Wählen mit 16Reif genug für die Wahl?
Stuttgart – Cornelius Carl ist politisch engagiert. Für den 17-Jährigen hat vor kurzem die zweite Amtszeit als Jugendrat begonnen. „Wir haben schon ziemlich viel auf die Beine gestellt“, sagt der Abiturient des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums in Stuttgart. Clemens Horn wurde ebenfalls wieder in den Jugendrat gewählt. „Wir haben einen Spielplatz neu gestaltet“, sagt er. Zurzeit machen sich die beiden für eine Busverbindung vom Killesberg nach Botnang stark. Obwohl Cornelius Carl politisch aktiv ist, fühlt er sich teilweise noch zu wenig informiert. Das Verfahren bei der Kommunalwahl ist kompliziert. Dass das Land eine Kampagne „Wählen ab 16“ startet, sieht er als gute Sache an.
Vor einem Jahr hat der Landtag das neue Gesetz verabschiedet. Nun dürfen Jugendliche schon ab 16 bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben. Im vergangenen Jahr fanden vielerorts Bürgermeisterwahlen statt – Jugendliche zeigten dabei nur geringes Interesse. Dennoch findet Gemeinschaftskundelehrer Andreas Böhringer: „16-Jährige gehen mit mehr Verantwortung zur Wahl als Ältere.“
Nach oben ist beim Wahlalter auch keine Grenze gesetzt
Er unterrichtet die Kursstufe zwei am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium. In der Regel werde Kommunalpolitik in der achten oder neunten Klasse behandelt. Mit dem neuen Wahlrecht könnten Jugendliche das Gelernte direkt anwenden, meint Böhringer. Daher sei es durchaus positiv, wenn man den Jugendlichen mehr Verantwortung gebe. Die Wählerschaft werde schließlich immer älter.
Ähnlich sehen es die Schülerinnen der zehnten Klasse am Stuttgarter Sankt-Agnes-Gymnasium. „Manche Schüler machen sich mehr Gedanken als andere – das hängt wahrscheinlich vom Schultyp ab“, sagt Jule Fischer. Was Kommunalpolitik betrifft, fühlen sich die Jugendlichen nicht ausreichend informiert. Einige Schüler haben bisher noch gar nicht mitbekommen, dass das Wahlalter von 18 auf 16 herabgesetzt wurde. Gerade in Hinblick auf die anstehende Wahl wünschen sie sich, dass sie als neue Zielgruppe wahrgenommen werden. Ein weiterer Wunsch: Politiker könnten an Schulen kommen und ihre Ziele vorstellen.
Nicht alle Schüler fühlen sich reif genug für eine Wahl. „Mit 18 hat man sicherlich mehr Erfahrungen gesammelt“, sagen Janine Schlosser, Esther Heitkamp und Vanessa Hildenbrand. Einig sind sie sich darin, dass sie sich nicht an der Bundestagswahl beteiligen wollen. „Mit 18 ist es früh genug“, sagt Theresa Moosmann. „Nur manche Themen betreffen uns Jugendliche“, sagt die 15-jährige Antonia Qujitsch.
Andere wiederum freuen sich auf den Gang ins Wahllokal. „Der Gedanke ist zwar ungewohnt, aber gut“, sagt Katharina Mack (15). Die 16-jährige Ann-Karolin Krause glaubt, dass dadurch „neuer Pep“ in den Gemeinderat kommt. Denn Gemeinderäte passen sich wohl den Interessen von jungen Leuten an, glaubt sie.
So manche Schülerin würden sich gern lokalpolitisch engagieren. „Wobei die Gefahr besteht, dass man als 16-Jährige nicht ernst genommen wird“, befürchtet Josephine Lang (15). Eine frühe Beteiligung an der Kommunalpolitik erachtet auch Schulleiterin Marietta Steidle-Rieger als sinnvoll: „Schüler sind besser informiert als viele Erwachsene.“
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