Sie war einst ein großer Tennisstar. Doch die Jugend von heute kennt Billie Jean King eher als Kämpferin für Gleichberechtigung. Ganz gleich, wie man die US-Amerikanerin auch sieht – sie hat viel erreicht und viel bewegt.
Die Jubilarin hatte vorgefeiert. Obwohl Billie Jean King erst an diesem Donnerstag 75 Jahre alt wird, gab es bereits vor acht Tagen eine große Party. Das berühmte New Yorker Museum „New-York Historical Society“ hatte zu einer „vorzeitigen Geburtstagsfeier“ geladen – und viele Promis waren gekommen. Tennis-Oldie John McEnroe stieß ebenso mit ihr an wie Maria Scharapowa, die Sängerinnen Cyndi Lauper und Sara Bareilles oder auch Hollywood-Schauspielerin Emma Stone. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama und Musiker Elton John gratulierten via Videobotschaft. Die Liste zeigt all die Generationen, die Billie Jean King begeistert und beeinflusst hat.
Sie ist Idol, Identifikationsfigur und Ikone zugleich. Und es ist schwer zu sagen, wofür Billie Jean King eigentlich mehr steht: große Erfolge auf den Tennisplätzen – sie gewann im Einzel, Doppel und Mixed 39 Grand Slam-Titel – oder für unermüdlichen Einsatz im Kampf für Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen. „Sie hat das Frauentennis für uns geformt, war ein Vorbild für mich. Und ich bin froh, dass ich sie mittlerweile persönlich kennenlernen konnte“, sagt Steffi Graf. „Billie ist der klügste und weiseste Mensch, den ich kenne. Jede Tennisspielerin, jede Athletin sollte ihr persönlich dankbar sein, Vertrauen in den Frauensport aufgebaut zu haben“, ergänzt Chris Evert.
Billie Jean Moffitt kam am 22. November 1943 im kalifornischen Long Beach zur Welt. Bereits als Siebenjährige habe sie sich vorgenommen, „etwas Großartiges“ aus ihrem Leben zu machen. Und nur vier Jahre später hatte sie ihre Lebensaufgabe klar definiert. Weil sie keinen Tennisrock trug, durfte die damals 11-Jährige nicht auf ein Team-Foto. Zudem missfiel ihr, dass in ihrer Sportart alles von einer Farbe geprägt war: weiß: „Alle trugen weiße Schuhe, weiße Socken, weiße Kleidung. Unsere Bälle waren damals noch weiß und jeder, der Tennis spielte, war es ebenso. Ich fragte mich: 'Wo sind all die anderen?'“ In diesem Moment, so King, sei ihr klargeworden, dass sie „für den Rest meines Lebens für Gleichberechtigung“ kämpfen werde.
„Ich wollte den Kuchen, die Sahne und die Kirsche“
Aus der Revoluzzerin King wurde bald eine Queen auf den Tennisplätzen der Welt. Die US-Amerikanerin mit den kurzen, dunklen Haaren und der markanten Brille war ab Ende der Sechziger die dominierende Frau. Doch finanziell spiegelten sich ihre Erfolge nicht wider. 1970 verdienten die Männer zwölf Mal so viel an Preisgeldern wie die Frauen. „Jeder dachte, wir Frauen sollten uns freuen, die Krümel zu bekommen. Aber ich wollte den Kuchen, die Sahne und noch die Kirsche obendrauf“, so King. 1973 hatte sie die „Triple Crown“ geholt – sie hatte in Wimbledon die Titel bei den Frauen sowie im Doppel und Mixed gewonnen. Ihr Gesamtpreisgeld betrug 3550 Pfund. Herren-Sieger Jan Kodes aus der CSSR strich hingegen 5000 Pfund ein.
Außerhalb des Platzes waren ihr in jenem Sommer zwei Asse gelungen. Am 20. Juni 1973 hatten sich unter der Führung von King mehr als 60 Aktive im Londoner Gloucester Hotel versammelt und die Vereinigung der professionellen Tennis-Spielerinnen (WTA) gegründet. Und es war ihrem Lobbyismus zu verdanken, dass bereits am 19. Juli die US Open als erstes der vier Grand Slam-Turniere bekannt gaben, ab sofort das gleiche Preisgeld für Frauen und Männer auszuzahlen.
„Billie hatte damals eine Vision, sie konnte zehn Jahre vorausschauen. Ich war 18 und hatte keine Ahnung, was diese Gleichberechtigungs-Bewegung für die Zukunft des Frauen-Tennis bedeuten würde“, so Evert. Sie wurde 1976 die erste Tennis-Spielerin, die mehr als eine Million Dollar verdient hatte. Seit 2007 sind bei allen vier Grand Slam-Turnieren die Preisgelder für Frauen und Männer gleich. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ führt auf seiner Liste der „Bestbezahlten Sportlerinnen 2018“ auf den Plätzen eins bis sechs ausschließlich Tennisspielerinnen. An der Spitze rangiert Serena Williams. „Das ist das, was meine Generation für sie erreichen wollte. Sie leben unseren Traum“, freut sich King.
Der Chauvi geht unter
Ihren wichtigsten Sieg feierte sie bei keinem Grand Slam, sondern am 20. September 1973 in einem Schaukampf, der als „Battle of the Sexes“ in die Geschichte einging. Im Astrodome von Houston traf die 29-Jährige auf den 26 Jahre älteren Bobby Riggs. Der war 1939 Weltranglisten-Erster und hatte im selben Jahr Wimbledon und die US Open gewonnen. Sein Ruhm war jedoch längst verblasst. Mit chauvinistischen Äußerungen wie „Für Frauen spielen Frauen ganz gut Tennis. Aber wenn sie einem Mann gegenüberstehen, selbst einem alten Sack wie mir, haben sie große Probleme“, hatte sich Riggs nun wieder ins Gespräch gebracht.
Für ihn ging es darum, zu zeigen, dass der Mann – egal, ob im Sport oder im Beruf – überlegen ist. King wollte beweisen, wie leistungsstark weibliche Athleten sein können und dass das Geschlecht keine große Rolle spiele. Allerdings hatte sie Angst, dass eine Niederlage „die Frauen mindestens 50 Jahre zurückwerfen“ würde. 50 Millionen Landsleute saßen vor den TV-Geräten. Der „Battle of the Sexes“ wurde zum berühmtesten Geschlechterkampf der Sport-Geschichte – und King gewann 6:4, 6:3, 6:3. Im vergangenen Jahr wurde das Duell verfilmt und kam unter dem gleichnamigen Titel in die Kinos. Emma Stone spielt Billie Jean King, Steve Carell die Rolle von Bobby Riggs.
Zur Lebensgeschichte von BJK gehört auch ihr Privatleben. 1965 heiratete sie Larry King. Doch ab 1971 führte sie eine geheime Beziehung mit ihrer Sekretärin Marilyn Barnett. Zehn Jahre später hatte diese auf Unterhaltszahlung geklagt und gedroht, Kings Homosexualität öffentlich zu machen. King ging in die Offensive, gab eine Pressekonferenz und outete sich – obwohl ihr Anwalt sowie ihr Management davon abgeraten hatten. King spricht heute noch vom „schwersten Schritt“ – und bekam die Folgen damals umgehend zu spüren. Innerhalb von 24 Stunden habe sie alle Sponsoren verloren, so King. Seit nunmehr 30 Jahren lebt sie mit der ehemaligen Tennisspielerin Ilana Klos zusammen. Ihr Ratschlag an die Frauen: „Egal, ob im Sport oder im Beruf. Ihr solltet mutig sein, nicht perfekt.“
Sie können mehr von den Nachrichten auf lesen quelle