Mein Kind ist weg! Eine Horrorvorstellung für Eltern. Rund 1800 Kinder und Jugendliche gelten zum Jahresanfang 2012 in Deutschland als dauerhaft vermisst. Jedes Jahr verschwinden ungefähr 100.000 Kinder und Jugendliche. In der Hälfte der Fälle geben die Eltern eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf. In den meisten Fällen handelt es sich um Ausreißer, die bald wieder heimkehren. Doch bis dahin vergehen bange Stunden und Tage. Wo Eltern rasch Rat und Hilfe finden.
Mehr Ausreißer als 2010
Die aktuelle Zahl der vermissten Kinder sei im Vergleich zu den Vorjahren in etwa konstant, sagte der Leiter und Mitbegründer der Initiative Vermisste Kinder, Carl Bruhns, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. „Die meisten Kinder sind innerhalb weniger Stunden oder spätestens nach zwei Wochen wieder zu Hause.“ Das betreffe 98 Prozent der vermisst gemeldeten Kinder und Jugendliche. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl derjenigen, die von zu Hause wegliefen und kurze Zeit später wieder auftauchten, um etwa zehn Prozent gestiegen.
Mädchen laufen häufiger weg
Vor allem in den Sommermonaten „haben wir verstärkt festgestellt, dass Jungen und Mädchen in Metropolen wie Berlin oder Frankfurt gehen“, so Bruhns. Dabei seien Mädchen deutlich stärker betroffen als Jungen. In 80 Prozent der Fälle liefen Mädchen von zu Hause weg. Die Hauptgründe dafür seien Probleme in der Familie, Schwierigkeiten in der Schule oder einfach Abenteuerlust, sagte Bruhns.
Einige Vermisstenfälle bleiben ungeklärt
Bei den Kindern und Jugendlichen die über einen längeren Zeitraum als vermisst gelten, sei nur sehr schwer zu sagen, was zu ihrem Verschwinden führt. Der Mitbegründer der Initiative Vermisster Kinder nannte als Beispiel den Fall der 14-jährigen Georgine Krüger. 2006 verschwand das Mädchen in Berlin auf dem Weg von der Bushaltestelle zu ihrem Elternhaus. „In solchen Fällen kann über die Gründe nur spekuliert werden“, sagte Bruhns.
Was tun, wenn ein Kind verschwindet?
Wenn ein Kind verschwindet, sollten Eltern umgehend die Polizei unter 110 informieren oder den europaweit einheitlichen Notruf 112 wählen. Darüber hinaus finden sie über die neue, EU-weite Vermissten-Notrufnummer 116000 Unterstützung bei der Suche nach dem Kind und für den Umgang mit dieser Extremsituation. Der Service wird in Deutschland von der „Initiative vermisste Kinder“ betrieben, die eng mit der Polizei zusammenarbeitet.
Hotline ist 24 Stunden kostenlos erreichbar
Die 116000 ist eine offizielle Notrufnummer, über die Eltern speziell ausgebildete Mitarbeiter der Initiative erreichen, die Hilfe organisieren und beraten. Die Sonderrufnummer steht 24 Stunden am Tag zur Verfügung und kann aus dem Festnetz und allen Mobilfunknetzen kostenfrei angerufen werden. Die Notfall-Hotline 116000 ist mittlerweile in 16 europäischen Ländern geschaltet. Ziel ist es, in allen EU-Mitgliedstaaten einen gleichwertigen Service zu bieten, der Eltern im Falle des Verschwindens ihres Kindes umgehend hilft. Für die einheitliche Nummer hat sich „Missing Children Europe“ bei der EU eingesetzt. Die Dachorganisation, der auch die „Initiative vermisste Kinder“ angehört, organisiert in ganz Europa eine einheitliche Betreuung über die Notfall-Hotline.
Vermisstenmeldungen werden multimedial verbreitet
Die „Initiative vermisste Kinder“ ist seit 14 Jahren aktiv. Sie verweist auf ihre verschiedenen Möglichkeiten, Eltern umgehend bei der Suche zu unterstützen: Die Vermisstenmeldung könne auf rund 1400 Infoscreens auf Flughäfen und Bahnhöfen in ganz Deutschland sowie auf der Facebook-Seite der Initiative mit rund 120.000 Mitgliedern veröffentlicht werden. Zudem könne die Suchmeldung über die App „Vermisst“ verbreitet werden. Diese Sofortmaßnahmen ließen sich innerhalb einer halben Stunde umsetzen, heißt es. Bei der Notrufnummer, aber auch auf der Internetseite www.vermisste-kinder.de bekommen Eltern unter anderem Hinweise zum Verfassen einer Vermisstenmeldung, aber auch Tipps, wie sie ihre Kinder schützen und auf bedrohliche Situationen vorbereiten können.
Keine Scheu vor falschem Alarm
Ins Spiel vertieft, können Kinder schnell die Zeit vergessen oder auf dem Heimweg trödeln. Eltern sollten nicht überbesorgt sein, doch Experten raten, dem Bauchgefühl zu folgen, wenn ein Kind ungewöhnlich lange wegbleibt und niemand weiß, wo es sich aufhält. Nicht warten, sondern handeln sei die Devise. Eltern sollten zunächst Freunde der Kinder, Schulkameraden und Nachbarn abtelefonieren, um zu klären, ob das Kind bei ihnen ist. Als nächstes sollte man Haus und Grundstück absuchen, den üblichen Heimweg abgehen an den Lieblingsspielplätzen und Treffpunkten des Kindes nachschauen. Die „Initiative vermisste Kinder“ betont: „Haben Sie keine unnötige Scheu vor einem falschen Alarm. Im Notfall entscheidet dies über das Wohlergehen Ihres Kindes.“
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