Kategorie -Jugendliche

„Bye bye, Beige!“: Greta Silver definiert das Alter neu

Das Alter – eine komplizierte Sache. Denn alt werden wollen wir unbedingt, aber alt sein? „Alt „- dieses Wort ist oft mit negativen Eigenschaften verbunden, fast schon ein Schimpfwort. Nicht so für Greta Silver, geboren 1948, die bereits in jüngeren Jahren die Verantwortung für ihr Glück selbst in die Hand nahm. Das Alter entdeckt die Autorin, millionenfach geklickte Youtuberin, Podcasterin, Speakerin, Mentorin und Best-Ager-Model viel mehr als begeisternde Lebensphase, in der das Lebensknowhow einen trägt und der Stress und die Zeitnot von früher endgültig der Geschichte angehören. Die Unternehmerin, Mutter und Großmutter macht anderen gerne Mut: Ihr neues Buch zeigt Frauen, was sie ganz konkret tun können, um sich selbst zum Leuchten zu bringen. Silver teilt Ernährungstipps und eigene Rezepte, die den Körper reinigen und mit Energie füllen, gibt Ratschläge zum Thema Pflege und erklärt, wie man seine inneren Ressourcen auftankt, neue Kraft gewinnt und für sich Schönheit im Alter praktisch und mental neu definieren kann. Die Hamburgerin steckt mit ihrer Lebensfreude einfach an, wie ntv.de bei einem feinen Lunch in der Berliner „Paris Bar“ am eigenen Leib erfahren durfte.

ntv.de: Mir sitzt eine überaus natürliche 74-Jährige gegenüber, von der man, wenn man Fotos über die Jahre betrachtet, behaupten kann, dass sie immer schöner wird. Bist du zwischendurch nicht doch mal in Versuchung gekommen, „was machen zu lassen“?

Greta Silver: Also, ich habe vor langer Zeit schon, als ich das Foto einer alten Indianerin sah, das ganze Gesicht voller Falten, aber doch so schön, so liebevoll und voller Weisheit, beschlossen, mich niemals wieder über eine Falte in meinem Gesicht aufzuregen. Das kann es doch nicht sein, dachte ich mir. Von da an habe ich tatsächlich angefangen, Ende 40, mich diesem Diktat zu entziehen. Ich komme aus Marilyn Monroes Zeiten mit ihrer Sanduhrfigur, dann kam Twiggy – irre dünn – und jedem dieser Idole sollte man irgendwie gerecht werden. Das ist doch irre.

Und jetzt können wir so sein, wie wir wollen?

Es ist auf jeden Fall eine Entwicklung zu beobachten. Die könnte in meinen Augen zwar zügiger laufen, aber es geht doch voran. Trotzdem gibt es immer noch viel zu viele Mädchen, die ein Schema im Kopf tragen, wie sie zu sein haben. Das ist nach wie vor nicht gut.

Deine Tochter jedenfalls, die als Studentin gemodelt hat, hat dich mitgerissen in die schöne neue Model-Welt, oder?

Das stimmt, sie ist schuld an allem (lacht). Damals ging es um einen Mutter-Tochter-Job und sie musste mich echt überreden. Zum Glück hat sie das getan. Ich hatte recht starke Bilder im Kopf, die mir gesagt haben: „Greta, nee, in deinem Alter geht das nicht.“ Ich habe das nicht mal meinen Freundinnen erzählt, so schlimm fand ich das.

Und wie fandest du zum Schluss die Bilder, die dabei entstanden sind?

Cool. Ich sah mal ganz anders aus als sonst. Geld gab es auch und weh tat es nicht (lacht). Letztendlich habe ich mich bei der Agentur meiner Tochter angemeldet, da habe ich schnell einen weiteren Job bekommen.

Da war ich dann die Oma in dem Spot eines Kaffeeherstellers.

Na klar. Aber was soll man machen? (lacht) Ich habe neulich eine Altersforscherin kennen gelernt, Dr. Verena Klusmann, die leitet und koordiniert seit 2017 Altersstudien weltweit – und was sie herausgefunden hat, ist wirklich beeindruckend. Wir werden nämlich genau so alt, wie wir uns das vorgestellt haben, sagt sie.

(lacht) Wenn wir eine positive Einstellung haben, bleiben wir gesünder und leben länger, und zwar 7,6 Jahre.

Dann würde ich 87,6 Jahre alt werden. Ich versuche mal, mir das zu merken und achte dann in meinem 88. Jahr darauf, wie ich mich Ende Mai, Anfang Juni so fühle …

Du musst das mal so sehen: zwischen 60 und 90 liegen 30 Jahre, genau so viele wie zwischen 30 und 60. Das haben ja die wenigsten auf dem Schirm.

Es sind aber total andere 30 Jahre. Und manche sterben auch schon mit 77. Als meine Mutter in diesem Alter starb, war das wie eine Ohrfeige für mich …

Das ist tatsächlich eine Frechheit vom Leben, mit 77, sehr schwer als Angehöriger. Für diese Trauer muss Zeit und Raum sein. Und trotzdem sollte man zuversichtlich bleiben. Die Hirnforschung weiß: Dein Gehirn serviert die Bilder zu deinen Gedanken. Wenn du also denkst: „Das Alter ist doch Mist“, dann bekommst du auch die entsprechenden Bilder dazu. Wenn du aber denkst: „Ich bin mal gespannt, was die Zukunft noch so bringt“, dann siehst du andere Bilder und dann wirst du mutig und entscheidungsfreudiger.

Wie erreicht man diese Denkweise am besten?

Die meisten haben doch auch schon schwierigere Zeiten im Leben durchgemacht, ich natürlich auch. Da hab ich mich dann auf den Hosenboden gesetzt und einiges begriffen. Ich hatte mir, mit meinem Mann, immer sechs Kinder gewünscht, und im Endeffekt bin ich drei Jahre lang gar nicht schwanger geworden. Ich war tieftraurig. Dann stellten wir uns die Frage, ob wir ein Kind adoptieren wollen – in dem Monat wurde ich schwanger. Ich muss gestehen, dass ich einen Heidenschreck bekommen habe, denn ich musste mich fragen, ob ich allein mit der Kraft meiner Gedanken körperliche Abläufe verändert habe. Über dieses Gedanken-Karussell habe ich meine letzten beiden Bücher geschrieben, und jetzt kommen die Themen Bewegung und Ernährung dazu.

Dein neues Buch heißt „Bring dich selbst zum Leuchten – Schönheit im Alter“ …

… ja, und ich habe mir Gedanken gemacht, warum es immer eher die jungen Frauen sind, die detoxen und alles mitmachen. Das können wir Älteren auch! Dazu brauchen wir keine Zauberkräfte und es muss auch nicht alles unglaublich teuer sein. Ich habe immer eher so handfeste Tricks in der Reserve. Natron in der Badewanne gegen Übersäuerung zum Beispiel.

Habe ich nie gerne gemacht (lacht). Ich dachte hinterher immer, ja, war doch ganz nett, aber ich habe mich jetzt nie darauf gefreut, wie zum Beispiel eine meiner Schwestern. Ich muss immer eher so zwischendurch ein paar Übungen machen, heimlich: zehn Kniebeugen im Bad oder Hula-Hoop gleich nach dem Aufstehen.

Du bist nicht in einem Fitnessstudio angemeldet …

Um Himmels Willen, nein. Ich tanze in einem Turnverein Zumba. Aber das hab ich etwas schleifen lassen in der Corona-Zeit.

Oh ja, sehr gerne! Die Kinder dürfen mich auch Oma nennen, das ist ja etwas aus der Mode gekommen. Oma zu sein, ist eine unglaublich schöne und warme, zusätzliche Seite in meinem Leben. Ich genieße das sehr. Man guckt nun nicht mehr mit Eltern-Augen, man kann ganz anders in das Staunen reingehen.

Was anderes zum Staunen: die Liebe. Wie sieht es da bei dir aus?

Die Liebe ist eine Wahnsinnskraft (lacht), aber das hast du nicht gemeint, ich weiß. Ich bin mit dem Motto „Liebe stellt keine Forderungen“ in die Ehe gegangen. Und das hat an vielen Stellen sicher auch geholfen, weil ich, obwohl mein Mann über die Jahre so wegbröselte, noch 23 Jahre bei ihm geblieben bin.

Das würde heute ja kaum eine Frau noch machen, oder?

Ja, vor allem, weil es sich auch ganz vortrefflich ohne Mann lebt. Doch das ist nicht die ganze Bandbreite des Lebens. Nur aus Angst vor Verletzungen dichtmachen wollte ich nicht, in meinem tiefsten Innern jault noch etwas. Eins meiner wichtigsten Themen ist daher, sich wieder verletzbar zu machen, voll Ja zu sagen zu jemandem und zum Leben. Voller Chancen und ohne Vorsichtsmaßnahmen.

Hast du denn mal so richtig Mauern aufgebaut?

Als junge Frau auf jeden Fall: dick wie Gefängnismauern, so dass ich mich kaum noch bewegen konnte. Ich war voller Bedenken.

Der TedX-Talk von Brené Brown „Die Macht der Verletzlichkeit“. Und ich mir selbst. Wenn dann die Bombe einschlägt, dann schlägt sie ein! Das muss man dann zulassen. Es ist allerdings nicht so, dass momentan mein Postfach überquillt vor lauter Anfragen (lacht). Ich möchte aber diese Offenheit haben – was dann daraus entsteht, das werden wir sehen.

Guckst du dich denn um? Oder schauen gleichaltrige Männer immer noch nach 20 Jahre jüngeren Frauen, die sie, mal flapsig gesagt, dann im Zweifel noch ein bisschen länger pflegen können?

Ich bin nicht auf der Suche, das ist schon mal gut. Auf meiner Stirn steht aber anscheinend auch nicht geschrieben: „Ich würde die Einladung zum Tee durchaus annehmen.“ Es fragt gerade niemand. Aber: Jeder ist für sein Glück alleine zuständig! Eine Beziehung ist natürlich so eine Art Sahnehäubchen auf der Torte. Ich habe die Themen Männlichkeit und Weiblichkeit nun wirklich durchgekaut und dann vor einiger Zeit doch festgestellt, dass es mein eigenes Ding ist, wenn ich Eigenschaften wie Dienen, Demut oder Hingabe mit Weiblichkeit assoziiere und auch negativ konnotiere. Dafür aber Worte wie Durchsetzungsstärke positiv und männlich besetze. Da dachte ich, hier läuft doch was nicht ganz rund in meinem Kopf, und da musste ich mal rangehen und mir die Worte zurückholen.

Dienen: Wenn das, was ich tue, jemandem dient, dann heißt das nicht, dass ich auf Knien vor einer anderen Person schlittern muss, sondern dass ich King of the Road bin. Und dann hinkt dieser Vergleich „der liebe Gott hat die Männer zwar ein bisschen zu kurz kommen lassen, aber auf der anderen Seite mit den tollsten Eigenschaften ausgestattet, die ich auch gerne haben möchte“ – da stimmt doch was nicht.

Es hört also nie auf, dass man dazulernt.

Ja, auch mit 74 kommt man sich selbst noch auf die Schliche!

Auf Youtube, bekommst du da auch mal „Shitstorms“?

Kaum. Aber ein junger Mann hatte mal gefragt, was ich Alte hier zu suchen hätte. Da habe ich ihm ganz höflich geantwortet: „Dir zeigen, was man im Alter Spannendes machen kann.“ Er antwortete dann, dass er mit 34 sowieso vor den Baum fahren würde. Da kann man wenig machen, das sortiere ich auch nicht als Hating oder Bashing ein. Das ist einfach nur schade für den anderen. Meine Community ist ja toll! Ich habe manchmal das Gefühl, dass die meine Videos als etwas Neues in ihrem Leben sehen, als Inspiration. Es gibt auch Schüler, die mir schreiben.

Einer schrieb mir, weil er ein schlechtes Gewissen hatte, da hatte ich auch mal drüber gesprochen. Er fragte, wie er sich verhalten solle, nachdem er geklaut hatte und ihm das sehr unangenehm war. Ich habe ihm geantwortet, er hat gehandelt, es wurde alles wieder gut. Einen Strohhalm zu reichen, aus einer vermeintlich ausweglosen Situation, das macht mich glücklich. Und wenn ich jungen Menschen ein Stück Stabilität mitgeben kann.

Mit Greta Silver sprach Sabine Oelmann

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Werra-Grenzpark-Verein


Der Fluss schlängelt sich durch eine breite Aue. Wiesen und Felder kennzeichnen die Landschaft. Im Hintergrund kann man eine Burgruine erkennen und vorne zwei Dörfer, die durch eine Brücke verbunden sind. Frieden weit und breit – das war jedoch nicht immer so. Einst war das Nachbardorf Herleshausen auf der hessischen Seite von Lauchröden auf der thüringischen Seite durch die Werra als Grenzfluss getrennt. Mehr als 30 Jahre nach der Grenzöffnung soll die Trennung durch den Grenzzaun nicht in Vergessenheit geraten. Da sind sich die Mitglieder des Vereins WERRAGrenzPark e. V. einig. Die Erinnerung an die 40 Jahre dauernde innerdeutsche Teilung aufrechtzuerhalten, haben sich die Mitglieder zum Auftrag gemacht und wollen nun einen Grenz- und Demokratiepark für die nachfolgenden Generationen schaffen, um ihre Wachsamkeit für die Zukunft zu schärfen. „Wir wollen einen Ort der Erinnerung an den ehemaligen Grenzübergang Herleshausen/Wartha schaffen“, sagt Detlev Traut, ehemaliger Zollbeamter. Herleshausen war der einzige Straßengrenzübergang in Hessen und hatte mithin ein Alleinstellungsmerkmal. Die Menschen in diesem Ort haben die Grenze hautnah miterlebt. „Der historische Ort soll deshalb mit einer Erinnerungsstätte verbunden werden“, berichtet Gero von Randow, Vorsitzender des Vereins.

„Zeigen, wie sehr sie gelitten haben“

Im Grenzpark werden Monitore mit Zeitzeugeninterviews entstehen und die unterschiedlichen politischen Systeme zwischen West und Ost mittels verschiedener Themeninseln nachempfunden. „Die Eindrücke der Zeitzeugen sollen deutlich machen, wie sehr sie unter der ehemaligen Grenze gelitten haben“, sagt Klaus Gogler, der an dieser Grenze aufgewachsen ist. „Der Park soll nicht nur etwas darstellen, sondern auch die Gefühle der Zeit rüberbringen.“ Denn die Grenze teilte nicht nur das Land, sondern auch die freiheitliche Demokratie hier von der menschenverachtenden Diktatur dort. Dieser Unterschied soll der jungen Generation aufgezeigt werden. Die Grenze wird im Verlauf symbolisch über eine in den Boden eingelassene Intarsie durch den Besucher überschritten. Anette Wetterau sieht klar den Auftrag bei ihrer Generation: „Wir haben das alles erlebt, und wir müssen diese Erinnerungen an die nachfolgenden Generationen weitergeben.“ Die ehemalige Lehrerin erkennt aber auch, dass ältere Menschen oft Hemmungen haben, sich zu dieser Zeit zu äußern. Sie betont, wie wichtig dieses Projekt für die Generationen ist, die die Grenze nicht miterlebt haben. Damit ist der Verein nicht allein, immer wieder findet er Befürworter auf dem Entstehungsweg.

Kritisch nach rechts und links schauen

Auf die Frage, warum die Erinnerung so wichtig sei, antwortet von Randow: „Es muss immer an Vergangenes erinnert werden, auch an die schlimmen Dinge, um sich bewusst zu machen, wie gut man es im Moment hat, und um für den Erhalt der Demokratie einzustehen, notfalls zu kämpfen.“ Denn Demokratie müsse man sich ständig erarbeiten, jeden Tag neu. Gerade in der heutigen Zeit darf sie nicht als selbstverständlich angesehen werden, da sind sich die Mitglieder einig. Man merkt, wie sehr ihnen dieses Projekt am Herzen liegt, sind es doch nur noch ein paar der immer weniger werdenden, die wissen, was es heißt, wenn unmittelbar nebenan die Grenze zwischen Demokratie und Diktatur verläuft. Kurse für Schulklassen sind geplant. Gerade mit einem Blick in die Zukunft, den dieser Grenz- und Demokratiepark wagt, soll deutlich werden, dass Freiheit und Demokratie in Gefahr geraten können und zu schützen sind. „Man muss“, sagt die pensionierte Geschichtslehrerin Heidrun Henning, „immer Energie aufbringen, um die Demokratie zu wahren und sich von Diktatur und hassgetriebenen Strukturen abzugrenzen.“ Die Mitglieder ermutigen die junge Generation, kritisch nach rechts und links zu schauen und im passenden Moment laut zu werden, um für demokratische, die Menschenwürde achtende Grundwerte einzustehen. Detlev Traut sagt: „Erinnerung ist wichtig, um Anfängen zu wehren.“

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Anstieg um 29 Prozent: USA: Die meisten Kinder sterben durch Waffen

Die Bilanz der Forschenden an der University of Michigan ist erschreckend: Rund 4300 Kinder kamen in den USA im Jahr 2020 durch den Gebrauch von Schusswaffen ums Leben. Noch vor Verkehrsunfällen und Vergiftungen stellt dies die nunmehr häufigste Todesursache bei Kindern und Jugendlichen dar.

Vorfälle mit Schusswaffen haben einer Berechnung zufolge Verkehrsunfälle in den USA als häufigste Todesursache junger Menschen bis 19 Jahren abgelöst. Mehr als 4300 Kinder und Jugendliche seien im Jahr 2020 durch Schusswaffen gestorben – etwa bei Tötungsdelikten und unbeabsichtigten Tötungen, berichten Forschende der University of Michigan mit Sitz in Ann Arbor im „New England Journal of Medicine“.

Die Autoren analysierten dafür Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC für die Altersgruppe von 1 bis 19 Jahren. Durch Verkehrsunfälle kamen demnach im selben Jahr etwa 3900 Kinder und Jugendliche ums Leben. Dritthäufigste Todesursache waren Vergiftungen und Überdosierungen mit Drogen: Mehr als 1700 Todesfälle gab es unter jungen Menschen – das entsprach einem Zuwachs um mehr als 83 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Ferner errechneten die Autoren Jason Goldstick, Patrick Carter und Rebecca Cunningham, dass die Todesfälle durch Schusswaffen in der Altersgruppe von 2019 auf 2020 um 29 Prozent zulegten. „Die steigende Rate der tödlichen Schusswaffenvorfälle ist ein längerfristiger Trend und zeigt, dass wir es weiterhin versäumen, unsere jüngste Bevölkerung vor einer vermeidbaren Todesursache zu schützen“, so Goldstick.

Insgesamt starben den Wissenschaftlern zufolge im Jahr 2020 mehr als 45.000 Menschen in den USA durch Schusswaffen – ein Anstieg von mehr als 13 Prozent im Vergleich zu 2019. Vor allem die Zahl der Tötungsdelikte habe zugenommen, um mehr als 33 Prozent. Verkehrsunfälle seien lange Zeit mit großem Abstand die Hauptursache für den Tod von Kindern und Jugendlichen gewesen, sagte Carter. „Aber dadurch, dass Fahrzeuge und ihre Fahrer sicherer geworden sind, sind diese Arten von Todesfällen in den letzten 20 Jahren drastisch zurückgegangen.“

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Schiefergrube Eifel


„Mir müsse de Supp drohn!“ Diesen Spruch wird Monika Schmutzler nie vergessen. „Wir müssen die Suppe tragen.“ Sie als Jugendliche sowie viele Mütter und Frauen sorgten in den 1970er Jahren für die Versorgung der Arbeiter an der Moselschiefergrube in Hausen, einem Ortsteil Mayens in der östlichen Vulkaneifel, die zur damaligen Zeit als tiefste und größte Schiefergrube Deutschlands galt. Diese Zeit prägte die Kindheit und Jugend Monika Schmutzlers, da sie aufgrund der Arbeit ihres Vaters im Verwaltungshaus unmittelbar neben dem Arbeitsgelände des Mosellaschachts wohnte. Noch heute liest sie gerne das von ihrem verstorbenen Vater Franz Weschbach verfasste Buch „Moselschiefergrube Mosellaschacht“, das den Aufstieg und Niedergang der Grube nachzeichnet. Beginnend in den 1860er Jahren, reichte der Schieferabbau an den Hängen des Flüsschens Nette im rheinischen Schiefergebirge bis ins Jahr 1975, in dem der letzte Steinwagen die Grube verließ. Zum Abbau des Schiefers wurde das „Abteufen“ angewandt. Das heißt, dass ein senkrechter Hohlraum geschaffen wurde, um den Schiefer abzubauen und mit einem Förderkorb aus der Grube zu transportieren. Dass der Mosellaschacht Teil des Lebens von Monika Schmutzler war, beweisen zahlreiche Zeichnungen im Flur ihres Wohnhauses, die das Arbeitsgelände zeigen, sowie ihre Schiefersammlung, die sie auf einem Tisch, der einst im Verwaltungshaus stand, ausgelegt hat. „Um halb acht kamen Arbeiter aus der Eifel und dem Maifeldraum über die Zugverbindung des heutigen Maifeld-Radwanderwegs nach Hausen. Die Einwohner des Hausener Nachbarorts Trimbs fuhren mit dem Fahrrad oder gingen zu Fuß. Bei Wind und Wetter.“

Mittags kamen die Frauen mit den Henkelmännern

„Sie arbeiteten in der Schlosserei, im Spalthaus, dem Steinsägebetrieb oder direkt an der Grube als Bergarbeiter“, erläutert die Zeitzeugin. Im Steinsägebetrieb wurden die abgebauten Schieferblöcke aus den Stollen zunächst grob zurechtgeschnitten, damit sie im Spalthaus von Hand mit einem Spalteisen erneut aufgespalten, mit einem anderen Steinmesser abgerundet und anschließend als Dachplatte oder anderes verwendet werden konnten. Mittags begaben sich die Arbeiter in den großen Speisesaal, um dort das selbst gemachte Essen ihrer Frauen, das sie im Henkelmann transportierten, zu verspeisen. „Ich weiß noch, oftmals trugen Frauen mehrere Henkelmänner auf einmal zur Grube, um sich untereinander abzuwechseln. Einige gingen von Masburg aus dem Landkreis Cochem-Zell aus zu Fuß, das war eine Stunde Fußweg. Dazu noch neun Kinder und die Landwirtschaft. Das waren schon ärmliche Zustände.“ Arbeitsende war um 17 Uhr, der Schiefer wurde von Dachdeckerfirmen abgeholt oder über eine Kleinbahn zu einem Güterwaggon transportiert. So gelangte er unter anderem nach Klotten an der Mosel, daher kommt der Qualitätsbegriff „Moselschiefer“. Von dort aus wurde das beliebte Gestein in verschiedene Städte, etwa nach Trier, verschifft.

Nur versteckte Stolleneingänge erinnern an den Abbau

Ein gutes Betriebsklima kam zum einen durch die Bergmannskapelle zur Geltung, aber auch durch den Zusammenhalt der Familien. „Vom sozialen Gedanken her war das zur damaligen Zeit eine enorme Sache.“ Dennoch berichtet Monika Schmutzler nicht nur von schönen Erinnerungen. Trotz Sicherheitsschuhen mit Stahlkappen, Helmen und Karbidlampen sind einige Bergleute tödlich verunglückt. Oftmals konnten sie auch erst Wochen später geborgen werden, da sie von Gestein verschüttet worden waren. „Ich war noch ein Kind, als ich erfuhr, dass ein Schlosser verschüttet wurde, den ich kannte. Es war schwer, solch ein Ereignis zu verarbeiten“, erinnert sich die 73-Jährige nur ungern.

Folgenschwer war auch der Ausbruch der Silikose, bekannt als Staublunge, die aufgrund des längerfristigen Einatmens von feinem Staub entsteht. Ihr Vater schreibt in seinem Büchlein über den Mosellaschacht: „Nun rangen sie nach Luft, langsam, und kurz wurden ihre Schritte. Selbst auf dem nahen Weg zum Schacht, wohin es sie immer noch zog, mussten sie verschnaufen.“ Daher wechselten viele zur neu errichteten Teppichfabrik in Mayen. „Diese Arbeit war sauber und nicht so gefährlich.“ Im Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil der Belegschaft an den Westwall verpflichtet. Dies machte die Aufrechterhaltung des Betriebes schwierig. Nach dem Ende des Krieges kehrten nicht alle Arbeiter heim: Einige waren vermisst, gefallen oder in russischer Kriegsgefangenschaft. Auch die Geldentwertung und die Lebensmittelnot erschwerten die Weiterführung des Betriebs. Nach einer abgeteuften Tiefe von mehr als 305 Metern wurde trotz versuchter Erhaltung des Schachtes durch Anschaffung moderner Geräte am 31. Dezember 1975 das letzte „Glück auf“ gesprochen. Heute sind die demontierten Schachtgerüste und eine Diesellok im Museum Eslohe im Sauerland zu besichtigen. Vor Ort erinnern nur noch versteckte Stolleneingänge und ein verwahrlostes Arbeitsgelände an den Schieferabbau, an denen der Wanderweg „Nette-Schieferpfad“ vorbeiführt.

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Der Tag: Grüne Jugend: Palmer hat keinen Platz mehr in Partei

Nicht wenige bei den Grünen dürften nach dem Vergleich mit Boris Palmer zerknirscht sein. So tut sich die Grüne Jugend in Baden-Württemberg schwer mit dem Kompromiss im Parteiordnungsverfahren gegen den Tübinger Oberbürgermeister. Zwar zeigte der Landesvorstand der Jugendorganisation Verständnis für den Vergleich, nach dem Palmer seine Mitgliedschaft bis Ende des Jahres 2023 ruhen lassen muss. Die Landessprecherinnen Sarah Heim und Aya Krkoutli betonten aber: „Als Verband sind wir weiterhin der Meinung, dass Boris Palmer aufgrund seiner rassistischen Äußerungen keinen Platz in der grünen Partei hat.“

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Brieftaubenzüchter Werner Piecha

Brieftaubenzüchter Werner Piecha

Es ist früh morgens, der Dunst der Nacht hängt noch in den Wäldern und auf den Feldern. Zwischen Karlsruhe und Rastatt liegt eine kleine Gemeinde mit rund 12 000 Einwohnern. Daneben gelegen befindet sich ein Brieftaubenverein. Im Taubenschlag von Werner Piecha beginnt das Training der Tauben. Sie werden in sogenannten Körben von ihrem Taubenschlag entfernt. Dort werden die Körbe geöffnet, nacheinander kommen die Tauben heraus. In der Luft warten sie aufeinander und fliegen dann gemeinsam zurück zu ihrem Schlag. Dort sind sie nach Jungtauben, Alttauben und Zuchttauben aufgeteilt, während eine Auf­teilung nach Geschlecht nur selten stattfindet. Jungtauben sind die Tauben, die in diesem Frühjahr nach 17 bis 18 Ta­gen Brutzeit geschlüpft sind. Dieses Jahr hat der Hobbyzüchter rund 50 Jung­tau­ben. Jeweils die älteste und jüngste Taube der Brut bekommt einen Ring an ihr linkes Bein. Das sind die Tauben, die als Erstes beziehungsweise Letztes abgesetzt wurden. Als Absetzen bezeichnet man den Zeitpunkt vier Wochen nach dem Schlüpfen.

Bildschirm im Inneren des Schlags

Im Frühjahr gibt es dreimal eine Brut, und jede bekommt ihre eigene Farbe, manchmal gibt es auch noch Nachzügler, diese bekommen dann eine vierte Farbe. Am rechten Bein tragen alle Tauben einen Ring, auf dem der Name und die Telefonnummer des Besitzers vermerkt sind. Die Farbe des Rings legt sich auch durch das Geburtsjahr fest. Tauben, die 2016 geboren wurden, tragen einen blauen, Tauben aus dem Jahr 2018 einen grünen, aus 2019 einen gelben und 2020 einen weiß-silbernen Ring. Die Farben wiederholen sich alle fünf Jahre. Außerdem befindet sich noch ein Chip am Ring, der von einem Scanner am Taubenschlag gescannt wird, wenn die Taube „nach Hause kommt“. Im Inneren des Schlags befindet sich ein Bildschirm, auf dem man dann sehen kann, welche Taube zu welchem Zeitpunkt angekommen ist. Hier sieht Werner Piecha, wie lange die Tauben für die Strecke benötigt haben.

Beim Training starten die Jungtauben mit Flügen von Strecken von 1 bis zu 20 Kilometern, die Alttauben fliegen bis zu mehreren Hundert Kilometern. Mit sieben bis acht Jahren gehen sie „in Rente“. Ihre durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 20 Jahren. Bei Wettkämpfen fliegen sie meist zwischen 300 und 600 Kilometer. Langstreckentauben können sogar 1000 Kilometer zurücklegen. Das sind Prak­tiken, gegen die Tierschützer seit Langem protestieren.

Ein Sport mit Wurzeln bis in die Antike

Die Wettkämpfe der Jung- und Alt­tauben finden zu unterschiedlichen Zeiten statt. Zwischen April und Juli fliegen die Tauben, die bis zum 1. Mai im Vorjahr ge­schlüpft sind. Zwischen August und September fliegen dann die Tauben, die ab An­fang Januar des Jahres geschlüpft sind. Erfolgreiche und bekannte Tauben werden nach Rennfahrern, Sportlern oder anderen Persönlichkeiten benannt. So gibt es Tauben mit den Namen Schumacher, Vettel, Bolt, Messi oder Ronaldo. Ein populäres Taubenpaar trägt den Namen „das goldene Paar“.

Der Taubensport fand seinen Ursprung in der Antike, da die Tiere durch au­ßer­gewöhnlich guten Orientierungssinn auf­fielen. Sie orientieren sich erstrangig am Magnetfeld der Erde, wie an der Sonne, Wolken, Straßen oder Gerüchen. Ihr größerer Feind als das Verfliegen sind Raubvögel, in Deutschland vor allem der Milan und Wanderfalke. „Manchmal kommen An­­wohner aus der Nachbarschaft mit einer verletzten Taube zu uns, die sie gefunden haben“, sagt Piecha. Manchmal übersehen die Tauben auch Stromleitungen. Diese sind gefährlich für die Tiere, da sie diese nicht richtig sehen können. In der Neuzeit wurden Tauben ebenfalls zur Nachrichtenübermittlung eingesetzt, doch eher zu militärischen Zwecken. Einige Tauben erhielten Auszeichnungen wie zum Beispiel das „Croix de guerre“ oder die „Dickin Medal“, da durch sie Hunderte von Menschenleben gerettet wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Taubenpost von modernen Kommunikationsmitteln verdrängt.

Eine Stadttaube lebt ein anderes Leben

Dem Verband deutscher Brieftaubenzüchter e. V. gehören rund 28 000 aktive Taubenzüchter an. Vor zehn Jahren waren es noch 45 000 Mitglieder bundesweit. Im­mer weniger junge Menschen interessieren sich für das zeitaufwendige Hobby. „So wie die Leistungssportler muss man mit den Tauben trainieren“, erklärt Werner Piecha. Doch nicht nur das spielt eine Rolle, wie Wohnraumengpässe gibt es Haltungsengpässe: Taubenschläge sind meist nur in äl­teren Dörfern, die früher schon Taubensport betrieben haben, erlaubt. Im Winter kümmert sich Piecha alle zwei Tage um die Tauben, im Frühling und Herbst täglich mehrere Stunden. Das be­deutet nicht, dass die Tauben im Winter weniger zu fressen bekommen. Sie bekommen auch Heizplatten, die über eine Zeitschaltuhr geschaltet werden. In der Hauptsaison, im Sommer, werden die Tauben zweimal täglich für vier bis fünf Stunden trainiert. Für viele Züchter ist Erfolg nicht das Ziel. Sie kümmern sich gern um die Tiere, geben ihnen Erdnüsse und Sonnenblumenkerne. Stadttauben leben ein komplett anderes Leben. Sie fliegen meist nur sehr kurze Strecken und suchen sich dann Fensterbänke, Balkone oder Dächer. Sporttauben erleichtern sich meist in ihrem Taubenschlag, Stadttauben hingegen haben dafür keinen festgelegten Ort. Für den Taubensport interessierte sich Werner Piecha bereits als Kind. Sein On­kel hatte Tauben. Zu seinen aktuellen Erfolgen gehört Taube „Saphira“, sie ge­wann einen Regionalflug, an dem 3237 Tau­ben teilnahmen und den ersten Konkurs in der RV Rastatt gegen 683 Tauben. In der Kreisvereinigung wurden die ersten vier Plätze von Werner Piechas Tauben be­legt, im Regionalverband sogar die ersten fünf Plätze.

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„Wegen arglistiger Täuschung“: Gericht bestätigt AfD-Ausschluss von Kalbitz

Weil er bei Parteieintritt verschweigt, dass er Mitglied der mittlerweile verbotenen rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend war, wirft die AfD Andreas Kalbitz aus der Partei. Der ehemalige Brandenburg-Chef klagt gegen die Entscheidung – und verliert jetzt erneut.

Das Berliner Landgericht hat den Parteiausschluss des früheren Brandenburger AfD-Chefs Andreas Kalbitz bestätigt. Eine Klage von Kalbitz wurde abgewiesen. Seine Parteimitgliedschaft sei erfolgreich „wegen arglistiger Täuschung“ angefochten worden, hieß es zur Begründung.

Der AfD-Bundesvorstand beschloss im Mai 2020, Kalbitz‘ Parteimitgliedschaft zu annullieren, weil er beim Parteieintritt 2013 vorherige Mitgliedschaften bei den Republikanern und in der inzwischen verbotenen rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend verschwiegen haben soll.

Das Bundesschiedsgericht der Partei bestätigte den Rauswurf Ende Juli. Gegen diese Entscheidung ging Kalbitz juristisch vor, scheiterte mit einem Eilantrag aber im August 2020 vor dem Berliner Landgericht. Dagegen legte der Rechtsaußenpolitiker Berufung ein, welche das Berliner Kammergericht im Januar zurückwies. Das heutige Verfahren zielte nach Gerichtsangaben „auf eine abschließende Entscheidung im Rechtsstreit“.

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Rhythmuskünstler Enrico Lenzin

Rhythmuskünstler Enrico Lenzin

Wer macht schon Musik mit Quietscheschweinen? Der 49-jährige Enrico Lenzin tut das und noch vieles mehr. Der Appenzeller Rhythmuskünstler mischt vieles mit vielem. So kombiniert er das traditionelle Alphorn mit der modernen Loop Machine. Sie wird mit dem Fuß bedient und ist dazu gedacht, während der Performance Melodien oder Rhythmen aufzunehmen, zu überlagern und abzuspielen. Lenzin ist ein Mann vieler Talente: Er ist ein famoser Perkussionist, kennt sich im Stepptanz aus und benutzt andere, unkonventionelle Dinge, wie ein Fünf-Franken-Stück in einem Becken und Quietschesäuli, um Musik zu machen.

Zum Jazz-Drummer

Enrico Lenzin wurde im sankt-gallischen Rheintal geboren. „Schon als kleiner Bub wollte ich unbedingt trommeln“, erzählt der kraushaarige Musikus, während er seine Brille richtet und über den kurzen Bart fährt. Sein Großvater hatte ihm ein Waschbrett geschenkt, auf dem er trommeln konnte, weil ihm seine Eltern kein Schlagzeug kaufen wollten. Lenzins Vater spielte in der Militärmusik Trompete, so erlernte Enrico zuerst dieses Instrument. Mit 17 Jahren begann er Schlagzeug zu spielen. Er war in einer kaufmännischen Lehre, konnte sich aber weder vorstellen, Kaufmann zu werden, noch die Getränkehandlung seines Vaters zu übernehmen. Mit 21 ging er nach Wien und studierte ein Jahr Schlagzeug am American Institute of Music. In Zürich nahm er Privatunterricht beim Jazz-Drummer Pierre Favre und durfte an der Hochschule Luzern bei ihm Schlagzeug studieren.

Lenzin spielte in Theatern und verschiedenen Bands. Mit der Gipsy-Band The Duša Orchestra war er in ganz Europa unterwegs. Um unabhängiger zu werden, interessierte er sich für Solokonzerte. Doch das ist schwierig. „Es geht ja praktisch niemand zu einem Konzert mit nur Schlagzeug.“ Lenzin machte bei einem Projekt der Appenzeller Sängerinnen mit, bei dem es darum ging, Volksmusik und andere Musikrichtungen, wie Jazz, zu vermischen. „Da habe ich gedacht, wir brauchen noch etwas mehr Volksmusik; wir brauchen ein Alphorn.“ Aber es gab niemanden, der dies übernehmen wollte, so fing er selbst an, Alphorn zu spielen. Er fand Gefallen daran, bekam Jobs als Alphornspieler und Perkussionist und veröffentlichte seine erste Solo-CD.

Corona durchkreuzte die internationale Karriere

Heute hat Enrico Lenzin ein kleines Studio im sankt-gallischen Rebstein. Schon im Eingang stehen leere Milchkannen, die Lenzin bespannt und als Trommeln benutzt. Im Hauptraum stehen zwei Alphörner, das eine ist konventionell aus Holz, das andere besteht aus Carbon und ist zusammenschiebbar. An ihren Öffnungen steht ein Mi­krofon, mit dem Lenzin die Alphörner aufnehmen und in seine Loop Machine einspielen kann. Ein weiteres kurioses Instrument ist das Alpsax. Es ist ebenfalls ein Alphorn und klingt auch wie eines, ist jedoch wie ein Saxofon geformt. Auf einem Tisch sind Quietscheschweine platziert. Auch eines der Talerbecken liegt dort. Auf der anderen Seite der Trommeln steht das elektronische Drumpad und darunter die Loop Machine. Das Drumpad erfüllt denselben Zweck wie die Loop Machine, wird jedoch mit einem Schlagzeugstock betätigt, und die Klänge, wie ein Trommelschlag oder ein Jodelruf, werden meist schon vor dem Auftritt eingespielt.Weiter hinten steht das Hang. Diese Schweizer Erfindung sieht aus wie eine Kugel, aus der jemand die Mitte herausgeschnitten und die Enden wieder zusammengeschweißt hat. Um einen Ton zu erzeugen, kann man nun auf gewisse abgesenkte Punkte klopfen und schlagen. Man spielt das Hang mit der „Hang“ – berndeutsch für Hand. Dieses Musikinstrument hat einen einzigartigen Klang und passt perfekt in die kuriose Sammlung.

Er ging zum Casting und übte wie verrückt

Dann rief das Schweizer Fernsehen an. Die Leute vom TV hatten eines seiner Youtube-Videos gesehen, in dem er mit musikalisch motiviertem Talerschwingen experimentierte, und fragten, ob er bei den „Größten Schweizer Talenten“ mitmachen wolle. Sie wollten etwas „schweizerisch Modernes“, er sei der perfekte Kandidat dazu. Lenzin zögerte, doch seine Kinder drängten: „Chumm, du muesch gooh!“ Er ging zum Casting, übte wie verrückt und bekam noch während der Ausstrahlung der Show Anfragen. Er durfte bei einer Autoshow in Indien, in Davos und bei den Swiss Football Awards spielen. Die Schweizer Botschaft in Südamerika buchte ihn, durch Videos der Performance konnte er weiter touren. Mit Schweiz Tourismus ging es durch Asien über Vietnam, Malaysia und Indonesien. Als es „richtig voll abging“, wie er sagt, machte ihm die Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Aber er musiziert, komponiert und unterrichtet in seinem Studio.

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Dirigentin C. von Kerssenbrock


Rascheln. Stille verbreitet sich in der ehemaligen Reithalle. Nur aus dem Orchestergraben funkelt orangegelbes Licht ins Dunkle. Die Blicke der Musiker und Zuschauer folgen einer Handbewegung, dramatische Streichmusik bahnt sich ihren Weg bis in die letzte Reihe der großen Halle. Verschiedene Instrumente verschmelzen zu einer Einheit und ziehen die rund 250 Gäste des Immlinger Opernfestivals in ihren Bann. Angeleitet werden die Musiker in der Puccini-Oper „Madama Butterfly“ von Cornelia von Kerssenbrock. Die kurzhaarige Frau leitet mit eleganten Bewegungen nicht nur die Musiker im Orchestergraben, sondern auch die Opernsänger auf der Bühne an. An ihrem Handgelenk glitzert stets ein Armband.

Schon in ihrer Kindheit trat die 51-Jährige in Kontakt mit der Musik. Ihr Vater ist Orgelbauer, und sie machte ihr Abitur am musischen Theresia-Gerhardinger-Gymnasium in München. Dort und auch außerhalb war sie in verschiedenen musikalischen Gruppen aktiv. Zudem organisierte und gestaltete die ambitionierte Musikerin gerne Musikveranstaltungen. Die Liebe zur Musik trug die blonde Dirigentin weiter zu einem siebenjährigen Studium der katholischen Kirchenmusik am Mozarteum in Salzburg. Hier lernte sie nicht nur Klavier und Orgel, sondern belegte auch Fächer wie Komposition und Orchesterleitung. Im Anschluss legte Cornelia von Kerssenbrock ihr Staatsexamen im Bereich Orchesterleitung an der Musikhochschule Freiburg im Breisgau ab. „Die Musik ist mein Leben“, erklärt sie, ihr Ziel ist es, andere Menschen mit ihrer Musik zu bewegen.

Multikulturelle Inspirationsquellen

Als Frau war es nicht immer leicht in dem von Männern dominierten Bereich. „Man muss es sich mehr erarbeiten und beweisen, was man kann“, erzählt die Münchnerin. Andere Kolleginnen bekamen Sätze wie „Gehen Sie lieber in die Küche zum Kochen“ zu hören. In ihrem Studium war sie die einzige Frau. Die Musikerin strahlt, damals wie heute, durch ihre aufrechte Körperhaltung Selbstbewusstsein aus. Sie ließ sich nicht von ihren Zielen abbringen, verfolgte weiter ihre Karriere als Dirigentin und leitete später sogar Meisterkurse.

Aus dem Orchestergraben ertönt ein lauter Paukenschlag, der Onkel der Protagonistin Cio-Cio-San verkündet der gesamten Familie, dass Butterfly zum Christentum konvertiert ist. Chaos bricht auf der Bühne aus, die gesamte japanische Familie ist in Aufruhr versetzt. Aufgebracht verschwindet der Chor von der Bühne. Eine abrupte Handbewegung symbolisiert den Musikern, die Stimmung musikalisch einzufangen.

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Evakuierung extrem schwierig: Große Sorge um Waisenkinder in Mariupol

19 Kinder und Jugendliche sitzen seit Kriegsbeginn in einer Lungenklinik in Mariupol fest. In einem eisigen Keller suchen sie Schutz vor russischen Raketen. Waschen können sie sich schon seit zwei Wochen nicht mehr, bald könnten ihnen auch die Lebensmittel ausgehen, fürchtet ein Augenzeuge.

Das Schicksal von 19 Kindern, die in der belagerten ukrainischen Stadt Mariupol seit Wochen in einem Sanatorium festsitzen, löst große Besorgnis aus. Die Kinder im Alter von 4 bis 17 Jahren, die meisten von ihnen Waisen, seien in „großer Gefahr“, sagte der Augenzeuge Alexej Woloschtschuk nach seiner Flucht aus der Hafenstadt der Nachrichtenagentur AFP.

Die Kinder waren vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine in die auf Lungenkrankheiten spezialisierte Klinik gebracht worden. Wegen der Gefechte in der Stadt konnten sie von ihren Vormündern nicht mehr aus der Einrichtung geholt werden.

Woloschtschuk hatte nach eigenen Angaben in der Klinik, in der Verwandte von ihm arbeiteten, Schutz gesucht vor den russischen Angriffen. Inzwischen konnte er in die Stadt Saporischschja fliehen. Nach seinen Angaben leben die Kinder in einem kalten Keller und konnten sich seit mehr als zwei Wochen nicht mehr waschen. In der Nähe der Klinik seien Raketen eingeschlagen.

Woloschtschuk zeigte Fotos, auf denen die zerstörten Fenster des Gebäudes zu sehen sind. „Es gibt keine Heizung, es ist kalt. Eines der Mädchen, etwa acht Jahre alt, zeigte mir eine Wunde im Gesicht. Sie sagte, sie stamme von der Kälte“, sagte er. Die Kinder würden von einem „heldenhaften“ Lungenfacharzt, einem Koch und zwei Krankenschwestern betreut, sagte Woloschtschuk. Polizisten bringen den Kindern demnach Essen. Er befürchte jedoch, dass die Vorräte bald zur Neige gehen könnten.

Wohltätigkeitsorganisation will Kinder herausholen

Olga Lopatkina, eine der Betreuerinnen der Kinder, sagte, sie habe im Januar sechs ihrer Pflegekinder im Alter zwischen 6 und 17 Jahren in das Sanatorium geschickt. Lopatkina betreibt zusammen mit ihrem Mann ein privates Pflegeheim in der 100 Kilometer nördlich von Mariupol gelegenen Stadt Ugledar. Als der Krieg begann, floh Lopatkina mit den verbliebenen Kindern in die Westukraine. Von dort aus gelangten sie über Ungarn schließlich nach Frankreich. Sie hofft nun darauf, dass ihre Pflegekinder aus Mariupol gerettet werden können.

Die in Genf ansässige Wohltätigkeitsorganisation „Stop TB“ bemühte sich nach eigenen Angaben darum, die Kinder in Sicherheit zu bringen. Nach Angaben von Geschäftsführerin Lucica Ditiu versuchte die Stiftung, die Kinder in andere Länder zu bringen. „Aber das größte Problem ist, sie dort herauszuholen“, fügte sie mit Blick auf die prekäre Lage in Mariupol hinzu.

(Dieser Artikel wurde am Samstag, 19. März 2022 erstmals veröffentlicht.)

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