Klimaschutzmanager Münnerstadt

Klimaschutzmanager Münnerstadt

Hochwasser, Hitze, Waldbrände. „Der Kampf gegen den Klimawandel muss, soll er erfolgreich sein, auf allen gesellschaftlichen Ebenen geführt werden. Auch die Kommunen werden ihre diesbezüglichen Anstrengungen noch deutlich erhöhen müssen“, erklärt Michael Kastl, Bürgermeister der unterfränkischen Kleinstadt Münnerstadt. Dieser Verantwortung seien sich der Stadtrat und er bewusst. Um als eine der flächenmäßig größten Kommunen in Bayern mit nicht einmal 8000 Einwohnern auf einer Fläche von 93,11 Quadratkilometern die entsprechende Verantwortung bezüglich des Klimaschutzes zu erfüllen, wurde in Münnerstadt am 1. Juni ein sogenannter „Klimaschutzmanager“ eingestellt. Münnerstadt ist die erste Kommune im Landkreis Bad Kissingen, die diesen Schritt gegangen ist, und sie kann in den Augen von Stefan Richter, dem Klimamanager der Stadt, ein Wegweiser für die anderen Städte im Landkreis und darüber hinaus werden.

Akteure und Projekte vernetzen

Der 46-Jährige hat in Bochum Naturwissenschaften und Informatik studiert und interessiert sich für Soziologie, Kultur und Philosophie. In Bochum hat er als Projektleiter und Geschäftsführer in den Bereichen Klima und Nachhaltigkeit sowie bürgerschaftliches Engagement gearbeitet. Er wollte in einer kleinen, ländlichen Gemeinde arbeiten, „um näher an der Natur zu sein und dem teilweisen Wahnsinn der Stadt zu entfliehen“, sagt er. „Klima ist ein komplexer Begriff und deckt viele gesellschaftliche Felder, sogenannte Funktionssysteme der Gesellschaft, ab.“ Die ersten Schritte sind die Erarbeitung eines Klimaschutzkonzepts sowie die Vernetzung kommunaler Akteure und Projekte, bevor es an die Umsetzung des bis dahin aufgestellten Maßnahmenkatalogs geht. Stefan Richter fühlt sich wohl: „Hier herrscht eine richtige Aufbruchstimmung.“ Geplant sind Fahrrad­abstellanlagen, Service- und Aufladestationen für E-Bikes in der Kernstadt sowie am Bahnhof. Die Umrüstung der städtischen Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen ist in Angriff genommen.

Natürlich auch mit Biber

Aktuell ist er in einer Phase, in der er viel kennenlernen will. Er hat sich in allen Schulen Münnerstadts vorgestellt und Treffen mit verschiedenen Akteuren organisiert. „Demnächst habe ich ein Treffen mit einer renommierten Künstlerin, danach mit Vertretern der ansässigen Fridays-for-Future-Gruppe, einem Unternehmer für Windkraftanlagen, einer Genossenschaft, die gerne noch eine weitere Fotovoltaikanlage errichten will, und auch mit einem Bruder des ansässigen Augustinerordens.“ Mit motivierten Schülern will er ein Kunstprojekt starten. Sie sollen sich das Projekt aussuchen, wobei sein Vorschlag die Produktion eines Audiowalks ist: „Ich stelle mir das so vor, dass es sieben bis neun Stationen in Münnerstadt geben wird, die etwas mit Klima zu tun haben. Beispielsweise eine unserer Windkraft- und Fotovoltaikanlagen, einem Schornstein, dem Elektroauto und natürlich auch dem Biber. Es soll dann bei einem Spaziergang durch die Stadt – mit dem Handy in der Hand – eine entsprechende Geschichte mit allegorischen Schauspielern geben, die sprechend für Zeit, Klima und andere Faktoren stehen werden.“

Der Bürgermeister spricht von Pionierarbeit

Bei seiner Arbeit bekommt er viel Freiraum. Ein in den städtischen Haushalt gestelltes Budget von 20 000 Euro lässt einige Aktionen zu. Dieses Geld bekommt er zusätzlich zu der Förderung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Im Gegenzug soll Richter dem vom BMU eingesetzten Projektträger in Jülich sowie dem Service- und Kompetenzzentrum für kommunalen Klimaschutz, das sich deutschlandweit als Ansprechpartner um die „Versorgung“ der Klimaschutzmanager und ihre erfolgreiche Arbeit vor Ort kümmert, regelmäßig Zwischenberichte liefern. „Ich persönlich gehe fest davon aus, dass die Stadt Münnerstadt auch nach Ablauf des Projektzeitraums von 24 Monaten auf die einmal lieb gewonnenen Kompetenzen eines Klimaschutzmanagers nicht mehr verzichten will. Die Pionierarbeit im Bereich kommunaler Klimaschutz wird sich für die Stadt Münnerstadt neben zahlreichen Einsparpotentialen durch energetische Sanierungen zum Beispiel hoffentlich auch im Hinblick auf die Erschließung neuer Fördermöglichkeiten auszahlen und so zur positiven, klimafreundlichen Entwicklung unserer Stadt beitragen“, sagt der Bürgermeister Kastl.

Büro in einer leeren Ladenzeile

Richter will Münnerstadt zu einer Art Reallabor machen: „Mit einem offenen Campus als Forum, bei dem die Bürger zusammen mit der Wissenschaft und Wirtschaft an allgemeingültigen Lösungen zur nachhaltigen Entwicklung einer Kommune in der ländlichen Region forschen und arbeiten. Zukunftsakademie, ZAK, soll das Ganze heißen und auf den drei Säulen Klimaschutz, Digitalisierung und Bürgerbeteiligung im lang schon leer stehenden Berufsbildungszentrum der Stadt entstehen. Auch ein Universitätsverbund wäre mit an Bord und würde in Münnerstadt seine Forschungszelte aufschlagen.“ Um besser für die Bürger erreichbar zu sein, zieht er von seinem Büro im zweiten Geschoss der Verwaltung in eine leere Ladenzeile in der Innenstadt. Er möchte es den Menschen „so einfach wie möglich machen, mit ihren Fragen, Anregungen und Ideen zu mir zu kommen, das Gespräch zu suchen und an einer nachhaltigen Zukunft für ihre Stadt teilzunehmen“.

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