Das Magazin bringt viele klingende Namen wie Lucky Luke oder Valerian hervor: In den 1970ern ist „Zack“ die Bibel der Babyboomer. Die deutsche Popkultur verdankt dem Heft viel. In den 1980ern untergegangen, taucht es 1999 unter Jubel wieder auf – „Zack“ erscheint bis heute.
Unter vielen Menschen hält sich hartnäckig der Irrglaube, die 1970er-Jahre in Westdeutschland seien eine tolle Zeit zum Jungsein gewesen. Ein Land im Aufbruch unter einer Haschwolke, die Menschen in Schlaghosen und Miniröcken – und jede Woche kommen David Bowie oder die Sex Pistols zum Konzert vorbei.
In Wirklichkeit war das Jahrzehnt für Kinder und Jugendliche entsetzlich langweilig. Vor allem in Kleinstädten. Nur drei Fernsehprogramme, von denen eines in den Ferien abgeschaltet wurde. Das Telefon hatte eine Wählscheibe und man musste es sich oft mit Geschwistern teilen. Doch einmal pro Woche kam im DIN-A4-Format eine kunterbunte Welt ins Haus, in der echte Kerle durch die Zeit reisten, Kavallerie gegen wütende Sioux kämpfte und Piloten kostbare Atombomben vor pickeligen Superschurken retteten: Sie hieß „Zack“ – ein quirliges Comic-Magazin, wie es das hier vorher so nicht gegeben hat.
Selbsterklärte „Zeitschrift für Jungs“
Vor 50 Jahren, am 13. April 1972, erschien die selbsterklärte „Zeitschrift für Jungs“ zum ersten Mal. Schon das Titelbild war jede Woche ein Glücksversprechen. Unter dem dynamischen „Zack“-Logo rasten Rennautos, donnerten Düsenjets oder fuhren Astronauten in einem Mondauto. Ob der tollkühne Rennfahrer Michel Vaillant, der wettergegerbte Seefahrer Andy Morgan oder der schwermütige Cowboy Blueberry: „Zack“ bot herausragenden europäischen Comics die erste große Bühne – gezeichnet mit Bildern wie aus einem Spielfilm und meist mit fesselnder Dramaturgie.
Viele dieser Serien würde man heute Graphic Novel nennen. Der Clou: Auf dem Höhepunkt wurde die Geschichte auf die Folgewoche vertagt. Fortsetzung folgt. So fanden gut ein halbes Dutzend Comicformate auf 50 Seiten Platz.
Übernahme hochkarätiger Serien aus Frankreich und Belgien
„‚Zack‘ hat mit der Übernahme vieler hochkarätiger Serien vor allem aus Frankreich und Belgien das Fenster zu einer in Deutschland seinerzeit weitgehend unbekannten Comic-Welt geöffnet“, sagt der Comicexperte Andreas C. Knigge ein halbes Jahrhundert später. Damals hätten Hefte „nach Rezepten von vorgestern“ den Markt dominiert. „‚Zack‘ präsentierte sich als großformatiges Magazin mit einem Strauß unterschiedlicher Themen vom Western bis zur Science-Fiction.“ Das Neue und Frische habe den Geschmack der jungen Generation getroffen.
Die „junge Generation“, das waren die Babyboomer-Jahrgänge bis 1970. Neben knochenharten Heldengeschichten bot „Zack“ auch den lustigen Lucky Luke oder die Zeitreisenden Valerian und Laureline. Es gab eine Story der legendären „Tim und Struppi“-Serie. Und man brachte die TV-Serie „Enterprise“ gezeichnet ins Blatt. Auf Sonderseiten wurde Olympia 1972 erklärt. „Zack“ markiere den Beginn einer Comic-Moderne in Deutschland, sagt Knigge. „Die meisten Serien sind noch immer präsent, jetzt in Albumform oder als Liebhaberausgaben.“
Kleiner und seltener, aber immer noch da
50 Jahre nach der ersten Ausgabe erscheine „Zack“ immer noch, zwar monatlich und in kleinerer Auflage – aber immerhin, so Knigge. Was könne die enorme Wirkung des einst legendären Magazins besser illustrieren? „Das Heft war 1972 eine qualitativ hochwertige Alternative zu den Marktführern ‚Micky Maus‘ und ‚Fix & Foxi‘, die eher jüngere Leser ansprachen“, sagt der heutige Herausgeber Georg F.W. Tempel (Blattgold) rückblickend. „Zack“ sei für männliche Leser über zehn Jahre gedacht gewesen. „Diese geballte Ladung von franko-belgischen Abenteuer-Comics gab es so im deutschsprachigen Raum noch nicht.“
Das alte „Zack“ legte aber auch viel Wert auf Leserbindung und einen gewissen bildungsbürgerlichen Anstrich. Auf der letzten Seite wurden nerdige Leserbriefe beantwortet. Markus aus Lienz wollte wissen: „Welcher Indianerstamm führte zuerst das Skalpieren ein?“ (Epische Antwort zusammengefasst: Es waren nicht die Ureinwohner, sondern die Weißen.) Hermann aus Leutkirch interessierte der Erfinder der Kanone (Die Kurzfassung: Es war der französische Oberst Charles Valérand Ragon de Bange). Auch ein großes Thema der letzten Seite: Rekorde. Wie „Das teuerste Auto fährt der amerikanische Präsident Nixon.“
1980 Einstellung – 1999 Wiederbelebung
Tja, nicht nur für Nixon entwickelte es sich ungemütlicher. Lange hatte „Zack“ frankophone Helden der 1960er-Jahre publiziert. Neue Geschichten mit Klasse zu finden, wurde zum Ende der 1970er schwerer. 1980 stellte der Koralle Verlag das Magazin nach 291 Ausgaben ein. Die Mode habe sich verändert, zudem habe sich die Redaktion zu spät um eigene Zeichner bemüht, sagen Beobachter heute. „Das Konzept hatte ausgedient, auch in anderen europäischen Ländern“, sagt Knigge.
1999 bejubelte die Szene die Wiederbelebung und bis Herbst 2020 erschien „Zack“ bei Mosaik in Berlin, bevor das Redaktionsbüro Blattgold in Bad Dürkheim das Heft übernahm. Die Pfälzer feiern das Jubiläum unter anderem mit einer 100-seitigen Ausgabe und einer limitierten Box.
Zuversicht für den 60. Geburtstag
Heute sei man weit weg von den 450.000 Exemplaren des ersten Heftes, so Tempel. „Die Auflage liegt bei rund 8000 Exemplaren. Gelesen wird es primär von den heute älteren Jungs, die schon zwischen 1972 und 1980 ihre Liebe zum Heft entdeckt hatten. Jüngere gibt es aber auch.“
Damit Zack eine Zukunft habe, müsse das Heft seine Mischung aus einer Prise Nostalgie in Form bekannter Comic-Serien und neuen tollen Inhalten beibehalten, meint Herausgeber Tempel. Dabei dürfe das Neue nicht zu modern oder avantgardistisch sein, sondern müsse bestimmten optischen und inhaltlichen Regeln folgen. „Ich bin guten Mutes, dass wir in zehn Jahren den nächsten runden Geburtstag feiern werden.“
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