100 Milliarden Euro soll die Bundeswehr zusätzlich bekommen, Finanzminister Lindner gibt für das Sondervermögen ein klares Ziel vor. Die Unionsfraktion stellt aber Bedingungen für eine Verfassungsänderung. Die Grüne Jugend sieht das Problem in der Wehrfähigkeit, nicht beim Geld.
Bundesfinanzminister Christian Lindner will, dass die Bundeswehr mit der geplanten Milliarden-Investition zu einer der schlagkräftigsten Armeen in Europa wird. „Unser Ziel, auch mein Ziel, ist, dass wir im Laufe dieses Jahrzehnts eine der handlungsfähigsten, schlagkräftigsten Armeen in Europa bekommen. Eine der am besten ausgerüsteten Armeen in Europa, weil das der Bedeutung Deutschlands, unserer Verantwortung in Europa entspricht“, sagte der FDP-Chef in der ARD. Über ein Sondervermögen sollen mit neuen Schulden 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Im Grundgesetz solle abgesichert werden, dass der Bundeswehr-Topf nicht durch wechselnde parlamentarische Mehrheiten modifiziert oder anders verwendet werden könne, sagte Lindner.
Die Unionsfraktion im Bundestag knüpft ihre Zustimmung für eine Verfassungsänderung zum Aufbau des Sondervermögens für die Bundeswehr allerdings an Bedingungen. „Wir werden keine Blankoschecks unterschreiben, sondern erwarten eine intensive Beratung“, sagte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Bisher kennen wir nur die Überschrift.“ Er betonte zugleich, die Union biete „in dieser schweren Zeit der Bundesregierung eine kooperative Zusammenarbeit an. Bundeskanzler Olaf Scholz habe im Bundestag einen möglichen Weg vorgezeichnet, aber die Details seien noch völlig offen, sagte der Erste Parlamentsgeschäftsführer der größten Oppositionsfraktion.
Frei forderte „Konsequenzen“ für die Haushaltspolitik insgesamt. Eine moderne Bundeswehr und eine glaubwürdige militärische Abschreckung seien zwingend. Dafür bedürfe es einer neuen Schwerpunktsetzung im Bundeshaushalt. „Das kann nicht auf Kosten zukünftiger Generationen gehen“, sagte der CDU-Politiker.
Die Grüne Jugend zeigt sich derweil irritiert über die Rüstungspläne der Bundesregierung. Diesen würden „ohne jegliche politische oder gesellschaftliche Debatte“ vorangetrieben, bemängelte der Co-Chef der Grünen-Nachwuchsorganisation, Timon Dzienus. „Der vermeintliche Investitionsbedarf bei der Bundeswehr resultiert insbesondere aus Missmanagement und Fehlplanung, nicht aus fehlendem Budget“, sagte er. „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für langfristige aus- und aufrüstungspolitische Debatten, sondern für konkrete Unterstützung für die Menschen in der Ukraine.“
NATO lobt deutsche Investitionen
Es sei eine zentrale Sicherheitsfrage, sich durch erneuerbare Energien unabhängig zu machen, betonte Dzienus. „Statt in weitere Aufrüstung zu investieren, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Wärmewende und der vollständige Ausgleich der sozialen Auswirkungen, wie steigende Energiepreise, oberste Priorität haben. Die Schuldenbremse darf hierfür nicht länger im Wege stehen.“
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich dagegen erfreut über die Ankündigungen zur Stärkung der Bundeswehr. „Ich begrüße ausdrücklich die Ankündigung von Bundeskanzler Scholz, die Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen und wichtige neue Fähigkeiten zu erwerben“, sagte er. „In einer für die europäische Sicherheit entscheidenden Zeit stellt diese Entscheidung eine bedeutende Investition in die Sicherheit und Freiheit unserer Nationen dar.“ Künftig sollen Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland in Verteidigung investiert werden.
Die zwei Prozent sind seit Jahren NATO-Zielgröße. Deutschland lag 2021 allerdings gerade einmal bei Ausgaben in Höhe von 1,5 Prozent des BIP, basierend auf Verteidigungsausgaben in Höhe von rund 48,4 Milliarden Euro nach NATO-Vergleichszahlen. Nicht inflationsbereinigt waren es 2021 nach NATO-Standards rund 53,2 Milliarden Euro.
Im normalen Haushalt will Finanzminister Lindner ab 2023 trotzdem die Schuldenbremse wieder einhalten. Umso mehr müsse man dort mit jedem Euro sorgfältig umgehen und genau überlegen, was leistbar sei, betonte er. „Wir werden in den nächsten Jahren alle öffentlichen Ausgaben priorisieren müssen.“ Das passiere aber nicht wegen der Stärkung der Bundeswehr, sondern sei unabhängig davon ohnehin nötig.
In diesem Jahr will Lindner wegen der Corona-Krise noch einmal 99,7 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Steuererhöhungen seien weiter ausgeschlossen.
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