Den Schläger auswählen, die Füße schulterbreit auseinanderhalten und den Abstand des Balls von den Füßen beachten. Tief einatmen und ein gleichmäßiges Tempo beim stabilen Schwingen durchhalten. Schon ist der Ball in die Luft verschwunden. Auf dem Golfplatz verbringt Vasco Alves den Großteil seiner Freizeit. „Filme stellen unsere Sportart falsch dar“, sagt der 21-jährige Portugiese, der seit seinem sechsten Lebensjahr spielt. Den Golfwagen benutzt er kaum, das Spiel sei nicht nur eine Veranstaltung für Geschäftsmänner. Der Anreiz kam von seinem Vater, der den Sport kennenlernen wollte und den Sohn mitnahm. Der begabte Schüler war bis zur sechsten Klasse im Golfunterricht und Schwimmen angemeldet. Da entschied er sich, nur Golf weiterzuführen. Auch die Mutter und die zwei jüngeren Geschwister spielen. Die ältere Schwester Teresa glänzt mittlerweile selbst beim Golfen. Jedes Jahr kommen jeweils die Eltern und die beiden Jungstars paarweise zusammen und kämpfen im Eltern-Kind-Klub-Turnier um den Sieg.
Durch Stress drei Kilo abgenommen
In einem Turnier besteht das Golfspiel aus 18 Löchern, die üblicherweise jeweils mit vier Abschlägen zu treffen sind. Die erste aus drei Spielern bestehende Gruppe eröffnet den Wettbewerb um neun Uhr, wobei die letzte Gruppe das Feld gegen 18 Uhr verlässt. Der Gewinner ist der mit der geringsten Anzahl an Abschlägen. Der Eintritt kostet für Minderjährige zehn, ab 18 Jahren etwa 30 Euro.
In Setúbal nahe Lissabon hat Vasco Alves kürzlich seine Konkurrenz besiegt. Das Mitglied der portugiesischen Nationalmannschaft sieht dies als seinen wichtigsten Sieg. In einem fünfstündigen Spiel müsse man mit Hochspannung umgehen können. „Die letzten zwei Stunden, wo ich meine Gewinnchance erkannte, waren besonders hart. Ich kam zu Hause an und sah, dass ich an diesem Wochenende vor Stress drei Kilo abgenommen hatte“, sagt er. In jedem Spiel seien die meisten seiner geplanten Züge nicht zu verwirklichen. Deswegen sind Geduld und Ruhe nach Misserfolgen im Spiel besonders wichtig.
„Es gibt viele Möglichkeiten, den Ball zu schlagen, es gibt keine allgemeine Regel für jeden Fall“, erklärt er. Ein Sieger müsse auch riskante Schläge wagen. Die Technik wird dem Wetter, dem Feld und den eigenen Stärken angepasst. Alves bevorzugt wolkige 20 Grad Celsius. Zur Wahl stehen in einem Spiel maximal 14 nummerierte Golfschläger. Die aus Kohlefaser, Stahl oder Eisen hergestellten Geräte beeinflussen den Schuss und eignen sich für spezifische Feldsituationen. Der Platz besteht aus den Grundelementen Abschlag (wo das zu spielende Loch beginnt), Fairway und dem Grün (Zielbereich). Gemäß der Turnierroute dienen Sandflächen, Teiche und Bäume als Hindernisse. Es liegt am Spieler, zu wissen, welcher Schläger ihm am besten hilft, den beabsichtigten Zweck zu erreichen. Mit dem ersten Schläger, dem Driver, erzielt Vasco eine Strecke von bis zu 260 Metern. Je kleiner die Zahl des Schlägers, desto genauer der Schuss.
Zufrieden verlässt er das Feld selten
Mindestens fünfmal in der Woche trainiert der Athlet im Oporto Golf Club in einem Vorort Portos. Die Hälfte der Zeit übt er allein ohne Coach. Meist könne man bereits am Anfang an der Bewegung spüren, ob es gut laufen wird. Zufrieden verlasse er das Feld aber selten. „Dein größter Gegner bist du selbst“, behauptet er. Beweglichkeit und Beinkraft seien wichtig. Dreimal in der Woche ist er im Fitnessstudio. Eine halbe Stunde dauert die Fahrt von Leça da Palmeira am Meer zum Training. Die Ausrüstung kostet rund 1500 Euro. Der Maschinenbaustudent hat wegen Turnieren Uniprüfungen versäumt und verschiebt nun das Erasmusprogramm. „Das Golf hilft einem als Person zu wachsen“, sagt Vasco Alves. Das Hobby habe ihm gezeigt, wie vorteilhaft eine effiziente Zeitnutzung sei. Er befinde sich, obwohl die Uni das tägliche Training einschränkt, auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Mit der Einladung für das prestigeträchtigste Golfturnier „The Amateur“ in Schottland hatte der angehende Profispieler gehofft, sich den „Majors“ anzunähern. Covid-19 verhinderte das, Portugal war auf der „gelben Liste“ Großbritanniens, der Mannschaft blieb die Teilnahme verwehrt. Alves hat in Frankreich in der individuellen „European Amateur Championship“ gespielt und in Spanien im Mannschaftsturnier mitgemacht. Mit dem Beginn des Masterstudiums stehen keine großen Turniere auf dem Plan. Allerdings nähert sich die Entscheidung über die Erfüllung oder Aufgabe seines Traumes, Profigolfspieler zu werden.
Golffreunde seien etwas Besonderes, sagt Vasco. Nach zehn Jahren gemeinsamen Spielens, unabhängig von dem zugehörigen Klub „ist man im Golf füreinander da“. Gerne erinnert er sich an ein internationales Turnier, wo er als 13-Jähriger mit seinem Freund Kämpfen gespielt hat. Sie zogen die Aufmerksamkeit aller auf sich, die nicht begriffen, dass sie nur aus Spaß rauften. Der Trainer wurde wütend, denn sie machten einen schlechten Eindruck im Namen Portugals. Bestraft wurden sie mit einer langen Wanderung zum Hotel. „Wir können uns nicht daran erinnern, ohne darüber zu lachen“, lächelt Vasco Alves.
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