selbsttötungen unter Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen des Landes, die oft unter Diskriminierung und Schikanen zu leiden haben. Auch Depressionen bei Schwangeren sowie jungen Müttern, die ebenfalls zu Suiziden führen können, werden im jüngsten Präventionsprogramm der Regierung aufgeführt. Auch hier sollen Unterstützungsmaßnahmen für die Betroffenen verstärkt werden.

Wie in Deutschland begehen auch in Japan Männer die meisten Suizide. Allerdings lag deren Zahl mit 14.693 erstmals seit 22 Jahren unterhalb der Marke von 15.000, wie aus den vorläufigen Angaben hervorgeht.



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