„Technik hat sich entwickelt“: Gesamtmetall-Chef denkt über Bau neuer AKWs nach

Die Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken werden lauter. Gesamtmetall-Präsident Wolf geht sogar einen Schritt weiter. Die Grüne Jugend schließt dagegen längere Laufzeiten kategorisch aus – im Gegensatz zur Mehrheit der Grünen-Wähler.

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat sich für einen Weiterbetrieb der drei in Deutschland noch laufenden Atomkraftwerke und eine Debatte über den Bau neuer Reaktoren ausgesprochen. „Ich halte eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke für absolut notwendig“, sagte Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine verlängerte Laufzeit der drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke könne die Verstromung von Gas deutlich reduzieren und dazu beitragen, die Stromversorgung zu sichern, wenn wirklich kein Gas mehr zur Verfügung stehe.

„Wir müssen aber auch eine Debatte über den Bau von neuen Atomkraftwerken führen“, sagte Wolf weiter. „Weltweit werden derzeit 50 neue Atomkraftwerke gebaut, die Technik hat sich weiterentwickelt. Die EU hat die Atomenergie gerade erst als grüne Energie gekennzeichnet.“

Wolf bezieht sich dabei auf die sogenannte Taxonomie. Die EU hat damit Anfang Juli eine Art Katalog für klimafreundliche Investitionen auf den Weg gebracht. In diesem Rahmen gilt von Januar 2023 an auch als klimafreundlich, Geld in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke zu stecken. Das finden unter anderem Umweltschützer falsch. Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Sie sollen laut Gesetzeslage aber Ende 2022 abgeschaltet werden.

Die Vorsitzende der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, schloss gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland verlängerte Laufzeiten aus: „Eine Laufzeitverlängerung ist mit uns nicht zu machen. Und eine Laufzeitverlängerung ist das, was über den Streckbetrieb hinausgeht.“ Sie sei nicht notwendig und teuer. „Und die Atomenergie ist eine Hochrisikotechnologie. Was wir brauchen, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien.“

54 Prozent der Grünen-Wähler für Laufzeitverlängerung

Eine Mehrheit der Grünen-Wähler ist laut einer Umfrage für eine Laufzeitverlängerung für die verbleibenden Atomkraftwerke in Deutschland. 54 Prozent sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild“-Zeitung für eine Verlängerung aus, um die Energieversorgung unabhängiger von russischem Gas zu machen. 38 Prozent der Grünen-Wähler waren gegen einen Weiterbetrieb. In der Gesamtbevölkerung sind 70 Prozent für die Verlängerung, 20 Prozent dagegen und 10 Prozent unentschlossen.

Wegen der Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg wird unter anderem wieder diskutiert, Atomkraftwerke in Deutschland in einem sogenannten Streckbetrieb einige Monate länger laufen zu lassen. Dies fordern etwa FDP-Politiker, auch einige Grünen-Politiker schließen es nicht aus. Letztere verweisen aber auf einen neuen Stresstest zur Stromversorgung, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grüne angeordnet hat. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt am Samstag verlängerte Laufzeiten um mehrere Jahre für möglich. Längst wird aber auch über die Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten AKW debattiert.

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