Einst war der VW Polo GTI als Knallbüchse verschrien. Gleichsam war er ein preiswerte Einstieg in die sportliche Autowelt. Heute kostet der kleine Sportler so viel wie vor wenigen Jahren ein Golf GTI. Dafür soll er aber auch mehr bieten als jugendliche Wildheit.
Der VW Polo ist dem reinen Zweitwagen- und Stadtauto-Segment schon lange entwachsen. Auch die GTI-Variante ist mittlerweile von der juvenilen Knallbüchse zum tauglichen Sportwagen für den Alltag geworden. Das merkt man allerdings nicht nur an dem ordentlichen Platzangebot und dem ausgereiften Fahrverhalten, sondern vor allem am Preis.
Äußerlich lässt es der stärkste Polo gewohnt dezent angehen. Der Wabenkühlergrill mit roter Zierleiste, rote Bremssättel und das doppelte Endrohr am Heck lassen jedoch spätestens auf den zweiten Blick die Sonderstellung des GTI-im breiten Polo-Portfolio erkennen. Diese manifestiert sich letztlich in dem mittlerweile 207 PS starken 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo unter der Haube. Der Benziner ist seit der Überarbeitung im vergangenen Jahr nur noch in Verbindung mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zu haben. Die zuvor noch angebotene Handschaltung fällt wohl aus Gründen der CO₂-Bilanz weg.
Automatik steht ihm gut
Puristen und Fans knackiger Mechanik mag das stören, dem GTI steht die Automatik allerdings gut. Beim Rangieren kriecht sie gut kontrollierbar in die Lücke, im alltäglichen Verkehr schaltet sie sehr sanft und komfortabel. Um bei plötzlicher Leistungsanforderung aber flott die kleinen Gänge einzulegen und den Polo unter zunächst kerniger und später sportlich lauter Soundkulisse nach vorne zu peitschen. Der Vierzylinder reagiert ebenso schnell und unvermittelt wie das Getriebe, spricht schnell und mit Nachdruck auf Gasbefehle an. Nach 6,5 Sekunden ist aus dem Stand Tempo 100 erreicht, Schluss ist erst bei 240 km/h. Nicht viele Kleinwagen können da mithalten.
Wie schon dem Antrieb gelingt auch dem optionalen „Sport Select“-Fahrwerk der Spagat zwischen angenehmem Alltagsmodus und Sport-Allüren. Tendenziell straff abgestimmt, lassen die Dämpfer im Normal-Modus ausreichend Federungskomfort zu. Zumindest bei Reisetempo; bei niedrigem City-Tempo gibt der tiefer gelegte Polo den Straßenzustand auch im komfortabelsten Fahrprogramm recht ungefiltert nach innen weiter. Auf Landstraße und Autobahn hingegen zeigt sich der Kleinwagen gelassen und souverän wie ein Großer. Und bei Bedarf auch dezidiert sportlich, wobei vor allem die präzise und verbindliche Lenkung und die geringen Aufbaubewegungen gefallen. Die serienmäßige elektronische Differenzialsperre an der Vorderachse zieht den frontgetriebenen Kleinwagen zudem zügig auch durch enge Kehren. Pluspunkte gibt es auch für die energische, aber gut dosierbare Bremse.
Den Krawall verkniffen
Insgesamt verkneift sich der aktuell kleinste GTI jeden akustischen, optischen oder fahrwerksseitigen Krawall, ohne dadurch eingebremst oder brav zu wirken. Statt den wild brüllenden und reifenquietschenden Halbstarken zu geben, präsentiert er sich lieber als gereifter und ernsthafter Sportler. Ein Charakter, der auch gut zum restlichen Auto passt. Mit 4,05 Metern Länge überragt der Power-Polo den ersten Golf GTI bereits um eine knappe Handbreit. Vor allem vorne lässt das Raumangebot keine Wünsche offen, hinten bietet er zumindest im Klassenvergleich sehr gute Platzverhältnisse.
Und auch wenn der Kofferraum kaum für einen Familienurlaub reicht, passt doch mehr als genug Gepäck für eine Reise zu zweit hinter die Klappe. Überzeugen kann auch das Ambiente, im Cockpit, das zwar gegenüber den Standardmodellen kaum sportlich aufgewertet wurde, aber mit guter Verarbeitung und hoher Materialqualität überzeugt. Das ist bei VW längst nicht mehr in allen Modellen und Varianten der Fall.
Wer sich in jungen Jahren mit einem Polo GTI schmücken will, muss kräftig sparen. Die Zeiten, in denen es sehr sportliche Kleinwagen noch für 20.000 Euro gab, sind vor allem bei VW lange vorbei. Mindestens 31.100 Euro muss der geneigte Käufer mittlerweile auf der Bank haben, um sich zumindest das ordentlich, aber nicht üppig ausgestattete Basismodell leisten zu können. Wer noch ein paar Extras wie Metallic-Lack, 18-Zöller und Soundsystem ordert, kommt bei knapp 34.000 Euro raus. Vor vier Jahren hätte das noch für einen Golf GTI Performance gereicht. Immerhin bietet der ausgewachsene Polo mittlerweile auch nicht mehr viel weniger Auto fürs Geld als der Kompaktsportler.
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