Ikebana lässt sich auf drei verschiedene Arten übersetzen: lebendige Blume, gestellte Blume oder auch Blumen zu ihrer eigentlichen Gestalt bringen“, erklärt Dirk Henkelmann, ein Mann mittleren Alters, der schlicht in Braun- und Grautönen gekleidet ist. Dabei arrangiert er mit gekonnten Handgriffen drei unterschiedlich lange Blumenstiele mit rosa Blüten in einer hohen Vase und fährt fort: „Seinen Ursprung hat Ikebana im Buddhismus, der vor etwa 1400 Jahren aus China nach Japan gelangte. Wenn im Garten Blüten abbrachen, haben die Menschen diese im Tempel ins Wasser gestellt, um sie am Leben zu erhalten. Diese Blumenopfer wurden immer aufwendiger, sodass sich daraus eine Kunstrichtung mit eigenen Regeln entwickelte.“
Asymmetrisches Dreieck als Grundform
Henkelmann fährt mit dem Finger die Linien der Blumenstiele nach und erläutert in sanftem Tonfall: „Die Grundform des Ikebana-Arrangements bildet ein asymmetrisches Dreieck aus drei Hauptlinien. Sie stellen sinnbildlich den Menschen, den Himmel und die Erde dar. In einer anderen Deutung werden sie auch als Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft gesehen. Die anderen Gestaltungselemente ranken sich um diese Hauptlinien. Von vorne betrachtet wirkt es so, als ob alle Pflanzenstängel aus einem Punkt, der symbolisch die Erde darstellt, hervorwachsen.“ Sein Wissen über Ikebana und seine handwerkliche Kunstfertigkeit hat der Florist während eines zweijährigen Aufenthalts in Japan erworben. Dort wurde er vertraut mit der ältesten Ikebana-Schule, genannt Ikenobo. Nach verschiedenen Prüfungen errang er den Grad des Ikebana-Lehrers. Bei seiner derzeitigen Arbeit in Berlin und Umgebung versucht Henkelmann auf der einen Seite, Ikebana und Floristik voneinander zu trennen. Denn während in der Floristik die Blumensträuße oft üppig gebunden werden, ist Ikebana die Kunst der Reduktion. Auf der anderen Seite lassen sich kreative Bezüge zwischen beiden herstellen. Henkelmann erläutert: „Zurzeit gewinnt Ikebana durch den Trend zur Reduzierung – weniger ist mehr – in der Floristik der westlichen Länder an Bedeutung. Gleichzeitig gibt es auch den neuen Ikebana-Stil ‚moribana‘, was auf Deutsch ‚aufgehäufte Blumen‘ bedeutet, bei dem üppigere IkebanaGestecke kreiert werden.“
Wissen über Heilkräuter im Selbststudium
Für verschiedene Anlässe gestaltet der Ikebana-Lehrer Gestecke, die je nach Blumenauswahl und Gestaltungsform immer wieder anders, interessant und ansprechend aussehen. Regelmäßig erstellt er für eine evangelische Kirchengemeinde Altargestecke. „Das ist möglich, da der buddhistische Bezug des Ikebanas in Deutschland in den Hintergrund tritt“, kommentiert der Blumen-Experte, der selbst nicht Buddhist wurde, sondern evangelischer Christ blieb. Aber auch für Kongresse mit Japanbezug in Berlin bekommt er oft Aufträge. Einen anderen nicht alltäglichen Umgang mit Pflanzen pflegt Ute Littek, deren Interesse sich vor allem auf Heilkräuter richtet. Die blonde Pensionärin, die einen roten Pullover und ein selbst gestricktes Schultertuch trägt, erzählt: „Als Kind und Jugendliche war ich oft erkältet und hatte viele Fehltage in der Schule. Irgendwann hatte ich die Nase voll vom Kranksein. Deshalb habe ich meine Oma gefragt, was sie mir über Heilpflanzen beibringen könne.“ Seitdem ließ Littek diese Thematik nicht mehr los.
Im Selbststudium hat sie sich umfangreiches Wissen angeeignet. Eine zentrale Rolle spielten dabei die natur- und heilkundlichen Werke von Hildegard von Bingen aus dem 12. Jahrhundert. In diesen stellte die Benediktiner-Äbtissin neben Zeichnungen von Kräutern auch deren Heilkraft und praktische Verwendung zusammen. „Eine Leitfrage von Hildegard von Bingen war: Was stärkt uns und was schwächt uns? Auch für uns heutzutage hat diese Frage einen wichtigen Wert bei der Beurteilung von Lebensmitteln“, findet Ute Littek. Dabei öffnet sie eine große Metalldose, die mit getrockneten Kräutern gefüllt ist, und fährt fort: „Dieser Tee besteht je nach Jahreszeit aus 48 bis 53 Zutaten. Wichtig ist, dass der Tee nach Heu duftet. Wenn ich in ein Teegeschäft gehe, und es riecht nach blumigem Aroma, gehe ich wieder. Denn das ist künstlich“, sagt sie überzeugt.
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