Die Freude am Sport ist das Wichtigste für mich, und am meisten liebe ich die Natur sowie die unterschiedlichen Trails.“ Sina Frei ist erfrischend sympathisch und eine Klasse für sich. In legerer Sportkleidung, mit glänzenden blonden Haaren und markanten blauen Augen strahlt sie Lebensfreude aus. Ihr athletischer Körper ist das Ergebnis von unzähligen Trainingseinheiten. Sina verkörpert eine Kombination aus Ehrgeiz und Disziplin, die sie an die Spitze ihres Sports gebracht hat. Die 26-Jährige wirkt entspannt. Kein Wunder, sie hat in ihrer Karriere schon alles erreicht.
Geboren wurde sie in Uetikon am See an der Goldküste in der Umgebung von Zürich. Hier im Dorf kennt sie jeder. Sie gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Sportlerinnen. Ihre Laufbahn lief jedoch nicht immer wie am Schnürchen. Lange Zeit betrieb sie andere Sportarten wie Fußball, Ballett, Turnen und Reiten. Zum Mountainbiken kam sie erst mit zwölf Jahren. Und das weil ihr Vater und ihr Bruder zum Biken nach Spanien gefahren waren, sie aber nicht mitgehen durfte und mit ihrer Mutter zu Hause bleiben musste. Vater und Bruder konnten sehr gut biken, sie selbst aber konnte mit diesem Sport damals noch nichts anfangen. Da Ferien im Ausland für sie jedoch etwas Besonderes waren, denn die urschweizerische Familie verbrachte diese meistens in der Schweiz, war das für sie der Ansporn, mit dem Mountainbikesport anzufangen, um das nächste Mal an den Biking-Ferien teilnehmen zu dürfen. Ein Jahr später war sie mit dabei. Auch durfte sie als Mitglied des Vereins Meilen an ihren zwei ersten Rennen teilnehmen. Dem Verein war sie als Reaktion auf die verunmöglichten Veloferien beigetreten. „Ich belegte zweimal den letzten Platz. Das brachte mich aber nicht vom eingeschlagenen Weg ab. Im Gegenteil. Ich hatte meinen Sport gefunden.“
Der Spaß steht für Frei im Vordergrund
Nach der Sekundarschule absolvierte Frei eine kaufmännische Lehre, die vier statt drei Jahre dauerte, damit sie noch Zeit für den Sport hatte. Sie besuchte die United School of Sports in Zürich. Dort wird der Sport mit einer Lehre kombiniert. „Danach bin ich eigentlich in den professionellen Mountainbikesport reingerutscht.“ Sie gab alles, um den Übergang von einer Amateur- zu einer Profisportlerin zu schaffen. Frei hat ihre kaufmännische Lehre im Sommer 2017 beim Hörgerätehersteller Sonova AG absolviert. Anschließend besuchte sie die Spitzensportrekrutenschule im Militär. Nach einer dreiwöchigen Grundausbildung in der Kaserne bietet die Schweizer Armee eine fünfwöchige Ausbildung zum Militärsportleiter an, und in den letzten zehn Wochen kann sich jeder Spitzensportler auf das Training in seiner Disziplin konzentrieren. Nach der Rekrutenschule waren ihre Erfolge auschlaggebend, sich ganz auf den Sport zu konzentrieren.
Die Überfliegerin positionierte sich immer besser in der Weltrangliste des Mountainbikesports. „Total gewann ich zwölf Weltcuprennen und konnte mich bei jedem Rennen auf dem Podest platzieren. Hinzu kommen noch einige Silber- und Bronzemedaillen. 2019 wagte ich schließlich vorzeitig den Schritt in die Elite. In meinem ersten Jahr erreichte ich drei vierte Plätze im Cross-Country und beendete die Saison im Gesamtweltcup an siebter Stelle. Ein geglückter Auftakt.“ Das Jahr 2021 sollte ihr Karrieredurchbruch werden. Die damals 24-Jährige gewann Silber im Cross-Country bei den Olympischen Spielen in Tokio. Der 27. Juli 2021 war für die Schweiz ein besonderer Tag, weil die Gold- und Bronzemedaille ebenfalls von Schweizerinnen gewonnen wurden. „Ich war überglücklich. Es war, als würde ein großer Traum in Erfüllung gehen. Wir drei lagen uns weinend in den Armen.“ Ein weiterer großer Erfolg für Frei war der Weltmeistertitel im selben Jahr. „Der Kurzdistanz-Titel bei der WM war auch deshalb so herausragend für mich, weil mir in der letzten Runde ein gewagtes Überholmanöver gelungen ist. Ich fuhr total am Limit und riskierte alles.“ Für Frei ist die richtige Einstellung das Wichtigste, um erfolgreich zu sein. Ihr Team und sie gehen nicht an ein Rennen, um Zweite zu werden. Sie gehen dorthin, um Gold zu holen. Für sie steht immer der Spaß an dem, was sie tut, im Vordergrund. Dies empfiehlt sie jungen Biking-Talenten. „Wenn man einen Sport langfristig ausüben möchte, muss die Freude am Sport auch wirklich im Fokus stehen. Wenn du schon vor dem Training keine Lust hast zu biken, dann musst du auch nicht trainieren gehen, weil dann auch nichts qualitativ Gutes dabei rauskommen wird.“
„Ohne meine Familie hätte ich es gar nicht so weit geschafft“
Sie selbst ist ein Fan von polysportivem Training, integriert andere Sportarten wie zum Beispiel Laufen oder Krafttraining. Am Tag trainiert sie drei bis vier Stunden. Sie besitzt zwölf Bikes, trainiert großteils allein, manchmal aber auch mit Freunden. Das Mountainbiketeam ist für sie sehr wichtig. Sie bekommt regelmäßig neue Übungen vom Team, die sie in ihren Trainingsplan einbauen kann. Außerdem hilft ihr das Team auch bei der mentalen Vorbereitung auf die Rennen. Sie analysiert die Strecke und geht sie in ihrem Kopf durch. Der größte Druck, den sie vor einem Rennen hat, stammt von ihr selbst. Sie ist der Meinung, dass man, je besser man mental vorbereitet ist, desto besser mit dem Druck umgehen kann. Dennoch denkt sie, dass ein gewisses Mass an Druck notwendig ist, um Spitzenleistungen zu bringen. Unterstützung findet sie in ihrer Familie und in ihrem Freundeskreis. „Ohne meine Familie hätte ich es gar nicht so weit geschafft“, erzählt sie mit einem stolzen Lächeln. Familie und Freunde seien das Wichtigste neben dem Sport, auch um mal abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen. Auf die Frage, wie gut man von seinem Einkommen als Mountainbikerin leben könne, antwortet sie, dass die Top Ten der Mountainbikerinnen sehr gut davon leben könnten. Aber es sei sicher nicht so wie beim Ski- oder Tennissport, und man sei bestimmt auch auf eigene Sponsoren angewiesen.
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