Da dürften einige Eltern erleichtert aufatmen: Jugendliche gehen vorsichtiger mit ihren Daten im Internet um. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse der neuen JIM-Studie (Jugend, Information, (Multi-)Media), die an diesem Freitagnachmittag in Mannheim vorgestellt wurde. Im Vergleich zum Vorjahr geben 2010 weniger Jugendliche persönliche Informationen wie ihre Instant-Messenger-Kennung oder ihre Hobbys im Netz an. Außerdem ist die Nutzung der sogenannten „Privacy Option“ sprunghaft angestiegen. Mit dieser Option können Nutzer regulieren, wer welche Informationen auf ihren Social-Network-Profilen einsehen kann.
Für die jährlich erscheinende JIM-Studie werden mehr als tausend Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren zu ihrem Mediennutzungsverhalten befragt. Auftraggeber ist der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (MPFS).
„Wir beobachten eine positive Entwicklung des Problembewusstseins unter Jugendlichen“, sagt Thomas Rathgeb, der Leiter der Geschäftsstelle des MPFS, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. War 2009 noch das Jahr, in dem die Mitteilungsfreudigkeit von Jugendlichen stark angestiegen war, zeichnet sich 2010 eine Wende ab: Persönliche Informationen wie Hobbys geben nur noch 76 Prozent der jungen Nutzer an (2009: 83 Prozent). Auch beim Hochladen von Fotos und Filmen ist die Zurückhaltung gewachsen: 64 Prozent der Jugendlichen laden eigenes Material hoch (2009: 69 Prozent), Fotos und Filme von Freunden oder Familie werden nur von 41 Prozent ins Netz gestellt. 2009 waren es noch 51 Prozent.
Viel vorsichtiger sind die Jugendlichen bei der Angabe direkter Kontaktmöglichkeiten geworden: Ihre Instant-Messenger-Kennung nennen nur noch 26 Prozent (2009: 35 Prozent). Kaum Veränderungen gibt es bei der Preisgabe der Festnetz- oder Handynummer: Hier handeln Jugendliche seit längerem äußerst bedacht, nur vier Prozent geben diese Information heraus (2009: fünf Prozent).
„Die Eigenverantwortung der Jugendlichen ist gefragt“
Zu der neuen Vorsicht dürften mehrere Faktoren beigetragen haben. „Jugendliche lernen voneinander“, sagt Thomas Rathgeb. „Wenn einer schlechte Erfahrungen damit gemacht hat, persönliche Daten preiszugeben, spricht sich das im Freundeskreis herum und die Jugendlichen ändern ihr Verhalten.“ Je länger der Boom der Social Networks anhält, desto erfahrener und vorsichtiger werden die Nutzer.
Aber auch unter Lehrern und Eltern ist das Problembewusstsein gestiegen. Daten- und Verbraucherschutz im Internet wird mittlerweile häufiger im Unterricht und zu Hause diskutiert, was ebenfalls zu mehr Besonnenheit bei Jugendlichen beitragen dürfte.
Positiv beurteilt Rathgeb darüber hinaus auch die Selbstverpflichtung mehrerer deutscher Anbieter von Social Networks:
In einem freiwilligen Verhaltenskodex hatten sich unter anderem die VZnet Netzwerke, Lokalisten und Wer-kennt-wen zu umfassendem Jugend- und Datenschutz bekannt. Diese Netzwerke weisen von sich aus auf ihre „Privacy Option“ hin oder haben sie als Standard-Einstellung festgelegt. So lässt sich auch der große Anstieg bei der Nutzung der „Privacy Option“ erklären: 2010 geben zwei Drittel der jungen Nutzer von Social Networks an, von diesen Kontrollmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Im Vorjahr war es nur knapp die Hälfte.
Allerdings haben sich zu dem Verhaltenskodex nur deutsche Anbieter verpflichtet – und die verlieren laut JIM-Studie unter deutschen Jugendlichen an Attraktivität. SchülerVZ kann sich zwar als Marktführer behaupten: 53 Prozent aller Nutzer sind hier angemeldet (2009: 59 Prozent). Doch Facebook gewinnt explosionsartig an jungen Mitgliedern: 2009 waren nur sechs Prozent aller Jugendlichen bei dem US-amerikanischen Anbieter, 2010 sind es bereits 37 Prozent.
Was die Intensität der Nutzung angeht, macht Facebook SchülerVZ ebenfalls Konkurrenz: Nur rund ein Drittel der User nutzt das deutsche Angebot noch am häufigsten (2009: 42 Prozent). Die Beliebtheit von Facebook wurde im Vorjahr in der JIM-Studie noch nicht abgefragt, 2010 kommt das US-Netzwerk deshalb aus dem Stand auf 19 Prozent.
Da Facebook deutlich nachlässiger mit Nutzerdaten umgeht als die deutschen Anbieter, wird sich das Problem des Jugend- und Datenschutzes im Internet in der Zukunft wohl in neuer Form wieder stellen. „Globale Anbieter nehmen natürlich keine Rücksicht auf die Diskussionen in Deutschland“, sagt Thomas Rathgeb von der MPFS. „Hier ist die Eigenverantwortung der Jugendlichen gefragt.“
Siehe auch:
„Kernergebnisse der JIM-Studie 2010 – Jugendliche sind Kommunikations-Junkies“
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