Mit Blick aufs Fressen schleicht Leo in die Küche. „Hallo Leo!“ Er hebt erleichtert den Kopf und gibt ein raues Miau von sich. Mehr Aufmerksamkeit benötigt der schwarze Kater, dessen Erkennungszeichen ein kleiner Knick im Schwanz ist, nicht. Er geht weiter in Richtung Küche. Nachdem er gefressen hat, geht seine Mission gleich weiter. Kurz überprüfen, ob in der Wohnung noch alles am richtigen Ort ist, und schon wieder ist er weg. Ob er wieder in die Post geht? Nicht nur dort wurde Leo schon gesichtet, sondern auch in einem Elektronikgeschäft, einem Kiosk, dem Gemeindehaus und sogar im Bus. Ganz Meilen kennt den Kater Leo. Er macht die Gemeinde am Zürichsee „unsicher“. Ganz selbstverständlich läuft er zur Post, wo die Türen automatisch aufgehen. Das ist nichts Neues. „An regnerischen und kalten Tagen ist er gern bei uns“, erzählt Rosetta Cirocco, die stellvertretende Teamleiterin der Post in Meilen. Die Mitarbeiter der Post kennen ihn. „Sie haben ihm sogar ein eigenes Schlafplätzchen gekauft“, meint Besitzerin Eveline Stalder verblüfft. Nach ein paar Stunden Schlaf geht er ins nächste Geschäft.
Post-Phase und Facebook-Gruppe
Leo komme ursprünglich aus der Ukraine. Mit einer Flüchtlingsfamilie sei er in die Schweiz gekommen, sagt Stalder, die in der Filmproduktion arbeitet. Aus der Familie habe jemand eine Katzenhaarallergie gehabt. Nachdem Leo einige Male umgezogen war, fand er schlussendlich seine Besitzerin. „Er hat immer seine Phasen“, sagt Eveline Stalder, zuerst war er immer beim Friseursalon, danach war es das Elektronikgeschäft oder der Kiosk am See, und jetzt ist es die Post. „Angst habe ich, wenn Leo in die S-Bahn gehen würde“, gesteht sie, „weil er schnell weit weg ist.“ Dann wäre es schwieriger für sie, ihn abzuholen. Obwohl es nicht sicher ist, dass er ihn bereits benutzt hat, wurde er schon aus dem Zug gescheucht, berichtete ein Leserbrief des „Meilener Anzeigers“. Dank eines GPS an seinem Halsband kann sie ihn orten. Außerdem steht auf dem Halsband ihre Telefonnummer, die schon viel benutzt wurde.
Das sei ein Glück und Pech zugleich. Er möchte immer Menschen um sich haben. Ganz anders als andere Katzen, die von Menschen wegrennen, sucht er die Nähe. „Er mag Menschen fast lieber als Tiere“, sagt Eveline Stalder. Im Vergleich zu anderen Katzen ist er eher schüchtern, zurückhaltend und greift nicht an. Auch mit Hunden will er keinen Streit, verhält sich ruhig und beobachtet. Der eineinhalbjährige Kater hat auf Facebook eine eigene Gruppe: „Leo’s Abenteuer“ mit 960 Freunden, auf der immer Updates zu Leo geteilt werden. Da erfährt man zum Beispiel, dass man ein eigenes T-Shirt kaufen kann, auf dem „I love Leo“, steht. Oder dass sich jemand an der Fasnacht als Leo verkleidet hat und ein Plüschtier als Leo hergestellt worden ist. Er ist die Sensation dieser Gemeinde, aber seine Bekanntheit scheint ihn nicht zu beeindrucken.
Seinem Miauen ist schwer zu widerstehen
„Er hat seinen Charakter“, bemerkt Eveline Stalder, er kann nicht genug Menschen um sich haben. Der charismatische Kater verzaubert viele Leute, damit er an verschiedenen Orten fressen und schlafen kann. Nachdem Leo gefüttert worden war und ein Lebensmittelgeschäft nicht verlassen hatte, schrieb Eveline Stadler auf Facebook, dass er nicht gefüttert werden sollte. Leo lässt sich nicht so einfach streicheln, aber trotzdem ist er gern unter Menschen. „Wir essen Mittag, und er schläft nebenan“, sagt Rosetta Cirocco von der Post. Es scheint ihm zu gefallen, wenn um ihn herum viel passiert, aber er braucht nicht unbedingt Aufmerksamkeit. Er ist eine „Menschenkatze“, denn wenn er ein Gespräch hört, „beteiligt“ er sich früher oder später. Er kommt angeschlichen, hört und schaut zu. Zum Teil gibt er sogar ein Miauen von sich. Wird er gestreichelt, kann es vorkommen, dass er der Person nach Hause folgt. Sobald diese im Haus verschwindet, bleibt Leo vor der Tür stehen und miaut. So ein herzzerreißendes Miauen, dem sehr schwer zu widerstehen ist. Dank seines Facebook-Accounts wissen die Einwohner von Meilen, dass es ihm zu Hause gut geht und sie sich keine Sorgen machen müssen. Wenn er nach Hause kommt, dann ist er ganz erschöpft. „Er geht draußen zur Arbeit und kommt nach Hause zum Essen und Schlafen“, sagt Eveline Stalder.
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