Kategorie -Jugendliche

Junge Schiedsrichterin pfeift auch Eltern zurück


Geh heim, stricken!“ Diese Beleidigung muss sich die 21-jährige Janika Balzer während eines Fußballspiels anhören. „Ich war in dem Moment so perplex und dann im Spiel auch nicht in der Verfassung, um zu sagen, dass dieser Mann bitte das Sportgelände verlässt“, blickt die junge Frau entrüstet zurück. Das Verweisen vom Sportgelände steht zwar in ihrer Macht, sie hat davon allerdings noch nie Gebrauch gemacht. Janika muss sich den Respekt der Spieler erarbeiten. Wenn die Schiedsrichterin das Spielfeld betritt, hört sie bereits das erste „Ui, das ist eine Frau“. Dass Spieler, gerade in den unteren Ligen, sie und ihr Äußeres so abchecken, lässt sich nicht vermeiden. Trotzdem steht sie in der Frauen- und Männerliga bei bis zu 70 Spielen in der Saison auf dem Platz. Die Rettungssanitäterin ist seit sechs Jahren Schiedsrichterin. „Ich habe mich damals zur Schiedsrichterausbildung angemeldet, um meinen Opa stolz zu machen“, erklärt sie lächelnd. Er ist so ziemlich der wichtigste Mensch in ihrem Leben und war selbst lange Schiedsrichter. Ihr Opa hat sie zu jedem Spiel gefahren, war ihr Coach und Rückhalt. Wenn kränkende Sprüche kamen, ist er zu den Leuten gegangen und hat sie zur Rede gestellt. Ohne ihn hätte es nur halb so viel Spaß gemacht, und sie wäre viel öfter nach einem Spiel traurig nach Hause gefahren. Fußball ist für sie weit mehr als nur ein Hobby, und sie hat dadurch auch viele neue Freunde gefunden.

Zornige Gesten und böse Kritik

Es ist früh am Morgen. Nebel zieht noch über den Fußballplatz. Diesen Samstag ist Janika wie bei jedem Wetter auf dem Platz und pfeift das Spiel einer A-Jugend. Sie trägt ein schwarzes Langarmshirt, darüber ein neonorangefarbenes T-Shirt sowie eine kurze schwarze Sporthose. Die langen braunen Haare hat sie zu einem Dutt gebunden. Sie steht am Mittelpunkt und pfeift das Spiel an. Der Geruch von Bratwürstchen zieht über das Spielfeld und den Zuschauerraum. Der Jubel, das Aufspringen bei einem Tor, die lautstarken Motivationsrufe, aber auch das verärgerte Geschrei, das zornige Wegwerfen der Handschuhe, die Kritik der Zuschauer an den gegnerischen Spielern ertönen während des gesamten Spiels. Die Stimmung ist aufgeheizt. „Die Zuschauer haben bis zu einer gewissen Grenze einen Freifahrtschein“, erklärt die junge Frau. Es sind auch eher die Zuschauer, die frauenfeindliche Sprüche rufen, wie „Warum meinen Frauen immer eine Extrabehandlung bekommen zu müssen? Richte deine Scheißaugen endlich aufs Spielfeld!“ Über den Zuschauer, der das gesagt hat, hat sie nach dem Spiel einen Bericht geschrieben. Solche Aussagen haben sich summiert, und ab einem gewissen Punkt kann man dieses Verhalten auch nicht mehr tolerieren.

Es ist verständlich, dass viele junge Mädchen bei solch einem Gebaren den Spaß verlieren. Das führt dazu, dass es noch weniger Schiedsrichterinnen gibt, als es vielleicht geben würde, wenn die frauenfeindlichen Kommentare und die böse Kritik aufhören würden, erklärt Janika ernst. Vor allem in den unteren Ligen haben zum Beispiel viele Eltern jegliche Vorbildfunktion verloren, sagt sie. Allerdings muss man diese Phase durchlaufen, um später in den höheren Ligen zu pfeifen. „Man kämpft für Gruppenligaspiele und nicht dafür, sich in der Jugend von den Eltern der Spieler beleidigen zu lassen.“ Wenn man das erreicht habe, mache das Schirisein erst richtig Spaß.

Sie assistierte beim DFB-Pokalspiel Katrin Rafalski

Die 21-Jährige hatte 2022 die Chance, bei einem DFB-Pokalspiel Katrin Rafalski, einem ihrer größten Vorbilder, zu assistieren. Rafalski assistierte in mehreren Frauen-WM-Spielen, sie pfeift als Assistentin auch in der 2. Fußball-Bundesliga als erst vierte Frau. Dies sind Momente, für die sie unflätige Kommentare in Kauf nimmt. Es ist als Frau, aber auch als Mann nicht leicht, so weit zu kommen. Jährlich müssen Schiedsrichter eine Prüfung über Situationsfragen ablegen. Janika freut es, dass sie für etwas, was ihr Spaß macht, auch noch bezahlt wird. Bei der 2. Frauenbundesliga erhält sie als Assistentin pro Spiel um die 125 Euro plus Fahrgeld. Sie verbringt einen großen Teil ihrer Freizeit, die ihr während der Ausbildung zur Notfallsanitäterin noch zur Verfügung steht, auf dem Platz und im Schiedsrichterraum. In dem kleinen Raum bereitet sie sich auf die Spiele vor, die Luft ist stickig. Es gibt einen Tisch mit zwei Stühlen, ein Waschbecken mit einem Spiegel, hinter einer Abtrennung sieht man eine kleine Dusche. Über der Tür hängt ein Schild mit der Aufschrift „Schiedsrichter“.

Vor dem Spiel kontrolliert Janika die Netze der Tore nach Löchern und das Spielfeld. Um sie herum wärmen sich die Spieler auf, sie passen sich den Ball zu, dehnen sich und joggen über den Platz. Nach dem turbulenten Spiel sitzt sie allein in der Kabine und füllt den Spielbericht aus. Dieser beinhaltet die geschossenen Tore, die vergebenen Karten und das Auswechseln der Spieler. Nachträglich kann keine im Spiel getroffene Entscheidung geändert werden, deshalb ist eine Diskussion mit den Trainern, Spielern oder Zuschauern nach dem Spiel auch Zeitverschwendung. Ein Lob allerdings, vor allem vom Verlierer-Team, ist besonders schön. Die Anerkennung tut gut, da jeder weiß, dass Schirisein ein schwerer Job ist. Dennoch wird die Schuld für ein verlorenes Spiel oft bei der Schiedsrichterin gesucht. „Trotz allem habe ich es nie bereut, dass ich begonnen habe, Schiedsrichterin zu werden.“

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Videos auf Instagram hochgeladen: Münchner Jugendbande quält und verprügelt zwei Mädchen

In München kommt es erneut zu einem Fall ausufernder Jugendkriminalität. Eine Gruppe Jugendlicher quält zwei Mädchen und raubt sie anschließend aus. Videos davon machen im Netz die Runde.

Eine Gruppe Jugendlicher soll in München zwei Mädchen über einen längeren Zeitraum mit Schlägen und Tritten attackiert und mit einem Messer bedroht haben. Die Vorfälle aus dem Juni dieses Jahres wurden nach Polizeiangaben gefilmt und auf Social-Media-Plattformen hochgeladen. Wie die Polizei mitteilte, hatte die Gruppe von fünf Jugendlichen zunächst eine 15-Jährige abgepasst und Geld von ihr gefordert, das sie einem Mädchen aus der Gruppe angeblich schuldete. Als sie sich geweigert habe, das Geld herauszugeben, sei sie geschlagen und getreten worden. Außerdem hätten die Jugendlichen ihr teure Kopfhörer weggenommen.

Daraufhin gingen alle sechs Jugendlichen in einen Park, wo sie auf eine 12 Jahre alte Bekannte der 15-Jährigen trafen, die von der Gruppe dann ebenfalls geschlagen wurde, wie die Polizei mitteilte. Die Jugendlichen – vier Jungen und ein Mädchen – hätten zudem Tausend Euro von dem Kind gefordert und beide Mädchen mit einem Messer bedroht.

Als die Gruppe mit ihren mutmaßlichen Opfern weiterziehen wollte, konnten die Mädchen den Angaben zufolge leicht verletzt entkommen. Demnach informierten sie ihre Eltern und diese wiederum die Polizei. Ein 17-Jähriger und eine 15-Jährige aus der Gruppe befanden sich nach dem Vorfall in Untersuchungshaft.

Polizei: Keine digitale Hetzjagd

Die Polizei rief dazu auf, Videos von dem Vorfall nicht weiter über die sozialen Netzwerke zu verbreiten, sondern an die Polizei weiterzuleiten. „Wir verstehen, dass ihr mit dem Teilen solcher Inhalte helfen möchtet, Tatverdächtige zu identifizieren. Allerdings werden dadurch die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verletzt“, twitterte das Polizeipräsidium München. „Wir wollen eine digitale Hetzjagd auf Täter und eine Bloßstellung der Opfer verhindern.“

Erst Anfang des Monats hatte der Fall eines Mädchens in München Schlagzeilen gemacht, das von sieben Mitschülerinnen und Mitschülern in einem Hinterhof in München geschlagen und beleidigt worden sein soll. Die sieben Verdächtigen sollen das Kind etwa zwei Stunden lang gequält haben. Vor allem zwei 13 und 14 Jahre alte Mädchen waren demnach an den Angriffen beteiligt. Sie hätten der Zwölfjährigen unter anderem Ohrfeigen gegeben und sie verbal angegriffen. Zudem werde ermittelt, ob an ihr auch Zigaretten ausgedrückt wurden.

Schon bevor der neue Fall bekannt wurde, hatte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich ein härteres Vorgehen gegen Jugendkriminalität angekündigt. Er stellt an diesem Freitag zusammen mit der Staatsanwaltschaft München I entsprechende Maßnahmen vor, die sich vor allem an Intensivtäter richten sollen. Laut Sicherheitsbericht des Polizeipräsidiums München ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren im vergangenen Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent auf 8533 gestiegen. Sie liegt allerdings immer noch um 4,3 Prozent unter der Zahl aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 (8912 Tatverdächtige). „Der Großteil schwerer und wiederholter Taten wird vorwiegend durch eine kleine Gruppe von Intensivtätern verübt“, sagte Eisenreich. „Diese haben Polizei und Justiz eng im Blick.“

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Temperaturen bei 38 Grad: Weltpfadfindertreffen durch Hitze gefährdet

Alle vier Jahre treffen sich Pfadfinder aus aller Welt zu einem riesigen Jugendcamp. Diesmal ist Südkorea das Ziel, doch wegen der hohen Temperaturen wächst die Sorge um die Gesundheit der Teilnehmenden.

Der Weltpfadfinderverband hat die Fortsetzung seines Camps für Zehntausende jugendliche Pfadfinder und Pfadfinderinnen wegen der extremen Hitze im Gastgeberland Südkorea infrage gestellt. Die Weltorganisation der Pfadfinderbewegung (WOSM) rief die Gastgeber dazu auf, „alternative Optionen“ zu prüfen, um die Veranstaltung World Scout Jamboree früher als geplant zu beenden.

Die Organisatoren hätten beschlossen weiterzumachen und versichert, „alles Mögliche zu tun, um die Probleme aufgrund der Hitzewelle zu bewältigen“, hieß es. Dazu wolle Südkorea zusätzliche Ressourcen bereitstellen. Staatspräsident Yoon Suk Yeol hatte angeordnet, unter anderem klimatisierte Busse sowie täglich Lastwagen mit ausreichend Eiswasser für die Teilnehmenden zum Camp an der Westküste zu schicken. Zahlreiche Teilnehmer mussten seit Beginn des weltgrößten Pfadfindercamps am 1. August wegen hitzebedingter Krankheitssymptome behandelt werden.

Der Aufruf des Weltverbands erfolgte nach der Ankündigung des britischen Pfadfinderkontingents, seine mehr als 4000 Teilnehmer abzuziehen und nach Seoul zu bringen. Auch der US-Verband beschloss, seine Mitglieder auf einen nahe gelegenen Militärstützpunkt bringen zu wollen.

Andere Verbände – darunter das deutsche Kontingent mit nach eigenen Angaben 2200 Pfadfindern – wollten dagegen im Camp bleiben. Man habe „selbst erfolgreich Maßnahmen ergriffen, um den Gesundheitsschutz sowie die angemessene Verpflegung unserer Teilnehmenden sicherzustellen“, teilte das deutsche Kontingent mit. Das Treffen, zu dem sich mehr als 43.000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus 158 Ländern angemeldet hatten, findet in Saemangeum auf einem dem Meer abgewonnenen Gebiet statt. Es soll bis zum 12. August dauern. Das Weltpfadfindertreffen wird alle vier Jahre ausgerichtet.

Saemangeum bietet für die Teilnehmer, die in mehr als 20.000 Zelten untergebracht sind, praktisch keinen natürlichen Schatten. Südkorea steht unter dem Einfluss einer schweren Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 38 Grad Celsius und sogenannten Tropennächten, in denen es sich derzeit nur geringfügig abkühlt.

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Traum seit Kindheitstagen: Marco Sozzi fühlt sich zum Schäfer berufen

Marco Sozzi hat seine Leidenschaft schon als Kind entdeckt. Bereits als Achtjähriger fragte er den Schäfer in seiner Heimat aus. Er passte also bestens in ein Ausbildungsprojekt für diesen heute eher unüblichen Beruf. Die Konkurrenz war trotzdem überraschend groß.

20 Jahre ist Marco Sozzi alt, trägt das Haar kurz und blondiert, am rechten Ohr einen kleinen Silberring und um den Hals eine silberne Kette – ein typischer Vertreter seiner Generation. Zumindest ist er es, bis er beginnt, über seine Zukunftspläne zu sprechen. Er träumt nämlich nicht von einem Job in der Finanz- oder IT-Branche, auch nicht davon im Fernsehen aufzutreten oder selber eine App zu entwickeln, die ihm ein Haufen Geld einbringen könnte. Marco träumt von einer Schafherde. Am Anfang würde er sich auch mit 70 bis 80 Tieren zufriedengeben. „Immerhin könnte ich damit schon wirtschaften, Käse herstellen und Fleisch verkaufen. Mit den zehn, die ich jetzt habe, kann ich nichts anfangen“, sagt er ntv.de.

Marco kommt aus der Lombardei, arbeitet nun aber in Rocca San Casciano, einer Ortschaft, die zu den Provinzen Forli und Cesena gehört, und an den Nationalpark Foreste Casentinesi, Monte Falterona und Campigna grenzt. Bekannt ist dieser Nationalpark, der sich zwischen der Emilia Romagna und der Toskana erstreckt, weil hier das Benediktinerkloster Camaldoli und das Franziskanerkloster La Verna angesiedelt sind. In den mittelalterlichen Gemäuern und Zellen verbringt der eine oder andere genervte Stadtmensch auch eine Woche der erholsamen Ruhe und Abgeschiedenheit. Außerdem befindet sich hier eines der unberührtesten und zum UNESCO-Kulturerbe gehörenden Waldgebiete Europas.

Marco hilft gerade im Agrarbetrieb „Mezza Ca“ aus. Hier werden neben Rindern auch Schafe gezüchtet. In diesem Betrieb hat Marco vor einem Monat auch den ersten Teil seines Praktikums absolviert. Er ist einer von acht, fünf Männer und drei Frauen, die an dem ersten Ausbildungsprojekt LIFE Shep for Bio teilgenommen haben. Das Ausbildungsprojekt, das noch in der Pilotphase ist und jedes Jahr über vier Jahre sechs bis acht Schäfer ausbilden soll, gehört zu dem EU-Umweltförderprogramm LIFE, das unter anderem dem Artenschutz und der Erhaltung ihrer Lebensräume dient.

Ansturm auf den Schäferberuf

„Ganz ehrlich? Als wir die erste Ausschreibung zur Teilnahme an diesem ersten Kurs ins Netz stellten, hatten wir Angst, nicht einmal sechs Bewerber zusammenzubekommen“, erzählt Davide Alberti ntv.de. „Die Sorge erwies sich aber bald als unbegründet. Wir bekamen 160 Bewerbungen von Leuten, vorwiegend zwischen 35 und 40 Jahre alt.“

Unter ihnen gab es auch jene, die schon landwirtschaftliche Erfahrung hatten, ihre Fachkenntnisse aber vertiefen wollten; es gab aber auch welche, die beschlossen hatten, einen neuen Lebensweg einzuschlagen. „Darunter kam der eine oder andere aus dem Ausland, wollte aber zurück nach Italien“, erzählt Alberti weiter.

Aber warum eine Schäfer- und Hirtenausbildung? Heißt es nicht, dass solche Berufe sowieso (fast) niemand mehr ausüben will? Von der Sorte Marco, den es nicht stört, um 4 Uhr aufzustehen, die Schafe zu melken oder davor noch welche einzufangen, wenn sich das eine oder andere einen nächtlichen Spaziergang auf der Weide gegönnt hat, gibt es nicht mehr viele.

Schafe gegen den Wald

„Stimmt“, sagt Alberti, „daher auch unsere Sorge, nicht genügend Kandidaten zu finden. Andererseits, ohne diese Berufe, wäre auch der Lebensraum vieler Arten in Gefahr, die auf den Weiden ihr Habitat haben.“ Es geht in diesem Fall nicht um große Flächen, der ganze Nationalpark erstreckt sich über 36.000 Hektar und ist zum Großteil bewaldet. Trotzdem ist es wichtig, „sie zu erhalten, weil sie das Zuhause von Vögeln und anderen Tierarten geworden sind, und ansonsten aussterben würden“. Und damit sich der Wald die Weiden nicht wieder einverleibt, braucht es Schafe und Rinder und demzufolge Schäfer und Hirten.

„Zu den Auswahlkriterien für die Teilnahme an dem Kurs gehörten unter anderem, dass die Kandidaten schon auf ein Zukunftsprojekt hinarbeiteten und wenn möglich aus der Gegend des Nationalparks kamen. Da sich so viele beworben hatten, war die Wahl trotzdem sehr schwer“, fährt Alberti fort.

Die Ausbildung bestand und wird auch in den nächsten drei Jahren aus zwölf Theorie-Modulen und einem Praktikum bestehen. Jedes Modul dauert ein Wochenende. Der Stoff besteht aus Basislektionen in Biologie, Unterricht über die Nutzung der Weiden, die gesundheitlichen Vorkehrungen für die Tiere und Maßnahmen gegen Raubtierangriffe bis hin zu den EU-Regelwerken. Gehalten wird er von Universitätsprofessoren und Agrarunternehmern. Das Praktikum in einem Agrarbetrieb dauert wiederum einen Monat: davon zwei Wochen im Sommer und zwei im Winter.

Wolf und Hund

Natürlich sind alle Fächer wichtig, doch die Maßnahmen, die dazu dienen, die Gefahr von Wolfsangriffen zu begrenzen, haben einen besonderen Stellenwert. Nadia Cappai ist die Tierärztin des Nationalparks und überhaupt die erste Frau, die diesen Posten in einem italienischen Nationalpark besetzt. „Zu meinen Aufgaben gehört es auch, die Bauern, Hirten und Schäfer über die nötigen Maßnahmen zu unterrichten, um Wolfsangriffe zu vermeiden“, sagt sie ntv.de. Das wichtigste Instrument ist und bleibt der Schäferhund. „Wir haben deswegen auch eine Hundeausbildungsschule im Park“, fügt die Tierärztin hinzu.

Auf die Frage, wann er seine Leidenschaft für die Schafe und den Beruf des Schäfers entdeckt hat, antwortet Marco: „Von klein auf. Meine Familie führt einen Bauernhof. Ich bin also auf dem Land aufgewachsen. Ich denke, ich war so um die acht Jahre alt, als ich begann, mich für die Schafe und den Beruf des Schäfers zu interessieren. Wenn vor dem Haus meiner Großmutter ein Schäfer mit seiner Herde vorbeikam, hielt ich ihn an und stellte einen Haufen Fragen. Mit 17 hab ich mich dann bei Schafzüchtern gemeldet und mehrere Monate auf ihre Herde aufgepasst. Geschlafen hab ich in einem Wohnwagen.“

Die Schule hat Marco kurz vor der Matura geschmissen, obwohl es sich um eine Agrarschule handelte. Mit der Theorie konnte er aber nichts anfangen, die langweilte ihn nur noch. Er sei praktisch veranlagt. „Mit einigen Professoren bin ich aber weiter in Kontakt“, fügt er hinzu. „Die wissen zwar wenig von der Praxis, dafür helfen sie mir immer gerne, wenn ich zum Beispiel Informationen zu Dünger oder Pflanzenschutzmitteln brauche.“

Seine Eltern waren über die Entscheidung, die Schule zu schmeißen, gar nicht erfreut. „Mittlerweile haben sie aber gesehen, dass ich es ernst meine“, sagt er. Und was sagt seine Freundin? „Sie meint, wenn ich glücklich bin, dann passt das.“

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Der Tag: Jugendlicher attackiert queere Person mit Messer und Reizgas

Erst stieß er queerfeindliche Beleidigungen aus, dann wird er gewalttätig: In Mainz hat ein Jugendlicher eine queere Person mit einem Messer bedroht und mit Reizgas attackiert. Sowohl die queere Person als auch die Begleitung erlitten dabei Rötungen und Reizungen im Gesicht sowie kurzzeitige Atemnot, wie die Polizei mitteilt. Die beiden Opfer waren am Montag durch eine Unterführung im Stadtteil Oberstadt gegangen, als der Angreifer queerfeindliche Beleidigungen rief. Als sich die angegriffene Person laut Polizei „verbal wehrte“, kam es zu einer kurzen Verfolgung. Der Angreifer, der mit zwei anderen Jugendlichen unterwegs war, forderte mit vorgehaltenem Messer Geld. Die beiden jugendlichen Opfer hatten keines dabei. Nach seiner Reizgasattacke floh der Täter.

Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren. Kleines Glück im Unglück: Die Polizei hat nach eigenen Angaben die Personalien des Täters.

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„Bringt Jugend auf Abwege“: Taliban verbrennen Musikinstrumente

Musik fördere „moralische Verdorbenheit“, behaupten die Taliban. Seit ihrer Machtübernahme in Afghanistan ist das Musizieren in der Öffentlichkeit daher verboten. Das Gesetz wird mit aller Härte durchgesetzt – beschlagnahmte Instrumente landen auf dem Scheiterhaufen.

Die Taliban haben am Wochenende etliche von ihnen beschlagnahmte Musikinstrumente auf einem Scheiterhaufen verbrannt, um das Spielen der von ihnen geächteten Musik zu verhindern. „Die Förderung von Musik führt zu moralischer Verdorbenheit, und das Spielen von Musik bringt die Jugend auf Abwege“, sagte der Leiter der örtlichen Zweigstelle des Ministeriums für die Förderung der Tugend und die Verhütung des Lasters, Aziz al-Rahman al-Muhadschir, in der Provinz Herat, wo die Instrumente verbrannt worden waren.

Instrumente und Ausrüstung im Wert von mehreren hundert Euro gingen in Flammen auf – viele der Gegenstände waren zuvor aus Hochzeitssälen konfisziert worden. Die Taliban verbrannten unter anderem eine Gitarre und zwei weitere Saiteninstrumente, ein Harmonium, eine traditionelle Tabla-Trommel sowie Verstärker und Lautsprecher.

Seit ihrer erneuten Machtübernahme im August 2021 haben die Taliban zahlreiche Gesetze und Vorschriften erlassen, die ihre strenge Auslegung des Islam widerspiegeln – einschließlich des Musizierverbots in der Öffentlichkeit. Dies war bereits bei ihrer Herrschaft in den Neunzigerjahren der Fall. Erst vor kurzem wurden Veranstalter von Hochzeiten angewiesen, keine Musik zu spielen. Viele afghanische Künstler und Musiker haben das Land nach der Machtübernahme verlassen. Trotz der Ankündigung, moderater zu regieren, wurde die Taliban-Herrschaft zuletzt autoritärer und dogmatischer.

Frauen und Mädchen sind am stärksten von den Repressalien betroffen. Sie werden mehr und mehr vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Ihnen wird der Zugang zu Schulen und Universitäten verwehrt, sie dürfen keine Parks, Jahrmärkte und Fitnessstudios besuchen. Zudem sind sie gezwungen, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen. Vergangene Woche mussten zudem im ganzen Land tausende Schönheitssalons schließen, nachdem die Behörden einige Behandlungen als zu teuer oder „unislamisch“ erachtet hatten.

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Noch jung und schon zuckerkrank: Hat mein Kind Diabetes?

Schon Kinder und Jugendliche sind in Deutschland immer häufiger zuckerkrank. Aber woher weiß man, ob das eigene Kind betroffen sein könnte? Ein Kinder-Diabetologe nennt Warnzeichen, die Eltern kennen sollten.

Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland haben Diabetes. Das zeigt eine Studie des Deutschen Diabetes-Zentrums. Die Stoffwechselerkrankung tritt in zwei Hauptformen auf. Typ-2-Diabetes ist die Form, die oft mit einem ungesunden Lebensstil und Fettleibigkeit verbunden wird. Immer mehr Kinder erkranken daran. Allerdings ist Typ-1-Diabetes, bei dem die genetische Veranlagung eine Rolle spielt, bei Kindern noch immer mit Abstand die häufigste Variante.

Woran erkennt man aber, ob das eigene Kind davon betroffen sein könnte? Prof. Andreas Neu, Kinder-Diabetologe und Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft, nennt einige Warnzeichen.

Wenn Kinder ungewöhnlich viel trinken am Tag und manchmal sogar in der Nacht, könnte das ein erstes Warnzeichen für Diabetes sein. Das liegt daran, dass ein erhöhter Blutzuckerspiegel Durst verursacht.

Starker Harndrang

Kinder, die viel trinken, müssen natürlich auch oft auf die Toilette. Das kann nicht nur tagsüber, sondern auch nachts der Fall sein. „Es kann sogar sein, dass die Kinder nachts plötzlich wieder einnässen, obwohl sie schon lange trocken waren“, sagt Andreas Neu.

Wenn Kinder an Gewicht verlieren, ist das grundsätzlich immer ein Warnzeichen, heißt es vom Spezialisten. Denn Kinder nehmen normalerweise nicht ab, sondern zu. In Verbindung mit den anderen Anzeichen ist es also ein deutliches Signal, dass etwas nicht stimmt.

Große Müdigkeit

Sind Kinder auffällig müde, abgeschlagen, lustlos oder bringen plötzlich weniger Leistung in der Schule, kann das ein Zeichen für Diabetes sein. Bei der Kombination der Anzeichen sollten Familien schnell handeln.

Der Weg zur Diagnose

Schnell handeln, so sagt Andreas Neu, ist auch gar nicht so schwer. Zunächst muss die Diagnose gestellt werden. Ob Diabetes vorliegt, kann ein Kinder- oder Hausarzt ganz einfach durch eine Urinprobe oder ein kleines Tröpfchen Blut ermitteln. Es dauert nur fünf Minuten, dann haben Familien Gewissheit. Zusammen mit Spezialisten werden die Eltern geschult und die Kinder eingestellt.

Viele Eltern fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben, wenn ihr Kind mit Diabetes diagnostiziert wird. Doch der unter Kindern häufiger verbreitete Typ-1-Diabetes hat damit nichts zu tun, sagt Andreas Neu. „Niemand ist schuld an seinem Diabetes.“ Typ-1-Diabetes könne nicht verhindert werden, sagt er. Weder durch gesündere Ernährung noch durch Sport. Nach der Diagnose sollte jedoch auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden und Bewegung zum Alltag gehören.

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Abhängig von Bildung der Eltern: 2,2 Millionen Minderjährige sind von Armut bedroht

Wie stark Kinder und Jugendliche in Deutschland von Armut bedroht sind, hängt nicht zuletzt von der Bildung ihrer Eltern ab. Laut Statistischem Bundesamt lag die Armutsgefährdungsquote von unter 18-Jährigen im vergangenen Jahr bei 37,6 Prozent. Bei Eltern mit höheren Abschlüssen sank die Quote deutlich.

Im vergangenen Jahr waren in Deutschland fast 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut bedroht. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, hängt das Armutsrisiko stark vom Bildungsstand der Eltern ab: Je niedriger die Bildungsabschlüsse, desto höher die Gefahr von Armut für die Kinder.

Die Armutsgefährdungsquote der Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss lag vergangenes Jahr bei 37,6 Prozent, wie die Statistiker mitteilten. Bei Eltern mit mittleren oder höheren Abschlüssen sank die Quote auf 14,5 beziehungsweise 6,7 Prozent. Über alle Bereiche hinweg lag die Armutsgefährdungsquote im Schnitt bei 14,8 Prozent. Zu den niedrigen Abschlüssen zählten die Statistiker dabei einen Haupt- oder Realschulabschluss ohne Berufsausbildung. Als mittlere Abschlüsse gelten eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur, höhere Abschlüsse sind beispielsweise ein Meistertitel oder ein abgeschlossenes Studium.

Ein Mensch gilt laut Bundesamt als armutsgefährdet, wenn er über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert demnach für einen allein lebenden Menschen in Deutschland bei 1250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2625 Euro netto.

Linke: „Chancengerechtigkeit gibt es nicht“

„Armut macht krank, grenzt aus und sorgt für weniger Bildungserfolge“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe). Neben der Einführung einer Kindergrundsicherung forderte sie auch höhere Steuern für Reiche und Vermögende. „Wir müssen an die Erbschaftssteuer, die Vermögenssteuer oder auch den Spitzensteuersatz ran“. Nur so könne verhindert werden, dass die Gesellschaft auseinanderdrifte.

„Das Risiko, in Armut aufzuwachsen, ist für Kinder aus Familien ohne Abitur sechsmal höher als für Kinder aus akademischen Familien“, erklärte die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heidi Reichinnek. „Real bedeutet das: Chancengerechtigkeit gibt es nicht. Kinder werden faktisch für den Bildungsabschluss ihrer Eltern bestraft.“ Möglichkeiten, hier gegenzusteuern, wie die Kindergrundsicherung würden von der Bundesregierung „jedoch verschleppt“, erklärte Reichinnek. „Die ‚Ampel‘ zementiert damit diese Zustände.“

„Die Kindergrundsicherung darf nicht zum sozialpolitischen Flop werden“, erklärte auch die Organisation Save the Children. „Wer bei Kindern spart, spart am falschen Ende und treibt die Armutsspirale weiter an.“ Nötig sei ein „großer Wurf, damit in Deutschland jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft die Chance hat, gesund aufzuwachsen und eine Perspektive für die Zukunft zu haben“.

Streit um Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 verschiedene Leistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag bündeln und leichter zugänglich machen. Die Vorstellungen über die nötigen Mittel für die milliardenschwere Reform liegen zwischen Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen und Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP weit auseinander. Eine Einigung wird in der Koalition nun bis Ende August angestrebt.

Im europäischen Vergleich lag das Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung für Kinder und Jugendliche in Deutschland mit 24 Prozent nur knapp unter dem Durchschnitt. EU-weit waren es 24,7 Prozent. In gut zwei Dritteln der EU-Staaten sei der Anteil dabei niedriger gewesen als in Deutschland. Am niedrigsten war der Anteil den Statistiken zufolge in Slowenien, am höchsten in Rumänien.

Armut oder soziale Ausgrenzung wird für den EU-Vergleich dabei nicht nur als finanzielles Problem betrachtet. Sie sind nach dieser Definition gegeben, wenn entweder das verfügbare Einkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze liegt, der Haushalt von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen ist oder die Erwerbsbeteiligung des Haushalts sehr gering ist.

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„Ausländerschweine raus“: Hansa-Fans attackieren Jugendliche rassistisch

Anhänger des FC Hansa Rostock sollen eine Gruppe junger Migranten im Zug mit rassistischen Parolen beleidigt und geschlagen haben. Auch eine Erzieherin soll einen Schlag abbekommen haben. Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung.

Eine Gruppe von Jugendlichen und deren Erzieher sind laut Polizei in einem Zug von Anhängern des FC Hansa Rostock bei Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern angegriffen und rassistisch beleidigt worden. Wie die Polizei mitteilte, sollen zwei Jugendliche sowie eine Erzieherin von Hansa-Fans geschlagen worden sein.

Aus den rund 20 Hansa-Fans heraus soll unter anderem „Ausländer, Ausländerschweine raus“ gerufen worden sein. Ein 37-jähriger Tatverdächtiger habe angegeben, ebenfalls geschlagen und leicht verletzt worden zu sein.

Bei der Jugendgruppe habe sich um neun geduldete Migranten im Alter von 10 bis 18 Jahren gehandelt, die mit zwei Erziehern unterwegs waren. Die Polizei wertet Videoaufnahmen aus und ermittelt wegen Körperverletzung und Volksverhetzung.

Die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, reagierte erschüttert auf den Zwischenfall. „Gewalt und Rassismus dürfen in MV keinen Platz haben!“, twitterte sie. „Wir müssen als Gesellschaft entschlossener gegen Rassismus vorgehen. Auch Sportvereine tragen hier eine Verantwortung.“


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Keine Jobs für junge Chinesen: Xi will Chinas Jugend auf dem Land schuften sehen

Elf Millionen junge Chinesen fluten aktuell den Arbeitsmarkt. Ihr Studium ist vorbei, der Abschluss in der Tasche – ein Job aber für viele trotzdem nicht in Sicht: Jeder fünfte Jugendliche in China ist arbeitslos, liegt „flach“, wie es in der Volksrepublik heißt.

Eine junge Frau in einer hellblauen Absolventen-Robe steckt ihre Uni-Abschlussarbeit in den Mülleimer. Eine andere trägt den schwarzen Akademikerhut auf dem Kopf, hat sich als Papierhandtuchspender verkleidet, Papierhandtücher hängen ihr aus dem Mund. Andere Absolventen liegen wie fallengelassen, mit dem Gesicht nach unten quer auf Treppenstufen, Parkbänken oder Straßen.

Die Fotos von frisch gebackenen chinesischen Hochschulabsolventen in sozialen Medien dieses Jahr sind kreativ, aber auch traurig wie nie.

Die jungen Leute posieren nicht mit Blumen, werfen keine Hüte in die Luft – sondern sie liegen „flach“. „Tangping“, übersetzt: Flachliegen, nennt sich dieser Trend. „Es ist Ausdruck von zunehmenden Unsicherheiten und Ängsten, was die Zukunft angeht, eben vor allem für junge Menschen“, sagt Katja Drinhausen, Leiterin des Bereichs chinesische Politik und Gesellschaft am Mercator Institute for China Studies im ntv-Podcast „Wieder was gelernt“. Gerade in diesem Jahr sei es für Universitätsabsolventen besonders schwierig: „Es gibt über 11 Millionen neue Uniabgänger, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen. Und das zu einer Zeit, wo ohnehin die Arbeitslosigkeit unter jungen Arbeitnehmern mit über 20 Prozent schon sehr, sehr hoch ist.“

Keine Garantie für Job nach Abschluss

Mit ihren gestellten Bildern zeigen die jungen Hochschulabsolventen, wie sie ihre Zukunft einschätzen: Jeder fünfte der 16- bis 24-Jährigen war im Juni ohne Arbeit. Die chinesische Jugendarbeitslosigkeit hat mit 21,3 Prozent einen neuen Rekord erreicht. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Außerdem wird die Quote nur in den Städten erfasst.

Dabei werden junge Chinesinnen und Chinesen immer gebildeter und studieren. Besonders zu Corona-Zeiten, in denen die Wirtschaft sowieso lahmgelegt war. Zwischen 2021 und 2022 sind die Studierendenzahlen an Hochschulen sechs Prozent höher gewesen als üblich.

Eigentlich nachvollziehbar: Denn traditionell sind Position und Gehalt in China gut, wenn man ein Studium in der Tasche hat. Deshalb investiert die Familie viel Geld in die teure Ausbildung ihrer Kinder. Früher sei ein Job für diejenigen mit einem Uniabschluss und einem Auslandsstudium garantiert gewesen, berichtet Drinhausen. „Diese Erwartungshaltung wird in der neuen Generation gebrochen, und das hat es so bisher noch nicht gegeben. Das ist natürlich auch ein Grund, warum der chinesische Staat da mit sehr viel Besorgnis darauf blickt.“ Gerade die städtischen Eliten hätten bisher darauf setzen können, dass ihr Leben in der Zukunft besser wird.

Tech-Feldzug vernichtet zehntausende Jobs

Die gute Ausbildung passt aber nicht zum Jobmarkt. Statt im Spitzenjob finden sich die Hochschulabgänger nach dem Studium plötzlich als Lebensmittellieferant, bei Müllentsorgern oder an der Supermarktkasse wieder. Das liegt auch daran, dass die Hochschulausbildung nicht das liefert, was Unternehmen eigentlich brauchen, sagt Drinhausen im „Wieder was gelernt“-Podcast. „Man braucht einerseits vor allem im Ingenieurs- und Technologiebereich sehr hoch ausgebildete Fachkräfte, aber auch in China bereitet das klassische Universitätsstudium nicht immer perfekt auf den Arbeitsmarkt vor.“

Dazu kommt, dass der chinesische Jobmarkt sowieso schrumpft. Durch die Corona-Jahre und den harten Lockdown haben Millionen Unternehmen dichtgemacht.

Gravierend war aber auch der Feldzug der chinesischen Regierung gegen Technologieunternehmen. Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping fühlte sich bedroht von der Marktmacht der Tech-Giganten. In den vergangenen Jahren brummten die Behörden Alibaba, Wechat und Co. Millionen-Bußgelder auf oder stoppten wertvolle internationale Börsengänge. Sie sollten auf Linie der Kommunistischen Partei gebracht werden und dem Staat, nicht den milliardenschweren Inhabern zuarbeiten. Doch dieser Eingriff hat Zehntausende Jobs vernichtet.

„Esst Bitterkeit!“

Junge Chinesen schauen sich nach Alternativen zum Geldverdienen um. Einige verkaufen ihr Wissen auf der Straße: Ein junger Doktorand bietet „Beratungsdienste für Politikwissenschaft“ an. Eine Masterabsolventin hat in Shenzhen einen Stand mit Kalligrafien und Handschriften aufgebaut.

„Wieder was gelernt“-Podcast

„Wieder was gelernt“ ist ein Podcast für Neugierige: Warum wäre ein Waffenstillstand für Wladimir Putin vermutlich nur eine Pause? Warum fürchtet die NATO die Suwalki-Lücke? Wieso hat Russland wieder iPhones? Mit welchen kleinen Verhaltensänderungen kann man 15 Prozent Energie sparen? Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein bisschen schlauer.

Alle Folgen finden Sie in der ntv App, bei RTL+ Musik, Apple Podcasts und Spotify. „Wieder was gelernt“ ist auch bei Amazon Music und Google Podcasts verfügbar. Für alle anderen Podcast-Apps können Sie den RSS-Feed verwenden.

Immer mehr Hochschulabgänger entscheiden sich auch für einen Job im öffentlichen Dienst. „Weil sie denken, dass sie im sicheren Hafen des Staates bessere Zukunftsaussichten haben. Da sind zwar die Gehälter niedrig, aber wenigstens ist der Job garantiert“, weiß Drinhausen. Die jungen Menschen schätzen das stabile Einkommen bei den öffentlich finanzierten Institutionen und die finanzielle Absicherung im Alter.

Staatschef Xi hat kaum Mitgefühl mit den gut ausgebildeten jungen Leuten ohne Job-Perspektive. „Esst Bitterkeit!“, ruft er ihnen Anfang Mai zu – und meint damit, dass sie ihre Ansprüche herunterschrauben und hart arbeiten sollen, so wie er selbst als Fünfzehnjähriger. Während der Kulturrevolution wurde er wie viele andere Jugendliche zur körperlichen Arbeit aufs Land verschickt.

Dieses alte Konzept wird nun wieder neu belebt. Die in den Augen von Xi vielleicht auch verzogene Jugend soll helfen, die strukturschwachen Regionen auf dem Land aufzubauen. Drinhausen glaubt aber kaum, dass diese Idee bei den jungen Leuten fruchtet und sie auf dem Land tatsächlich Fuß fassen können.

Mit Startups gegen Arbeitslosigkeit

Auch das Vorhaben der chinesischen Regierung gegen die rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit, Startups zu fördern, hält Drinhausen kurzfristig für wenig hilfreich. Hochschulabsolventen und Arbeitsmigranten sollen Gründerkredite für eigene Startups bekommen. Als geeigneteres Mittel sieht die Expertin zusätzliche Qualifikationen für die frisch gebackenen potenziellen Arbeitskräfte an.

China steht vor einem ganzen Haufen von Problemen: Der Staat weiß nicht nur nicht, was er mit vielen Millionen jungen Menschen machen soll, die einen Job brauchen. Die Wirtschaft schwächelt insgesamt kräftig. Der Immobilienmarkt steckt in einer schweren Krise, die Schulden steigen.

Dass die Bevölkerung schrumpft und immer älter wird, macht es nicht besser: In den nächsten Jahren werden Arbeits- und Fachkräfte immer rarer, sagt Katja Drinhausen voraus. Wenn sich das Bildungssystem dem nicht anpasst, hat China verloren.

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