Kategorie -Jugendliche

„O Adriano“ in Porto

„O Adriano“ in Porto

Im historischen Stadtkern von Aveiro, einer an der Küste südlich von Porto gelegenen Stadt, befindet sich das Restaurant „O Adriano“, in der Fußgängerzone direkt neben dem Theater, wo man auf dem Boden das mosaikartig angeordnete, basaltschwarze und sandfarbenweiße Kopfsteinpflaster sieht, das Meeresfiguren darstellt. Vor dem Restaurant zeigt das Mosaik eine Sonne. Das Interieur ist mit warmen Farben beleuchtet. Es gibt die in Portugal bekannten Kacheln, altrosa gestrichene Wände, achteckige Spiegel, altmodische Hängelampen an eisernen Ketten, braune, lederbezogene Bänke erinnern an Kirchenbänke. Die melancholische Musik im Hintergrund trifft auf das laute Lachen der Gäste. Geräuschlos läuft ein kleiner Fernseher mit Nachrichten, der an der Decke hängt. All das hat einen gewissen portugiesischen Charme, andererseits fallen die vielen Nationalitäten der Gäste auf.

Als sein Leben eine Wende nahm

Der Mann mit dem blau gestreiften Hemd, der freundlich bedient, ist Manuel Martins Ferreira Marco. Er erzählt, wie sein Leben eine Wende nahm. „Ich war noch nicht zehn, als ich anfing zu arbeiten. Ich arbeitete in einem Gemüseladen.“ Als sein Vater starb, Manuel war gerade zehn Jahre alt, begann er eine Arbeit auf einem Bauernhof. Über Bekannte erfuhr er von der Möglichkeit, nach Australien auszuwandern, wo Arbeiter gesucht und gut bezahlt würden. Als er 25 Jahre alt war, beschaffte er sich ein Einreisevisum, wozu er aber eine Qualifikation vorweisen musste. Deshalb hat er eine Miniausbildung von zwei Wochen in einer Marmorwerkstatt begonnen, wo er sich zwei Tage vor der Abfahrt durch einen Arbeitsunfall einen Finger abschnitt. Trotzdem bekam er das benötigte Zertifikat dieser Ausbildung und konnte einreisen. Verwundet traf er in einem fremden Land ein, dessen Sprache er nicht beherrschte und von dem er so gut wie nichts wusste, außer dass es dort gut bezahlte Arbeit gab.

Neben der Sydney Harbour Bridge

Seine erste Arbeitsstelle war ein Restaurant neben der 1150 Meter langen Sydney Harbour Bridge. Manuel Martins Ferreira Marco begann als Küchenhilfe. Teller und Geschirr waschen hieß es damals. Er war ehrgeizig, wollte viel dazulernen und strebte nach immer mehr Arbeit, bis er den Punkt erreicht hatte, wo er in einer Woche in vier verschiedenen Restaurants arbeitete, sowohl in der Küche als auch in der Bedienung. Sein enger Zeitplan sah nur noch wenig Freizeit vor, doch sein Schicksal präsentierte ihm außergewöhnliche Erlebnisse. Sein griechischer Chef gab ihm mehr und verantwortungsvollere Aufgaben, die er mit Eifer und Freude erfüllte. So kam er unter anderem in die Position eines Kochs. Er lernte, besondere Nachspeisen zuzubereiten, die er heute noch in seinem Restaurant anbietet. Eines der Restaurants, in dem er arbeitete, lag genau gegenüber der University of New South Wales, wohin er immer mit dem Bus fuhr. Neben ihm saß des Öfteren der heutige Nobelpreisträger José Ramos-Horta, der für die Befreiung Osttimors gekämpft hat und damals an dieser Universität lehrte. Sie unterhielten sich manchmal auf Portugiesisch, aber zu einer Zeit, in der der Dozent noch nicht so bekannt war. In einem anderen Restaurant, das einem Aquarium glich, wurde ein Teil des Films „Das Piano“ von Jane Campion gedreht. Dort bediente Ferreira Marco bekannte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel die australische Rugby-Mannschaft, den Formel-1-Fahrer Niki Lauda, australische Minister und sogar den Premierminister.

Welche Nation viel ausprobieren will

Nach fünfzehn Jahren kehrte er nach Portugal zurück, wo er sein eigenes Restaurant namens „O Adriano“ eröffnete und dort täglich, außer sonntags, mittags und abends bis 21.30 Uhr seine Gäste bewirtet. Seine Spezialität ist die portugiesische Hausmannskost, beispielsweise im Ofen gerösteter Kabeljau mit kleinen Pellkartoffeln, Rinderbraten im Tontopf, im Ofen gebackener Kabeljau mit Sahnesoße. Auch in Aveiro spricht sich seine gute Küche herum. Da das Restaurant neben dem Theater liegt, haben sich schon bekannte portugiesische Schauspieler und Künstler dort eingefunden. Auf die Frage, welchen Eindruck seine internationalen Kunden auf ihn machen, klassifiziert er die Deutschen, Niederländer und Skandinavier als eine offene Gruppe, die gerne verschiedene Gerichte ausprobieren will und relativ gut Englisch sprechen kann. Er hat das Gefühl, dass jede Nationalität unterschiedlich auf die traditionelle portugiesische Gastronomie reagiert. Einige mögen zum Beispiel keinen Tintenfisch, andere suchen nach vegetarischen Speisen, was hier etwas schwierig ist. Außer Gemüsesuppe, Salat und Omelett gibt es da nur noch die Nachspeisen.

Es sei aber interessant, dass trotz der traditionellen Hausmannskost viele internationale Gäste das Restaurant immer wieder, auch nach vielen Jahren, besuchen, wenn sie nach Aveiro kommen. Die Loyalität reicht sogar über Generationen hinweg. Ferreira Marco scheint seine Arbeit zu genießen. An Ruhestand denkt er nicht, obwohl er in diesem Jahr 68 Jahre alt wird. Was aus seinem Restaurant werden wird, weiß er nicht. Seine erwachsenen Kinder arbeiten in anderen Berufen, seine Tochter lebt in Australien. Aber sowohl er als auch seine Frau bleiben ihrem „O Adriano“ treu.

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Heime und Pflegefamilien: 200.000 Kinder leben nicht bei ihren Eltern

Die Gründe für eine Unterbringung in einem Heim oder einer Pflegefamilie sind vielfältig. Im vergangenen Jahr waren rund 200.000 Kinder und Jugendliche betroffen – drei Prozent weniger als im Vorjahr. Der Rückgang hat vor allem einen Grund.

Die Zahl der jungen Menschen, die zumindest vorübergehend außerhalb ihrer eigenen Familie aufwachsen, ist gesunken. Im vergangenen Jahr lebten in Deutschland rund 122.700 in einem Heim und 87.300 in einer Pflegefamilie, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Das seien drei Prozent weniger als 2020. Die Zahl der Betroffenen sank damit den Statistikern zufolge das vierte Jahr in Folge.

Das sei vor allem darauf zurückzuführen, dass ehemals unbegleitet eingereiste Minderjährige – etwa Geflüchtete – die Heime oder Pflegefamilien, in denen sie untergebracht waren, nun verstärkt wieder verlassen. Die meisten der außerhalb ihrer Familie betreuten Kinder und Jugendlichen waren minderjährig. Fast die Hälfte (49 Prozent) war unter 14 Jahren, 20 Prozent galten als junge Erwachsene am Übergang in ein selbstständiges Leben. Kinder bis zum Alter von zehn Jahren wurden häufiger in Pflegefamilien betreut, danach überwog die Erziehung in einem Heim, wie das Bundesamt weiter berichtete.

Außerhalb der eigenen Familie erzogen wurden etwas mehr Jungen (54 Prozent) als Mädchen. Der Aufenthalt im Heim endete im Schnitt nach 21 Monaten, die Unterbringung in einer Pflegefamilie nach etwas mehr als vier Jahren oder 49 Monaten. Die Eltern der betroffenen Kinder und Jugendlichen waren in etwa jedem zweiten Fall (51 Prozent) alleinerziehend. Bei fast einem Fünftel oder 19 Prozent hatte Mutter oder Vater einen neuen Partner, bei 17 Prozent handelte es sich um zusammenlebende Elternpaare. Auffällig sei, so das Bundesamt, wie häufig sich die Betroffenen nahe dem Existenzminimum bewegten: „In 140.400 oder 67 Prozent aller Fälle lebten die jungen Menschen selbst oder ihre Herkunftsfamilien vollständig oder teilweise von Transferleistungen.“

Der häufigste Grund für eine Unterbringung in einem Heim oder bei Pflegeeltern war 2021 den Statistikern zufolge, dass die jungen Menschen als nicht ausreichend versorgt galten – etwa weil die Bezugsperson durch Krankheit ausfiel oder sie alleine aus dem Ausland eingereist waren. Als zweithäufigsten Grund nannte das Bundesamt Kindeswohlgefährdung etwa durch Vernachlässigung, körperliche oder sexuelle Gewalt sowie drittens eine eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern.

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Physiotherapeuten ohne Grenzen aus Slowenien


Lana Ritlop möchte in ihrem Leben Spuren hinterlassen. Viele Menschen möchten das, aber die 24-jährige Slowenin aus Murska Sobota hat viel dafür getan. „Mit den Eltern bin ich als Schülerin in den Ferien zum Beispiel nach Ägypten und Tunesien gereist. Dort habe ich sehr gruselige Erfahrungen gemacht“, erzählt sie, „weil das, was wir in der Schule über antike Geschichte und Sehenswürdigkeiten wie die Pyramiden gelernt haben, mit dem katastrophalen Leben vieler Menschen dort überhaupt nicht zusammenpasst.“ So habe sie schon als Kind darüber nachgedacht, wie sie helfen könne: „Ich hatte keine Lust, mir in Hotels die Sonne auf den Rücken brennen zu lassen und dabei zuzusehen, in welch elender Situation die Menschen leben mussten.“ Nach dem Abschluss der Mittelschule für Gesundheitswesen in Murska Sobota fasste sie den Entschluss, Physiotherapie zu studieren und zukünftig das Reisen mit der praktischen Hilfe für Menschen zu verbinden. „Wir müssen verstehen, dass Gesundheit in Entwicklungsländern eine sehr wichtige Rolle spielt. Vor allem eine gesunde Körperfunktion. Die meisten Dinge, wie in der Landwirtschaft, werden nicht von Maschinen, sondern immer noch von Hand erledigt. Und dabei spielt Physiotherapie eine sehr wichtige Rolle.“

„Zum Glück habe ich nicht aufgegeben“

In ihrem ersten Studiensemester an der privaten Universität Alma Mater Europaea in Maribor reiste sie 2018 über die slowenische Agentur „Travel as volunteer“ für vier Wochen nach Gambia, nur mit Basiswissen in Erster Hilfe und Physiotherapie. „Ich habe dort in einem Krankenhaus sofort gelernt, mit wie wenig ich schon viel helfen kann, über Improvisation, Empathie, einen respektvollen und ehrlichen Umgang miteinander. Es war von Beginn an ein Geben und Nehmen.“ Dies brachte die junge Studentin auf die Idee, ein Projekt zu starten, um für ihr Engagement eine Zukunftsper­spektive aufzubauen. „Das ganze Jahr 2019 habe ich dann mit der Arbeit daran verbracht“, berichtet sie stolz, „und Gott sei Dank habe ich nicht aufgegeben.“ Vier Jahre nach dem Start ist das Projekt Teil der Organisation der Studentenvereinigung der Alma Mater Europaea. So spart Lana Ritlop Zeit und Geld für eine eigene Administration. Ihr Projekt nennt sie „Physiotherapeuten ohne Grenzen“.

Das war toll zu erleben

2020 organisierte und leitete sie ein Projekt für fünf Studentinnen der Alma Mater in Gambia, in dem Krankenhaus, in dem sie ihre Arbeit angefangen hatte. 2021 waren schon zwei Gruppen im Einsatz, eine drei Wochen in Gambia, die andere drei Wochen in Ghana, 14 Studentinnen waren in Afrika dabei. Gleichzeitig arbeiteten rund 100 Studentinnen des Projekts in slowenischen Einrichtungen für Rehabilitation. Eva Menhart gehört seit 2021 zum Team. Die 22-jährige Physiotherapie-Studentin ist begeistert: „Es ist einfach toll zu erleben, dass ich mit meinem Einsatz sehr viel helfen kann und dabei selbst viel lerne. Zum Beispiel richtet man sich in Gambia und Ghana kaum nach der Zeit. Kaum jemand hat eine Uhr. Aber die Menschlichkeit steht im Vordergrund, der Respekt, gegenseitige Wertschätzung.“ Das erlebe sie auch in der knappen Freizeit, die hauptsächlich mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Krankenhäusern verbracht werde.

„Wir sind für jeden Euro dankbar“

Ritlop und Menhart sind ein eingespieltes Team. „Wir fokussieren uns auf manuelle Physiotherapie, weil man dazu nur praktisches Wissen und physische Fähigkeiten und keine teuren Geräte braucht.“ Lana Ritlop konzentriert sich dazu zum Beispiel in ihrer Ausbildung und Praxis auf die neurologische Rehabilitation durch verschiedene Techniken, auch die alternative „Cranio Sacral Therapie“, eine „Anregung des freien Durchflusses des Liquors vom Gehirn in den Rückenmarkskanal“, und Eva Menhart auf die „Stärkung von systemischen Strukturen des Körpers, zum Beispiel im Zusammenspiel von Skelett und Muskulatur“.

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Waffengewalt auf dem Höchststand: 16-Jähriger in Schweden erschossen

Schweden bekommt sein immenses Kriminalitätsproblem nicht in den Griff. Nie zuvor starben innerhalb eines Jahres so viele Menschen durch Schusswaffen. Nun wird ein Jugendlicher erschossen aufgefunden. Die Regierung kündigt Konsequenzen an.

In Schweden ist ein 16-jähriger Junge erschossen worden. Er wurde am späten Dienstagabend leblos auf einem Radweg in der Kleinstadt Sandviken gefunden und in der Nacht im Krankenhaus für tot erklärt, wie die Polizei mitteilte. Mordermittlungen wurden eingeleitet, festgenommen wurde noch niemand. Sandviken liegt ungefähr 160 Kilometer nordwestlich von Stockholm.

Schweden hat seit längerem ein gehöriges Problem mit kriminellen Gangs, insbesondere mit der von ihnen ausgehenden Schusswaffenkriminalität. 2022 wurden in dem skandinavischen EU-Land bereits so viele Menschen erschossen wie noch nie innerhalb eines Jahres – der 16-Jährige ist das insgesamt mindestens 54. Todesopfer seit Jahresbeginn.

Der neue schwedische Regierungschef Ulf Kristersson hat versprochen, dem Kampf gegen schwere Kriminalität und Banden oberste Priorität einzuräumen. Es werde dafür neues Geld und neue Gesetze geben, kündigte er am Morgen im Parlament in Stockholm an. Prävention solle Hand in Hand mit der Verbrechensbekämpfung gehen.

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Operationssimulatoren aus der Schweiz


Wenn ein Pilot seine Ausbildung beginnt, muss er erst mal viele Stunden im Flugsimulator verbringen. Doch wie kann ein Chirurg seine Fähigkeiten trainieren? Auch für Chirurgen gibt es Simulatoren, mit denen sie vor einer Operation am Patienten Eingriffe erproben können. Es gibt weltweit nur einige wenige Firmen, die diese Simulatoren entwickeln und herstellen. Raimundo Sierra ist Vorstand und Mitgründer der Schweizer Firma VirtaMed, eines der führenden Unternehmen in dem Bereich. Er hat einen Forschungshintergrund in me­dizinischer Bildverarbeitung. Aber das Di­­gitale lag dem 44-Jährigen mit den grau melierten Haaren und der rahmenlosen Brille nicht immer so nahe.

Der erste von 16 Doktoranden

Der Vater von zwei Kindern erinnert sich an seinen Studienbeginn Mitte der 1990er-Jahre: „Eine der ersten Aufgaben an der ETH war: Programmiere deine ei­gene Website. Dabei musste ich erst mal schauen, wo man einen Computer an­stellt. Wir hatten zu Hause davor nie ei­nen.“ Mit dem Master als Elektroingenieur kam Sierra 2001 zu einem Projekt der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, das zum Ziel hatte, einen realistischen Simulator für Chirurgen zu entwickeln. Er war der erste von 16 Doktoranden. Damalige Simulatoren waren einfach und noch nicht mit echten Operationen vergleichbar. Am Ende des sechsjährigen Projekts entschieden sich sechs der Teilnehmer, eine Firma zu gründen, die das entwickelte Produkt herstellen und vermarkten würde. So entstand VirtaMed. Mit diesen Geräten, eine Art Flugsimulator für Ärzte, können angehende Chirurgen Eingriffe erlernen und ihre Leistungen werden automatisch bewertet. An einem nachgebildeten Körperteil wird mit echten Operationsinstrumenten gearbeitet. Wie bei einer OP sieht der Arzt auf einem Bildschirm den Blick aus der Kamera ins Innere des Körpers. Alles auf dem Bildschirm wird si­muliert, der Arzt verändert die Stellung seiner virtuellen Instrumente durch Be­wegung der re­alen.

Im Büro geht es zuweilen seltsam zu

Heute werden Geräte für verschiedene Operationen, zum Beispiel in der Orthopädie oder Laparoskopie, ange­bo­ten. An jedem der Simulatoren können verschiedene Trainings durchgeführt wer­­­den. „Wir sind kein Start-up mehr, aber auch noch keine große Firma“, sagt Sierra. „Deshalb geht es im Büro in Schlieren bei Zürich zuweilen auch seltsam zu: An manchen Tagen landen so­wohl Fragen über Kaffeemaschinen als auch über große Aufträge auf meinem Schreibtisch. Man sieht dies auch in der Verteilung der Mitarbeiter, denn etwa die Hälfte arbeitet in der Forschung und Entwicklung. In großen Pharmafirmen ist dieser Anteil viel geringer.“

Ein Problem bestehe darin, dass es in den meisten Ländern im medizinischen Bereich keine Vorschriften zu einer Ausbildung am Simulator gibt. Im Gegensatz zu Piloten, die verpflichtet sind, im Flug­simulator zu trainieren, müssen Ärzte keine Erfahrungen an einem Simulator vorweisen. „Ich hoffe, dass simulationsbasiertes Training zum Standard wird; dadurch würden die Ausbildung und Be­handlungen verbessert – und natürlich würde uns das auch helfen“, sagt Sierra. Er schätzt es, wenn jemand eine Idee hat und sich stark dafür einsetzt, sie umzusetzen. „Ein Team hatte zum Beispiel die Idee, dass man während der Pandemie eine Art Besuchs-Truck machen könnte, das hat mich sehr begeistert. Mit diesem Truck fuhren wir zu verschiedenen Spitälern, um die Produkte auch während der Pandemie vorzeigen zu können. Natürlich gab es dabei Anfangsschwierigkeiten, das hat sehr viele Emotionen hervorgerufen, aber diese Art Unternehmergeist innerhalb der Firma motiviert mich.“

Erst wurde er Unternehmensberater

Nach der Gründung hat Sierra sich nicht sofort für die aktive Mitarbeit entschieden, sondern war Unternehmensberater und später Leiter für Digitalisierung bei einem Agrarunternehmen. „Als Programmierer will man immer alles perfekt definieren können, denn der Computer versteht es sonst nicht. Mit Menschen geht das aber nicht, wir sind chaotische Wesen und funktionieren nicht wie ein Computer. Meine Erfahrungen als Berater sind auch jetzt noch sehr wertvoll.“ Ehrgeizig sagt er: „Wir wollen zeigen, dass mit unseren Geräten die bessere Ausbildung möglich ist.“

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„Deutschlands beste Ausbilder“: Unternehmen müssen bei Azubis nachlegen

Viele Unternehmen suchen dringend Auszubildende – und finden sie nicht. Angesichts der eklatanten Personalnot müssen sie sich ins Zeug legen. Mit welcher Strategie sie versuchen bei der Jugend zu punkten, verrät unter anderem der Rüstungskonzern Rheinmetall.

Wo ist das Personal? Das ist eine der drängendsten Fragen der deutschen Wirtschaft. Überall fehlen Fachkräfte, Hilfskräfte und auch Auszubildende.

Die Personalnot in Deutschland zwingt Unternehmen, ihre Nachwuchskräfte schon zum Start der Ausbildung mit besseren Karrierechancen zu locken, um sie an sich zu binden. Nach der jüngsten Studie „Deutschlands beste Ausbilder“ des Wirtschaftsmagazins „Capital“ geben 97 Prozent der Unternehmen an, frühzeitig Gespräche über Einsatzmöglichkeiten nach der Ausbildung zu führen. 91 Prozent ermöglichen Weiterbildung. Und 54 Prozent bieten den Azubis an, sie auch dann wieder einzustellen, falls sie sich nach der Ausbildung noch für ein Studium entscheiden.

Diesen Trend bestätigen Ausbilder, die in Interviews ausführlich befragt wurden. Um etwa die besonders große Personalnot in der Gastronomie in den Griff zu bekommen, hat Anke Maas, Personalleiterin der Leonardo Hotels, zusammen mit der privaten Universität IU in Bad Honnef den neuen dualen Studiengang Culinary Management ins Leben gerufen: eine Kombination aus Fachausbildung zum Koch und betriebswirtschaftlichem Studium. „Ich habe sehr bedauert, dass dieser wunderbare Beruf so ein schlechtes Image hat, und nach Wegen gesucht, um ihn aufzuwerten und den Absolventen auch noch mehr Karriereoptionen zu ermöglichen“, so Personalexpertin Maas.

Die Personalnot ist in manchen Branchen so groß, dass der Betrieb heruntergefahren oder vorübergehend ganz dichtgemacht werden muss. Personalverantwortliche setzen alle Hebel in Bewegung, um Nachwuchs zu finden – und zu binden. „Etwa 30 Prozent der heutigen Belegschaft verabschieden sich in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand“, sagt Anja Fiedler, Ausbildungsleiterin der Stadtwerke Kiel. Sie garantiert allen Auszubildenden, die die Abschlussprüfungen meistern, die Übernahme. Das machen bislang laut Studie aber nicht mal die Hälfte der Unternehmen.

Pflege ermöglicht Karriere

Beste Karrierechancen haben Auszubildende laut der Studie in der Pflege. 56 Prozent der teilnehmenden Unternehmen aus dem Pflegebereich gaben an, dass die Nachwuchskräfte bei ihnen häufig eine Leitungsposition übernehmen können, ohne dafür unbedingt noch ein Studium nach der Ausbildung anschließen zu müssen. Das hebt sich deutlich von den Angaben der Personalverantwortlichen in gewerblich-technischen und kaufmännischen Berufen ab. Schlusslicht hierbei sind Unternehmen im IT-Bereich, wo nur in 40 Prozent der Fälle eine Führungsposition ohne Weiterbildungen möglich ist.

Die Ausbilder sind gefordert, ihre Konzepte stetig zu verbessern. Immer mehr lassen ihre Leistungen auch messen: 751 Unternehmen haben an der sechsten großen „Capital“-Studie zu „Deutschlands besten Ausbildern“ teilgenommen. Die Umfrage lief von Ende März bis Ende Mai dieses Jahres. In den Unternehmen, die sich beteiligt haben, arbeiten insgesamt rund vier Millionen Angestellte, mehr als 100.000 Auszubildende und knapp 24.000 dual Studierende. Teilgenommen haben DAX-Konzerne, Behörden, viele Mittelständler und Handwerksbetriebe. Alle mussten einen detaillierten Fragenkatalog beantworten und sind nach denselben Kriterien bewertet worden.

Besonders ins Zeug gelegt hat sich Rheinmetall: Der Rüstungskonzern hat für sieben seiner Ausbildungsstandorte die Studie durchführen lassen. Hat ein Unternehmen, das Panzer und andere schwere Waffen baut, besondere Schwierigkeiten, junge Leute zu finden?

„Wirtschaft ist Gesellschaft“. Unter diesem Motto beleuchtet das Wirtschaftsmagazin Unternehmen und Organisationen sowie die Menschen, die für sie arbeiten. Und schafft so neue Perspektiven. Wir finden den Ansatz gut. Deshalb kooperiert ntv.de mit „Capital“.

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„Wir fangen schon beim Vorstellungsgespräch an. Wir fragen, wie die moralische Haltung dazu ist, wie die Familie es sieht und wie jemand zum Thema Rüstung steht“, sagt Thomas Meyer, Ausbildungsleiter am Standort Unterlüß in Niedersachsen. Mitten in der idyllischen Heidelandschaft zwischen Hamburg und Hannover stehen moderne Schützenpanzer vom Typ „Puma“ in den Werkshallen, aber auch die generalüberholten „Marder“, die demnächst vielleicht in der Ukraine gegen den Angreifer Russland zum Einsatz kommen. „Das Produkt ist interessanter als in anderen Unternehmen“, sagt der 20-jährige Jan Hoppenstedt, der hier zum Industriemechaniker ausgebildet wird.

Die Auszubildenden loben die Abwechslung in den Lehrgängen, die vielen Abteilungen, in die sie Einblick bekommen, die Technik, die zum Vorschein kommt, wenn man einen 43 Tonnen schweren Panzer in seine Einzelteile zerlegt. Der Standort Unterlüß von Rheinmetall hat in der Ausbilder-Studie 20 von 25 möglichen Punkten bekommen, für die Duale Ausbildung 21 von 25 Punkten.

Die Studie ist in Zusammenarbeit mit der Talent-Plattform Ausbildung.de und den Personalmarketing-Experten von Territory Embrace erstellt worden. Sie bietet eine deutschlandweite Übersicht der „Besten Ausbilder Deutschlands“ nach Regionen und Berufsgruppen. Teilnehmen konnten Firmen, die mindestens fünf Auszubildende oder drei duale Studenten beschäftigen. Detaillierte Analysen finden sich auf capital.de/Beste-Ausbilder.


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Operationstechnischer Assistent


Wer kennt sie nicht, die amerikanische Kultserie „CSI: Vegas“, die mehr als 15 Jahre lang über unsere Bildschirme lief. Ein Team forensischer Spezialisten der Polizei untersucht Tatorte und analysiert verschiedene Spuren, die von den Tätern und deren Opfern hinterlassen werden. Die Serie hatte viele begeisterte Zuschauer. Thorsten Martin Brandenburg inspirierte sie sogar zu seinem Berufswunsch. Der lebenslustige junge Mann arbeitete mehrere Jahre als Operationstechnischer Assistent und macht zurzeit zusätzlich ein Studium am Steinbeis-Transfer-Institut Medicine and Allied Health in Berlin, um Physician Assistant in der Orthopädie zu werden.

Im Krankenhaus Märkisch-Oderland

Alles begann im heimischen Wohnzimmer. „Ich habe damals immer CSI geschaut. Es war wirklich meine Lieblingsserie.“ CSI bedeutet Crime Scene Investigation, auf Deutsch Spurensicherung. „Damals entstand auch der Traum, Gerichtsmediziner zu werden, weil er in der Serie für mich immer der Coolste war.“ Doch Thorsten Brandenburgs Traum zerschlug sich aufgrund der strengen Zulassungsbeschränkungen für das Medizinstudium. „Aber dann wurde ich durch ein Familienmitglied auf den Beruf des Operationstechnischen Assistenten aufmerksam gemacht. Da dies ein Ausbildungsberuf ist, war das meine Chance, so nah wie möglich an meinen eigentlichen Traum heranzukommen. Ich machte ein Praktikum im Krankenhaus Märkisch-Oderland und beendete das mit einem Ausbildungsplatz im Betriebsteil Wriezen in der Tasche.“ Seine Ausbildung begann im März 2014, er schloss sie nach drei Jahren ab.

„Besonders schön ist es, wenn man Dankesbriefe erhält“

Ein Operationstechnischer Assistent ist verantwortlich für die Sterilität der medizinischen Geräte und Instrumente, er bereitet alle Materialien und Instrumente vor und sorgt für die Ordnung im Operationssaal, bevor der Patient überhaupt in die Narkose versetzt wird. Auch 24 Stunden Bereitschaftsdienst sind Teil dieses Jobs. „Viele können sich das nicht vorstellen, 24 Stunden auf der Arbeit zu sein und rund um die Uhr einsatzbereit zu sein. Aber ich habe es sogar genossen“, sagt der 26-Jährige. „Vor allem Menschen zu helfen, bei der Genesung mitzuwirken oder zumindest Besserung zu schaffen erfüllt mich sehr. Andererseits liebe ich auch die Action im Operationssaal, wenn es bei lebensgefährlichen Situationen ganz schnell gehen soll. Es wird echt nie langweilig, denn jeder Patient ist einzigartig. Da muss man sehr flexibel sein.“ Es kommt auch zu schwierigen Situationen: „Jede größere Blutung ist eine heikle Situation, bei der man sowohl als Operateur als auch als Assistenz ruhig bleiben muss. Besonders schlimm ist es, auch wenn es in unserem Haus zum Glück selten vorkommt, wenn Patienten im OP versterben. Ich musste auf unserer Station leider schon zehn Tode miterleben. Auch wenn das vergleichsweise wenig ist, ist jeder Tod trotzdem tragisch. Aber selbst daraus lernen wir, nicht nur durch die Erfolge, sondern auch durch die Misserfolge. Es werden die Situationen analysiert, und wir beraten gemeinsam, was wir anders machen können, damit es nächstes Mal besser ausgeht. Dazu zählen zum Beispiel Weiterbildungen, um noch besser vorbereitet zu sein.“ Er erzählt auch von Erfolgserlebnissen. „Besonders schön ist es, wenn man Dankesbriefe von Patienten erhält, nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden sind. In denen berichten sie uns, wie gut es ihnen nun geht und wie freundlich wir alle waren. Aber auch wenn sich ein Patient wortlos verabschiedet, ist es dennoch schön zu sehen, dass es ihm besser geht.“

Haken halten, Wunden nähen

Die Gelegenheit zu ergreifen, sich zum Physician Assistant, also zum Arztassistenten weiterzuentwickeln, war für Thorsten Brandenburg gar keine Frage: „Dieser Beruf war noch näher an meinem ursprünglichen Berufswunsch. Ich habe jetzt mehr Kontakt zum Patienten. Das ist eine große Änderung für mich. So führe ich beispielsweise Aufnahmegespräche, bereite Untersuchungen vor und führe einfache Untersuchungen selber durch. Ich gehöre jetzt auch zum operierenden Ärzteteam. Das heißt, ich kann jetzt mitoperieren, ich halte die chirurgischen Haken oder nähe auch Wunden.“ Nun ist er zwar nicht der coole Gerichtsmediziner aus Las Vegas geworden, aber findet trotzdem eine Menge Erfüllung und Freude in seinem Beruf.

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Denn sie sind nur das: Menschen!

Zum neunten Mal ist im Jüdischen Museum Berlin der Rolf Joseph Preis verliehen worden. Im Gedenken an den 2012 gestorbenen Holocaustüberlebenden Rolf Joseph werden mit ihm jedes Jahr Schülerprojekte ausgezeichnet, die sich auf herausragende Weise mit Themen des deutsch-jüdischen Lebens „damals und heute“ beschäftigen. „Damals“, darunter wird oft das düsterste Kapitel in dieser Beziehungsgeschichte verstanden – die Beiträge zu den ausgelöschten Biographien hinter Stolpersteinen oder zum menschenverachtenden Alltag in KZ-Lagern sind Jahr ums Jahr erschütternd und mahnen allen neuen, insbesondere neokolonialistischen Aufrechnungstendenzen zum Trotz die Notwendigkeit an, sich die einzigartige Leidensgeschichte deutscher Juden immer und immer wieder deutlich vor Augen zu führen.

Simon Strauß

Redakteur im Feuilleton.

Aber es geht dem Preis auch darum, die Beschäftigung mit dem Leben deutscher Jüdinnen und Juden „heute“ zu fördern. Einsendungen zu motivieren, die sich den vielfältigen Riten und Festen innerhalb der jüdischen Tradition widmen oder ganz direkt von der Begegnung mit gleichaltrigen Jüdinnen und Juden berichten.

Initiiert wurde der Preis von der Joseph Gruppe e. V., einer Vereinigung von ehemaligen Berliner Schülerinnen und Schülern, die während ihrer Schulzeit selbst die Bedeutung einer handfesten Auseinandersetzung mit der jüdischen Geschichte jenseits des Lehrplans erfuhren und sich über Jahre hinweg mit dem Holocaustüberlebenden Rolf Joseph zum Gespräch trafen. Aus den Erlösen einer Biographie, die die Schülergruppe über ihn verfasste, wurde der Preis ursprünglich gestiftet. Mittlerweile hat die Joseph Gruppe weitere Förderer an ihrer Seite – unter anderem die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft und auch die F.A.Z., auf deren „Jugend schreibt“-Seite die Gewinnerbeiträge veröffentlicht werden.

Facetten jüdischer Identität

In diesem Jahr wurden aus über fünfzig Einsendungen drei sehr unterschiedliche Beiträge ausgewählt und nun im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Jüdischen Museum ausgezeichnet. Den dritten Platz erhielt die 6. Klasse der Findorff-Realschule Bremervörde für die Erstellung eines „Gallery-Walks“ zu verschiedenen Facetten jüdischer Identität. Angeregt durch einen Artikel in der Lokalzeitung zu den Verschleppungen von Juden in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, hat die Klasse außerdem eine szenische Darbietung von Ilse Webers Wiegenlied „Wiegala“ erarbeitet, das die Autorin geschrieben hatte, kurz bevor sie zusammen mit ihrem Sohn in Auschwitz ermordet wurde.

Mehr Normalität fordert der junge jüdische Festredner Yan Wissmann





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Rolf Joseph Preis
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Rolf Joseph Preis vergeben

Eher gesellschaftspolitisch orientiert war der Beitrag der 10. Klasse der Albert-Einstein-Schule Schwalbach/Taunus, die mit ihrer filmischen Dokumentation „Na, alles koscher?!“ den zweiten Platz belegte. In einer aufwendig geschnittenen Filmreihe stellt die Klasse einerseits verschiedene Repräsentanten der jüdischen Community aus dem Frankfurter Raum vor (etwa die Ardinast-Brüder oder den Gabbai der Westend-Synagoge), andererseits konfrontiert sie ihr Publikum auf charmante Weise mit ihrer eigenen Unkenntnis. Wie lebt man glattkoscher? Was unterscheidet eine Kirche von einer Synagoge? Woher kommt der Ausdruck „Schmiere stehen“ – vom hebräischen „Schmira“, der „Wache“. Mit ihren vielseitigen kurzen Dokumentarfilmen unterstreicht die 10. Klasse, dass Jüdischsein eben nicht einfach gleichzusetzen ist mit einem religiösen Bekenntnis, sondern sich dahinter immer auch ein Wimmelbild aus Sprache, Kultur und Geschichte verbirgt.

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Bei Messe Rücken zugekehrt: Kölner Ministranten düpieren Kardinal Woelki

Eigentlich sieht die Rolle des Messdieners keine Unmutsbekundungen vor. Doch rund 150 Jugendliche wollen Kardinal Woelki in Rom nicht mit „Friede, Freude, Eierkuchen“ davonkommen lassen. Während er seine Predigt hält, drehen sie dem umstrittenen Geistlichen einfach den Rücken zu.

Bei einem Gottesdienst des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki in Rom ist es zu einer Protestaktion von Ministranten gekommen. Während der Erzbischof am Montagabend in einer Basilika vor fast 2000 Messdienern aus seiner Diözese die Predigt hielt, drehten sich viele Dutzend von ihnen um und kehrten Woelki den Rücken zu. Das berichteten Kölner Medien, darunter auch das Portal domradio.de, das vom Bildungswerk der Erzdiözese betrieben wird.

Die rund 2000 Ministranten und Ministrantinnen, die sich auf einer Wallfahrt nach Rom und Assisi befanden, waren zur Messe in die Basilika „St. Paul vor den Mauern“ gekommen. Als Woelki dann predigte, standen laut domradio.de 150 bis 200 Jugendliche auf und kehrten dem Erzbischof vor dem Altar den Rücken zu. Die Aktion ist auch auf einem Video zu sehen. Woelki unterbrach dann seine Predigt und wandte sich an die Protestierenden. Danach wurde die Messe fortgesetzt.

Der Kardinal steht wegen seines Umgangs mit Missbrauchsskandalen in Köln schon lange heftig in der Kritik und unter Druck. Sehr viele Katholiken bewerten die Situation in der Domstadt als untragbar. Woelki hatte dem Papst auf dessen Anweisung hin vor Monaten ein Rücktrittsgesuch übermittelt. Vom Oktober 2021 bis März 2022 nahm sich Woelki auf Anweisung des Oberhauptes der katholischen Kirche eine Auszeit. Franziskus entschied bislang nicht über die Zukunft des Erzbischofs; dieser will sein Amt nur bei einer Abberufung aufgeben.

„Ein bisschen schwierig“

Nach dem Vorfall in Rom sagte Woelki bei domradio.de, dass er die Art und den Zeitpunkt des Protestes nicht gut fand. Die Jugendlichen hätten es „sicherlich aus ihrer Perspektive heraus gut gemeint“. Er kritisierte aber, „dass man den Gottesdienst dafür nutzt“ und nannte die Aktion „ein bisschen schwierig“. Schon während der Messe hatte Woelki den jungen Leuten gesagt, dass Jesus den Menschen nie den Rücken zugekehrt habe. „Es ist jetzt so gewesen. Und jetzt müssen wir das so hinnehmen“, bemerkte der 66-Jährige abschließend.

Teilnehmer der Wallfahrt sagten domradio.de, sie wollten nicht, dass der Eindruck entstehe, in Rom sei alles „Friede, Freude, Eierkuchen“. Die Ministranten hätten in der Regel „keine Stimme, keinen Verband“, der für sie sprechen kann. Die Unruhe im Erzbistum habe auch Folgen für die Messdienerarbeit, darauf habe diese Aktion aufmerksam machen wollen. Eine andere Teilnehmerin sagte dagegen, sie habe die Situation als anstrengend empfunden: „Ich habe nie etwas gegen Proteste an sich. Aber meine ganze Gruppe und ich fanden dies dafür den falschen Anlass.“ Die Stimmung sei die ganze Zeit angespannt gewesen, jeder habe gemerkt, dass etwas nicht stimme.

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Mehr als 1,8 Millionen Kinder: Fast jeder fünfte Schüler erlebt Cybermobbing

Wegen Homeschooling und Lockdowns in der Corona-Krise verbringen Jugendliche sehr viel Zeit online – und das hat Folgen: Einer Studie zufolge ist knapp ein Fünftel der Schüler und Schülerinnen seit Beginn der Pandemie von Cybermobbing betroffen. Eltern und Lehrkräfte bestätigen die Entwicklung.

Mehr als 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von Cybermobbing betroffen. Das sind 16,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler und damit fast jede oder jeder Fünfte, wie aus einer Studie der Techniker Krankenkasse und des Bündnisses gegen Cybermobbing hervorgeht. Die Corona-Krise habe das Problem noch weiter verschärft. Demnach sank der Anteil der Schülerinnen und Schüler zwischen 8 und 21 Jahren, die nach eigenen Angaben schon einmal von Cybermobbing betroffen waren, im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2020 zwar leicht. Vor zwei Jahren hatte er bei 17,3 Prozent gelegen. Die Zahl liegt aber weiterhin auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2017, vor der Corona-Pandemie, betrug der Anteil noch 12,7 Prozent.

Mit 65 Prozent gaben rund zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler demnach an, dass Cybermobbing seit der Corona-Krise zugenommen habe. Ähnlich sehen es die Eltern sowie die Lehrerinnen und Lehrer mit jeweils 46 Prozent. „Homeschooling und Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie haben dafür gesorgt, dass Kinder und Jugendliche noch mehr Zeit online verbringen“, erklärte TK-Chef Jens Baas. „Somit werden auch Konflikte häufiger über das Internet ausgetragen.“ Die Mobbingopfer leiden laut der TK unter körperlichen Beschwerden wie Kopf- oder Magenschmerzen und vor allem unter psychischen Auswirkungen wie beispielsweise Angst- und Schlafstörungen sowie Niedergeschlagenheit oder Depressionen.

Der Umfrage zufolge fühlten sich die Opfer von Cybermobbing vor allem verletzt. Dies waren 58 Prozent. 40 Prozent reagierten mit Wut, und mit 34 Prozent gab ein gutes Drittel an, verängstigt zu sein. Mit 15 Prozent griff jede oder jeder Sechste nach eigenen Angaben aus Verzweiflung schon einmal zu Alkohol, Tabletten oder Drogen, mit 24 Prozent äußerte fast jedes vierte Opfer Suizidgedanken. Die schulischen Präventionsangebote gingen im Vergleich zur Vorgängerstudie stark zurück. Es gibt jeweils 40 Prozent weniger Schulungen, die gezielt Strategien zum Umgang mit Cybermobbing vermitteln, sowie Antigewalttrainings. Befragt wurden von Mai bis Juli dieses Jahres bundesweit 355 Lehrkräfte, 1053 Eltern sowie 3011 Schülerinnen und Schüler.

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