Anita Schell merkt, wie ein alter Mann sie misstrauisch von seinem Fenster aus beobachtet. Direkt nach dem scheppernden Schließen des Briefkastens, in den sie gerade eine Bibel gelegt hat, vernimmt sie das Klacken der Tür, die er neugierig öffnet. Als er die Bibel herausfischt, schaut er ihr verwirrt hinterher, während sie mit einem Lächeln und wippenden rotblonden Locken zum nächsten Haus schlendert. Reaktionen wie die des bärtigen Herrn mit seiner weißen Haarpracht sind für Anita Schell nichts Außergewöhnliches. Es ist auch im schwedischen Norrland nicht ganz normal, mit einem Bollerwagen durch die Straßen zu marschieren und Bibeln in den Briefkästen zu hinterlassen.
„Bible-Movement“ nennt sich die Aktion im Norden des Königreichs Sverige, die die Christin als Teilnehmerin an „Serve & Travel“ unterstützt. Das Programm, an dem sie teilnimmt, ermöglicht ihr, in verschiedene Länder zu reisen, dort missionarisch tätig zu werden und zu assistieren, wo Hilfe gebraucht wird. Eine christlich missionarische Organisation mit dem Namen „Bibel-Mission“ unterstützt ausgewählte Projekte, von denen Jugendliche wie Anita ein Teil werden können. Ob es das Helfen bei einem Spielplatzbau oder das Verteilen von Weihnachtspäckchen ist, „Serve & Travel“ bietet ein großes Spektrum an Möglichkeiten, um Menschen in Not zu entlasten. Anitas einjährige Reise bringt sie zum Schluss nach Schweden, wo sie für vier Monate Teil der Briefkastenaktion wird. Seit einem Jahr reisen Roul und Birgit Åkesson schon mit ihrem zehnköpfigen Basisteam durch Norrland, wobei immer wieder kleinere Gruppen aus unterschiedlichsten Kirchen aus Deutschland kommen, um sie zu unterstützen. Ihre Mission ist es, in jeden Haushalt Nordschwedens eine Bibel zu bringen. Wenn sie das geschafft haben, ist der Süden dran. In einem Sommer werden über 200.000 Bibeln verteilt, die alle durch Spenden finanziert und durch eine zugehörige Druckerei hergestellt werden.
Ein „absolut krasses Erlebnis“ für sie
Was sich simpel anhört, ist schwerer als gedacht. Nicht in jedem schwedischen Haushalt sind die Briefkästen leicht erreichbar. Bei Hochhäusern befinden sie sich im Innenraum der Gebäude, die durch Zahlencodes versperrt sind. Während die Postboten die Verschlüsselungen natürlich kennen, fehlt dem Team diese Insiderinformation. Die Åkessons leben für Gott und lieben ihr Land. Schockiert über die vielen Kirchenschließungen und den Rückgang von Christen, den die beiden beobachten, beschließen sie, etwas zu unternehmen. Sie gründen „Bible-Movement“ und geben all ihren Besitz auf, um Gott zu dienen. Ihr Team besteht aus freiwilligen Mitarbeitern, die mit Gott leben und seiner Führung folgen wollen. „Ich wollte Gott dienen, weil ich ohne ihn im Leben nicht weiterkam“, sagt Anita.
„Das Warten vor geschlossenen Türen war sehr anstrengend“, erklärt Erika Sawatzky. Das zierliche braunhaarige Mädchen hat zwei Wochen der Sommerferien dafür genutzt, das Projekt zu unterstützen, und durfte in der Stadt Piteå erfahren, was es heißt, auf Gott zu vertrauen. „Ich wollte schon immer in die Mission. So konnte ich mal reinschnuppern. Ich fand cool, dass wir so Gottes Wort den Menschen näherbringen können.“ Voller Begeisterung erzählt sie: „Ein absolut krasses Erlebnis war für mich, als ich vor einer Tür stand, die mit einem Code verschlüsselt war. Ich habe vier abgenutzte Zahlen gesehen und einfach irgendetwas eingegeben. Die Tür ging sofort auf, und da merkt man wirklich, das kann nur Gott.“ Dieses Erlebnis war keine Seltenheit während ihres schwedischen Sommers. Manchmal wurden auch andere Wege gefunden, um in einen Gebäudekomplex zu kommen. „Als ich vor einem riesigen Areal mit Hochhäusern stand, habe ich ein offenes Fenster gesehen“, berichtet Anita. „Ich rief einfach nach oben und bat um Hilfe, und eine Frau kam runter und zeigte mir den Code, der für den ganzen Bereich funktionierte, und so kamen wir ohne Probleme überall rein.“ In Schweden sind die meisten Menschen so offen und freundlich. Sie zeigen Interesse an der Aktion und drücken ihre Begeisterung über Jugendliche aus, die ihre Zeit in ihre Mitmenschen investieren.
Sie können mehr von den nachrichten auf lesen quelle