Die Schwarzwälder Kirschtorte ist schon über 100 Jahre alt. Aber heute backen wir eine frische“, sagt Elisabeth Bizenberger trocken, als die Backvorführung im Café „Zum gscheiten Beck“ in der kleinen Ortschaft Bärental am Feldberg beginnt. Schallendes Gelächter tönt aus der Besuchergruppe. Die Tortenbäckerin trägt eine Schürze und steht hinter ihrer großen Schaubackfläche, an deren Seiten kleine Puppen mit roten Bollenhüten angebracht sind. Ein großer Deckenspiegel sorgt dafür, dass der Zuschauer von allen Stellen des Vorführraums beste Sicht auf die Backfläche hat. „Die Sahne sollte man unbedingt kalt schlagen“, lautet ihr erster Tipp und viele der Besucher schauen erkenntnisvoll auf.
Schnapshäuschen und Brennereimuseum
Die schlanke, quirlige 61-Jährige arbeitet seit ihrem 15. Lebensjahr als Konditorin. Zuerst arbeitete sie als Gehilfin in Rottenburg, später zog es sie mit ihrem Mann Erich, ebenfalls Konditor und Bäcker, in den Hochschwarzwald. Als sich aber in Titisee-Neustadt drei Großbäckereien niederließen, war das Brötchenbacken für die Familie Bizenberger nicht mehr rentabel, deshalb schauten sie sich nach alternativen Konzepten um.
So gibt es neben dem Café, das sich das Ehepaar vor 40 Jahren aufgebaut hat, seit 22 Jahren ein Brennereimuseum und ein Schnapshäuschen, in dem Erich seiner Leidenschaft frönt: dem Destillieren von Schnaps, vor allem von Schwarzwälder Kirschwasser. Vor zehn Jahren kam ihnen dann die Idee, Besuchern zu zeigen, wie man Schwarzwälder Kirschtorte zubereitet. In dem neuen Vorführraum, der aufgrund des Erfolgs für größere Gruppen erweitert wurde, backt Elisabeth Bizenberger mehrmals in der Woche und ist in der Zwischenzeit mit einem der wichtigsten Bestandteile der Torte beschäftigt. „Die Kirschen müssen aus der Region sein“, betont sie, während sie diese liebevoll und gleichmäßig auf dem Kuchenboden verteilt.
Zu jedem Hof gehörte früher ein Kirschbaum
Doch bis die Kirsche ein nicht wegzudenkender Teil des Schwarzwalds wurde, legte sie eine lange Reise zurück: Von dem kleinasiatischen Küstengebiet des Schwarzen Meeres wurde sie von den Römern zu uns gebracht. Zu jedem Bauernhof im Schwarzwald gehörte früher ein Kirschbaum. „Die Bauernhöfe damals waren geschlossene Wirtschaftsgüter und auf diese Nahrungsquelle angewiesen“, erklärt Emese Ehling-Lukovics, Obst- und Gartenbauberaterin des Landwirtschaftsamtes Emmendingen. Jedoch war nur ein kleiner Teil des Ertrages, den der wuchtige, hochstämmige Baum abwarf, zum Verzehr im Sommer gedacht. Neben dem haltbar geräucherten Schwarzwälder Schinken waren die eingekochten, zu Saft oder Schnaps verarbeiteten Kirschen notwendig, um den langen, harten Winter zu überstehen.
Ab 45 Prozent ist es richtig
Auch wenn sich der Kirschanbau über die Jahre in die Vorbergzone des Schwarzwalds und in die Rheinebene verlagert hat, da hier die klimatischen Bedingungen besser und ein wirtschaftlich produktiver und maschineller Anbau einfacher zu bewerkstelligen sind, ist die Kirsche bis heute fest im Schwarzwald verankert und Namensgeberin der berühmtesten deutschen Torte. Nachdem die Konditorin die Kirschen mit einer weiteren Schicht Sahne und einem Biskuitboden bedeckt hat, blickt sie zufrieden auf ihr bisheriges Werk und greift dann neben sich zur Flasche mit dem hauseigenen Kirschwasser. „Erst mit einem viertel Liter Kirschwasser ab 45 Prozent ist es eine richtige Schwarzwälder Kirschtorte“, merkt sie heiter, aber bestimmt an und träufelt den kostbaren Schnaps direkt auf den Biskuitboden. „So zieht der Alkohol durch die gesamte Torte und verleiht ihr einen intensiveren Geschmack, als wenn er der Sahne oder den Kirschen beigemischt wird.“
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