Was? 2.000 Euro für eine moderne Registrierkasse? Das kann ich mir nicht leisten. Und ich weiß auch nicht, wie ich damit umgehen soll“, sagt die 78 Jahre alte Odete Silva aus Vide Entre Vinhas im Distrikt von Guarda, einem kleinen Ort in der Serra da Estrela im Norden Portugals. So machte auch das einzige Café des Dorfes im Jahr 2017 seine Pforten zu, zum Leidwesen der Bewohner. Nun sitzen diese bei schönem Wetter auf einer Steinmauer am Straßenrand oder um den schattigen Brunnen auf dem restaurierten Dorfplatz und schauen den wenigen Durchfahrenden zu. Vide Entre Vinhas hatte im Jahr 2011 insgesamt 165 Einwohner, zum allergrößten Teil waren diese älter als 65 Jahre. Heute sind es nur noch 92, 54 Frauen und 38 Männer, die zwei jüngsten davon gehen bereits in die Oberstufe.
Am Wochenende zu den Großeltern
Vor langer Zeit gab es mal eine Grundschule im Ort, niemand kann sagen, wann diese geschlossen wurde. Die drittjüngste Dorfbewohnerin, Barbara Costa, studiert seit ein paar Jahren Tourismus in Coimbra. Sie kommt nur noch am Wochenende zu den Großeltern, bei denen sie aufwuchs. Sie sagt, dass sie später in Lissabon oder an der Algarve arbeiten möchte oder sich auch vorstellen könnte, in Spanien oder Deutschland zu leben. Ihr Vater ist bereits vor über 20 Jahren nach Deutschland ausgewandert. Alle trauern dem Café nach, in dem Odete auch ein paar wichtige Lebensmittel verkaufte. Auf der Hauptstraße, Rua do Carvalhal, Richtung Linhares, lag das Café in einem unscheinbaren Haus mit einem bunten Fliegenvorhang am Eingang, zentral und für alle Einwohner gut erreichbar. Im Inneren des Raums befand sich rechts hinten eine erhöhte Bar, an der man stehen konnte. Links eine Tiefkühltruhe mit Eis und gleich rechts ein paar Tische und Stühle. An den Wänden ein paar Regale mit Lebensmitteln.
Nun müssen die Einwohner nach Celorico da Beira, dem Hauptort des Bezirks, fahren, denn dort ist dienstags Markt, ein wichtiger Tag für die ganze Region. In einer rostroten Halle werden selbstangebaute Früchte und Gemüse, Käse, Wollprodukte, Honig, Brot und lebende Tiere wie Hühner, Schweine, Schafe, Hasen und Ziegen angeboten. Außerdem, werden auch Fruchtbäume und Pflanzen aller Art verkauft, wie zum Beispiel Zitrus- oder Passionsfrüchte und der so beliebte Grünkohl. Die Ware wird laut ausgerufen, und es wird oft über mehrere Stände hinweg geschrien. Für Touristen ein wahres Erlebnis. Das Städtchen Celorico bietet ein restaurierte Schloss mit Blick auf den Fluss Mondego, die Nekropole von San Gens und ein Käsemuseum.
Früher war das ein Stall
Odete und ihre Mitbewohner müssen nun, sofern sie kein Auto besitzen oder nicht mehr fahren können, ein Taxi bestellen. Denn es fährt kein Bus. Manchmal übernehme diese Fahrt sogar eine Ambulanz, merkt Maria Wild an. Seit mehr als 15 Jahren lebt die Schweizerin mit ihrem Mann in Vide auf der Farm „A Coruja“, das bedeutet „die Eule“. Zu ihrem Hof gehören acht typische Schafe der Region, fünf Hunde, drei Hühner und ein Esel. Das alte Steinhaus besteht nur aus zwei übereinanderliegenden Zimmern, wobei das untere früher als Stall diente. Marias 86-jähriger Mann Sergio kann noch mit dem Jeep zum Einkaufen fahren, aber auch für ihn wird es jedes Jahr beschwerlicher. Sie bemerken, wie der Ort immer leerer wird. So haben sie zum Beispiel miterlebt, wie der einstige Pfarrer des Dorfes starb, und der Nachfolger nur alle drei Wochen eine Messe hält, weil er sich noch um drei weitere Dörfer kümmern muss.
Maria mochte es sehr, mit ihren Enkelinnen bei Odete vorbeizuschauen und einen Kaffee und ein Pastel de Nata, ein Blätterteigtörtchen, zu bestellen, und den neusten Klatsch zu erfahren. Seit dem 20. August 2017 ist es jedoch per Gesetz obligatorisch, eine Registrierkasse in jedem noch so kleinen Café zu verwenden. Odete meint: „Ich bin doch nur bis zur dritten Klasse zur Schule gegangen. Wie soll ich so eine Kasse bedienen? Und woher soll ich das viele Geld für diese Kasse hernehmen? Meine Mitbewohner sind nicht mehr die Jüngsten, und die meisten hatten schon Schwierigkeiten, in mein Café zu kommen. Da wird auch der Gang zum Markt in Celorico nicht leichter.“
Sie können mehr von den nachrichten auf lesen quelle