Nach der Schule zieht es viele junge Menschen in die Welt. Peter Roberg zieht sich hingegen in die Abgeschiedenheit eines Klosters zurück. Der 18-Jährige absolviert ein „Freiwilliges Ordensjahr“.
Im Schatten der barocken Klosterkirche kniet Peter Roberg. Mit einem feinen Pinsel malt der 18-Jährige auf dem Klosterfriedhof die Inschrift auf einem Grabsteine mit weißer Farbe nach. Seit Anfang Oktober lebt und arbeitet der junge Mann gemeinsam mit acht Franziskanerbrüdern im Kloster.
Im Zimmer mit Schreibtisch, Bett und Schrank erinnern ein großes Holzkreuz und ein Marienbildnis neben der Badtür an das Kloster. „Mein Zimmer ist doppelt so groß wie im Internat. Nur das mit dem WLAN ist hier manchmal ein bisschen nervig, das funktioniert nicht immer“, sagt Roberg. Und was stört ihn noch? „Manchmal das frühe Aufstehen.“
Roberg ist aktuell einer von sieben Teilnehmern, die in deutschen Klöstern ein „Freiwilliges Ordensjahr“ absolvieren. Seit Sommer 2019 existiert das von der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK), der Vertretung der römisch-katholischen Ordensgemeinschaften, initiierte Projekt. Interessierte zwischen 18 und 75 Jahren können zwischen drei und zwölf Monate lang in einer von rund 50 teilnehmenden Klöstern und Ordensgemeinschaften beten, arbeiten und leben. Seit der Einführung haben 51 Menschen ein Ordensjahr absolviert, erklärt die Koordinatorin des Projektes, Maria Stadler.
„Laufbursche für alles“
„Ich möchte ein bisschen mehr zu mir selbst finden, meine religiöse Seite ausbauen und vielleicht auch meinen Weg für die Zukunft finden“, erklärt Roberg. Sein Ordensjahr im Kloster Frauenberg in Fulda kombiniert er mit einem Bundesfreiwilligendienst bei der Bürgerstiftung „Antonius“, die auf dem Frauenberg seit 2016 ein inklusives Ausbildungs- und Arbeitsprojekt umsetzt und das Tagungs- und Gästehaus im Kloster führt. Dafür erhält er ein Taschengeld von monatlich 420 Euro.
„Ich bin im Tagungshaus ein bisschen Laufbursche für alles.“ Roberg deckt Tische für Tagungen ein, hilft mittags bei der Essensausgabe oder schaut in den Gästezimmern nach dem Rechten. Daneben übernimmt er Arztfahrten für die Brüder und hilft im Haushalt des Klosters. „Er soll unser Leben so erleben, wie es ist und eine Innensicht von der Gemeinschaft bekommen“, sagt Pater Cornelius Bohl, der dem Kloster in Fulda als „Guardian“ vorsteht.
„Ordensleben wird ja allmählich exotisch. Viele wissen kaum etwas über Klöster oder wundern sich sogar, dass sie überhaupt noch existieren. Ich sehe bei dem Gesamtprojekt die Chance, dass Klöster und Ordensleute sich öffnen und interessierten Menschen das Leben kennenlernen“, erklärt Bohl.
Mindestens Vater oder Opa
Gemeinsam mit den Brüdern startet Roberg seinen Tag um 7 Uhr mit der Laudes, dem Morgengebet. Nach einem gemeinsamen Frühstück mit der Hausgemeinschaft beginnt um 8 Uhr sein Dienst im Tagungshaus. Nach Feierabend kommt er um 18 Uhr wieder mit den Brüdern zum Vesper, dem Abendlob, und dem Abendessen zusammen. Danach folgen oft Gespräche über Gott und die Welt.
„Die Brüder sind allem sehr offen gegenüber“, sagt Roberg. Bei manchen Themen merke er aber den Altersunterschied. „Wir sind jetzt kein vergreister Konvent, aber wir Brüder könnten mindestens Vater oder Opa von Peter sein“, sagt Pater Bohl. Auch deshalb seien Freiräume für Roberg wichtig. „Grundsätzlich ist er bei allem dabei, was unser Leben ausmacht, aber wir erwarten nicht, dass er bei jedem Gebet und jeder Messe dabei ist.“
Seine Freizeit verbringt Roberg daher auch außerhalb der Klostermauern, spielt Posaune im örtlichen Musikverein. Auch Familie und Freunde kommen regelmäßig zu Besuch. „Über meine Entscheidung für das Kloster waren alle überrascht, weil das in meinem Alter schon ungewöhnlich ist. Aber sie finden es cool“, sagt der in Kempen am Niederrhein geborene Roberg.
Vom Ordensjahr erfuhr Roberg über seinen Religionslehrer. „Ich bin katholisch geprägt aufgewachsen und bin schon mehr oder weniger religiös. An meiner Schule konnte ich das aber nicht so gut ausleben“, sagt Roberg, der zur 6. Klasse auf ein Internat ins sächsische Meißen wechselte.
Schon Bruder Peter
Auf das Kloster in Fulda kam Roberg, da ihm die Bilder im Internet am besten gefielen. „Für ein Probewohnen habe ich dann meine Winterferien im Februar hier verbracht und mich auf das Abitur vorbereitet.“ Danach stand seine Entscheidung für das Ordensjahr auf dem Frauenberg, wo er im Oktober ein möbliertes Zimmer unter dem Dach bezogen hat.
Anders als die acht Franziskanerbrüder, die durch ihre braune Kutte mit weißer Kordel zu erkennen sind, trägt Roberg im Kloster seine alltägliche Kleidung. Integriert fühlt er sich trotzdem. „Ich erlebe ein großes Gemeinschaftsgefühl. Die Brüder reden mich zum Teil schon mit Bruder Peter an.“
Auch für die Franziskanerbrüder ist er eine Bereicherung. „Unsere Ordensgemeinschaft belebt es, wenn jemand mit einer Außensicht zu uns kommt“, sagt sein Betreuer Bohl. Eine Verpflichtung soll die Zeit im Kloster aber nicht sein. „Das Ordensjahr soll nicht für Nachwuchswerbung instrumentalisiert werden. Es soll nicht das Gefühl erweckt werden, dass wir Hoffnung und Erwartungen an Peter haben, dass er hier mal eintritt“, erklärt Pater Bohl.
Für Roberg ist das nach zwei Monaten aber nicht ausgeschlossen. „Ich kann mir vorstellen, im Kloster zu leben“, sagt der 18-Jährige. Denkbar sei aber zunächst auch erst ein Studium in klassischer Archäologie, Philosophie oder Theologie. „Die andere Option wäre eine eigene Familie. Für mich ist es schon ein menschliches Bedürfnis, dass man auch Nähe zu anderen Menschen sucht. Da stellt sich mir schon die Frage mit dem körperlichen Kontakt.“
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