„Islamismus im Internet“: „Pop-Dschihad“ soll Kids ködern

Mit Gewaltdarstellungen von Folter und Exekutionen ködern Islamisten auch in Deutschland Kinder und Jugendliche. Über soziale Netzwerke verbreiten die Extremisten Videos, die den Heranwachsenden das Bild eines actionreichen „Pop-Dschihad“ vermitteln sollen. 

Das geht aus der aktuellen Studie  „Islamismus im Internet“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und des Recherchedienstes Jugendschutz.net hervor. Im Beobachtungszeitraum seit 2011 wurden 1050 Verstöße gegen den Jugendschutz verzeichnet.

Zugenommen habe vor allem die erschreckende Professionalität der antidemokratischen und menschenverachtenden Internetangebote von Extremisten wie etwa der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), sagte Stefan Glaser von Jugendschutz.net. 

Jugendlichen wird ein actionreicher „Pop-Dschihad“ vermittelt

Dabei bedienen sich die Islamisten bekannter sozialer Netzwerke wie YouTube, Facebook oder Twitter, nutzten aber auch sehr rasch neue Kanäle wie Sendvid oder Telegram für ihre Zwecke. Soziale Medien eignen sich wegen der großen Reichweite und Aktualität hervorragend, um insbesondere Jugendliche anzusprechen, wie Glaser sagte.

Dabei bedienen sich salafistische Werbetrommler oft Symbolen, die junge Menschen aus ihrer Alltagswelt kennen. Sie verweben westliche Filme, Musik, Computerspiele oder Marken geschickt mit radikalislamischen Elementen und „actionreichen“ Kriegsbildern. Den Jugendlichen wird dadurch eine Art „Pop-Dschihad“ vermittelt und „die Tür zum Islamismus“ geöffnet, sagte Glaser.

Beispielsweise würden die Namen bekannter Rap-Musiker oder anderer Popkultur-Phänomene in Videobotschaften eingefügt, die zur Teilnahme am „heiligen Krieg“ einladen. Dadurch würden Internetnutzer, die eigentlich etwas ganz anderes gesucht hätten, zu Inhalten der Islamisten weitergeleitet – und blieben dort nicht selten hängen.

Methoden kennt man von Rechtsextremen

Der bewaffnete Kampf werde dabei als romantisches Abenteuer verklärt, Attentäter würden als gerechte Märtyrer verherrlicht, sagte Glaser. Haupterzählstrang sei die Behauptung, „der Westen“ führe weltweit Krieg gegen „den Islam“, wobei gezielt Empathie und Gerechtigkeitsgefühle junger Zuschauer angesprochen würden.

Die Salafisten werben Glaser zufolge in regelrechten Kampagnen mit Orientierung, Sinn, Gemeinschaft und klaren Werten in einer komplizierten Welt. Dies übe nicht nur auf junge Muslime große Anziehungskraft aus. Ähnlich gingen seit Jahren auch Rechtsextreme online auf Menschenfang, sagte Glaser. Diese seien dabei jedoch weniger zielstrebig und schlechter finanziert als ihre islamistischen Gegenstücke. 

Social-Media-Plattformen sind für das Problem sensibiliert

Die Zahl der handwerklich ausgereiften Köder-Videos und die darin enthaltene Gewalt habe mit steigender Bekanntheit der Dschihadisten des Islamischen Staats (IS) eindeutig zugenommen, fügte der Jugendschützer hinzu. Immerhin: Die großen Plattformen sind für das Problem des Islam-Terrorismus sensibilisiert.

Um schnelle Löschungen beanstandeter Inhalte zu erreichen, habe Jugendschutz.net „gute Kontakte zu den großen Diensten aufgebaut“. Er appellierte, nicht nur die Lösch-Quoten weiter zu verbessern, sondern auch bei der Prävention voranzukommen – im schulischen wie außerschulischen Bereich und in der Jugendarbeit.

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