Hochbegabte Musikschüler über ihren durchgetakteten Alltag und ihre Träume

Hochbegabte Musikschüler über ihren durchgetakteten Alltag und ihre Träume

Das Wort ,aufgeregt‘ gibt es nicht im musikalischen Lexikon, sagt mein Klavierlehrer“, lacht Hai Thao My Nguyen. „Man ist nicht aufgeregt, sondern freut sich auf das Konzert.“ Die 16-Jährige mit den funkelnden Augen streicht sich beiläufig ihr schwarzes Haar aus dem Gesicht. Mit Jeans, T-Shirt und Schulranzen wirkt sie im lauten Klassenraum wie ein ganz normales Mädchen. Doch wenn My sich an ein Klavier setzt, schlägt sie selbst die erfahrensten Juroren in den Bann. So nahm sie mehrmals erfolgreich an „Jugend musiziert“ teil und gewann im vergangenen Jahr den Internationalen Klavierwettbewerb „Vítězslav Novák“ in Tschechien zum dritten Mal in Folge. „Gerade spiele ich zum Beispiel die Mondscheinsonate von Beethoven und Etüden von Chopin“, erklärt sie munter.

Mit 14 an die Hochschule Rostock

My ist Frühstudentin des Netzwerks young academy rostock, yaro, das zu der Hochschule für Musik und Theater der Stadt Rostock gehört. Das Programm unterstützt musikalisch hochbegabte Kinder und Jugendliche wie My oder Janne-Lisabeth Pelz. „Man hat dann eigentlich nur die schönen Sachen eines Musikstudiums“, schwärmt die 14-Jährige. Auch die junge Violinistin ist Frühstudentin der yaro. „Ich muss also nicht in irgendwelche Seminare gehen und stundenlang etwas mitschreiben, sondern habe einfach Geigen-, Klavier- und Theorieunterricht zur musikalischen Gehörbildung.“

Hausaufgaben macht sie abends

Während ihre Klassenkameraden nach der Schule Freunde treffen oder Sport machen, steht für die Mädchen zur Vorbereitung auf Unterricht und Konzerte auch tägliches Üben auf dem Programm. „Wenn ich lange Geige gespielt habe, dann sind meine Finger immer schwarz vom Griffbrett. Manche Stücke kann man auch nicht so lange üben, weil dann die Finger von dem Druck auf die Saiten weh tun“, erzählt Janne-Lisabeth. „Deswegen achte ich darauf, es nicht zu übertreiben.“ Meistens übe sie ungefähr zwei Stunden am Tag – zusätzlich zum Unterricht. My hat einen ähnlichen Alltag: „Nach der Schule übe ich nachmittags wenn möglich für eine oder zwei Stunden Klavier. Außerdem habe ich zweimal in der Woche Klavier- und einmal Theorieunterricht. Dazu mache ich montags und dienstags Gesellschaftstanz im Verein“, zählt die Pianistin auf. „Abends mache ich dann meine Hausaufgaben und lerne.“

„Ich zwinge mich dann aber dazu“

Denn die höchste Priorität neben der Musik hat die Schule – die Mädchen besuchen ein Gymnasium und wollen in einigen Jahren ihr Abitur machen. Die Balance zwischen Lernen und Musizieren ist manchmal schwierig zu halten. „Es kommt schon vor, dass man keine Lust hat zu üben, gerade wenn für die Schule viel zu tun ist“, erklärt die Frühstudentin Clara Beigang. Genau wie My ist die Vierzehnjährige in einer Klasse des Förderzweigs für Hochbegabte an der CJD Christophorusschule Rostock. „Ich zwinge mich dann aber dazu, mir die Noten zumindest anzuschauen, damit ich im Klavierunterricht nicht komplett unvorbereitet bin“, lacht sie. Ihr Instrument ist immerhin schon seit zehn Jahren ein fester Bestandteil ihres Lebens, wie bei den anderen Mädchen auch. Aus diesem Grund hat sich ihre anfänglich große Aufregung bei Vorspielen mit der Zeit schon gebessert. „Es ist in gewisser Weise eine Gewohnheit geworden“, sagt auch Janne-Lisabeth. „Trotzdem ist man beim Vorspielen nie wirklich entspannt. Die Aufregung gehört eben dazu, denn jedes Konzert ist anders. Auf der Bühne lernt man sich dann teilweise ganz neu kennen.“

Am besten Konzertpianistin

Für sie sei es mit den Jahren ebenfalls einfacher geworden, Schule und Instrument zu vereinbaren. Auch My hat sich an diese doppelte Belastung gewöhnt. „Ich kriege das koordiniert. Wichtig ist es, sich einen Plan zu machen, um alles erledigen zu können.“ Schließlich möchte sie später ihre Leidenschaft zum Beruf machen, genau wie ihre Kommilitoninnen Janne-Lisabeth und Clara. Mys Traum ist es, irgendwann Klavierlehrerin oder am besten Konzertpianistin zu werden. Denn letztendlich überwiegt für sie die Liebe zur Musik. „Beim Klavierspielen kann man richtig ausschweifen, es ist wie Meditation. Man spielt sich frei.“

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