Ich bin so alt, wie ich mich fühle“, sagt Volker Oppold und lächelt freundlich. Er hebt seine Brille an und reibt sich die Augen. Dem Mann, der einen Bart trägt und dessen rotes Haar leicht ins Gesicht fällt, ist nicht anzusehen, dass er schon 65 Jahre alt ist. Den Sommer über arbeitet Oppold als Senn auf der Alp Dadens oberhalb von Falera, einem Bergdorf im Kanton Graubünden. Die steilen Alpweiden rund um die aus Holz gebaute Alphütte und den Viehstall sind saftig grün. Von dort aus genießen die vorbeikommenden Wanderer einen freien Ausblick in Täler und auf Bergdörfer.
Doch er kehrte zurück
Ursprünglich hatte Oppold eine Ausbildung zum Erzieher gemacht. „Die Familien, die auf mich als Erzieher angewiesen sind, haben es verdient, dass ich aufmerksam bin.“ Mit der Zeit spürte er, dass er diese Aufmerksamkeit verlor, denn die Arbeit bestand aus wenigen, ähnlichen Aufgaben. Er suchte eine neue Herausforderung und fand diese: Während eines Sommers hütete er als Hirte Jungvieh auf einer Alp. „Es war schockierend, wie anstrengend dieser Job ist. Ich sagte allen, dass ich es nie wieder tun werde“, sagt er schmunzelnd. Denn er kehrte auf die Alp zurück. Als seine dreijährige Tochter sagte, sie wolle mit ihm auf die Alp, entschied er sich, als Senn zu arbeiten, weil er so besser auf seine Tochter aufpassen konnte. Nach 36 Jahren als Senn stellt er glücklich fest: „Ich fühle mich wie ein käsender Hirte, mein Herz ist ein Hirtenherz.“ Das Käsen lernte er dank Erfahrungen anderer Senner, durch „Learning by Doing“ und indem er sich einlas.
Es ist halb vier morgens und ziemlich frisch. Alles ist noch ruhig und dunkel – außer in der Käserei, denn Oppold beginnt mit dem Käsen. Die Käserei scheint, im Vergleich zur restlichen Alphütte, neu. Die Hirten haben bereits zuvor die Kühe im Viehstall der oberen Alp gemolken. Die Milch läuft aus der Pipeline ins 1800 Liter fassende kupferne Becken, das in der Mitte der Käserei steht. Als Erstes erwärmt der Senner diese von der Lagertemperatur auf die Einlabtemperatur, die für jede Käsesorte unterschiedlich ist. Wenn diese Temperatur erreicht ist, wird der Milch das Lab beigemischt. Dies ist ein Gemisch aus Enzymen von Kälbermägen, das die Milch fällt, also ausflockt.
„Die Joghurtherstellung ist eine Sache für sich“
„Ich darf mit Holz heizen“, sagt Oppold stolz und zündet klobige Scheite an. Der große Holzofen aus Chrom steht in einer Ecke. Langsam wird es feuchtwarm, und ein süßlicher, milchiger Geruch steigt einem in die Nase. Zwanzig Minuten vor der Einlabtemperatur mischt er die Käsereikulturen, gezüchtete Joghurtstämme, und etwas später das Lab bei. Sobald die Milch gallertartig dick ist, schneidet er sie mit der Harfe, einem metallenen Rührgerät mit gespannten, dünnen Drähten. Daraus ergibt sich ein Bruchkorn, das er durch Rühren austrocknet. „Wenn es sandig ist und beim Reiben in den Händen in kleine Körner zerfällt, nehme ich das Bruchkorn aus dem Becken.“ Gemeinsam mit dem Zusenn schöpft er die gelblich weiße Masse mit einem großen, dünnen Tuch aus dem Becken. Dabei muss er mit dem Tuch bis zum Boden des Beckens gelangen, weshalb seine Füße leicht vom Boden abheben und er beinahe hineinzufallen droht.
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