Fado ist Musik, aber in Wirklichkeit ist es eine Art Lebensbewältigung und drückt Gefühle und Erfahrungen des Lebens aus“, sagt die Sängerin und Fado-Lehrerin Patricia Costa. Fado ist eine traditionelle portugiesische Musik, die seit zehn Jahren UNESCO-Weltkulturerbe ist. In verschiedenen Regionen Portugals gibt es verschiedene Fado-Arten, wie zum Beispiel den studentischen Fado in Coimbra oder den Fado aus der Alfama, einem Stadtteil Lissabons. Fado wird von einem Ensemble gespielt, das mindestens aus zwei Instrumentalisten und einem Sänger besteht. Die Hauptperson dieses Musikstils ist der Fado-Sänger, „Fadista“, der von einer portugiesischen Gitarre, einer „Viola de Fado“ und manchmal von einer akustischen Bassgitarre begleitet wird. Die „Viola de Fado“ ist ein Instrument, das einer klassischen Gitarre ähnelt, aber dessen sechs Saiten alle aus Stahl sind. Die portugiesische Gitarre dagegen ist ein birnenförmiges, zwölfsaitiges Zupfinstrument. Sie hat wie eine Gitarre sechs Saiten, doch jede dieser Saiten ist doppelt bespannt. Fado kann unter anderem an seiner typischen Begleitung, seinem arabischen Einfluss und an den langen, hohen, leidvoll in Bruststimme gesungenen Noten erkannt werden.
Mit neun Jahren aufs Konservatorium
Das Wort „Fado“ bedeutet auf Portugiesisch „Schicksal“ und ist oft mit dem Wort „Saudade“ assoziiert, dieses Wort bedeutet Wehmut oder Weltschmerz. Mehrere Fados handeln von den Portugiesen, ihren Sitten und Gefühlen der Traurigkeit und „Saudade“. Ein Fado, der die „Saudade“ näher bespricht, ist beispielsweise Marizas „Chuva“: „As coisas vulgares que há na vida/ Não deixam saudades/ Só as lembranças que doem/ Ou fazem sorrir.“ „Die gewöhnlichen Dinge des Lebens/ hinterlassen keine Wehmut,/ sondern nur die Erinnerungen, die weh tun/ oder zum Lachen bringen.“ Ein Fado, der das Volk und seine Traurigkeit zum Thema hat, ist Marizas „Gente da minha terra“, dessen Refrain lautet: „Ó gente da minha terra/ Agora é que eu percebi/ Esta tristeza que trago/ Foi de vós que a recebi.“ „Oh Menschen meiner Heimat!/ Nur jetzt habe ich verstanden./ Diese Traurigkeit, die ich in mir trage,/ habe ich von Euch geerbt.“
Ein Freund von Costas Vater hat die portugiesische Gitarre auf Familienfesten gespielt. So kam sie zum Fado. Mit acht Jahren sang sie auf einem Fest des lokalen Radiosenders in Guimarães, was ihr viel Aufmerksamkeit einbrachte und die ersten Interviews. Mit neun Jahren ging sie auf das Musikkonservatorium in Caldinhas, 35 Kilometer nordöstlich von Porto. Dort lernte sie Gesang, Klavier, klassische Gitarre, Musiktheorie, Kompositionslehre und vieles mehr. Nach dem Abschluss des Konservatoriums studierte sie bis 2007 an einer Universität, um Krankenschwester zu werden, entschied sich aber dann, zum Fado zurückzukehren. Seit 2009 ist sie eine der Künstlerinnen im Fado-Haus „O Fado“ in Porto und gibt Fado-Unterricht an einer privaten Musikschule.
Singen, essen, trinken und rauchen
„Ich habe andere Musikrichtungen ausprobiert, dabei aber immer das Gefühl gehabt, nicht ganz so viel von mir geben zu können, wie wenn ich Fado singe“, sagt Patricia Costa. Fado fasziniert sie durch den besonderen Wert, den der Fado auf die Worte legt; durch die minimalistische Darbietung und die Reflexion über das Leben. „Die Erfahrungen von Fado-Nächten, die ich hatte, waren immer sehr mystisch.“ Früher gingen diese Nächte bis drei Uhr morgens. Man konnte bis tief in die Nacht singen, essen, trinken und rauchen. Doch jetzt enden die Fado-Nächte meistens um Mitternacht, weil Fado zu einer Touristenattraktion geworden ist und die meisten Touristen nicht gewohnt sind, so spät zu essen. Geraucht wird auch nicht mehr.
Laut Costa sind heutzutage 95 Prozent der Zuhörer im „O Fado“ ausländische Touristen. Das hat den Ablauf und die Auswahl der Lieder nicht verändert. „Manchmal kommen sie mit Wünschen und bitten um bestimmte Stücke, die sie kennen, aber die nicht unbedingt Fado-Lieder sind.“ Der Boom der „World Music“ in den 90er-Jahren hat den Fado weltweit bekannt gemacht, obwohl die bedeutendste Fado-Sängerin, Amália Rodrigues, schon in den 50ern und 60ern in Europa berühmt war. Im vergangenen Jahr ist der Tourismus durch die Corona-Krise eingebrochen. „Seit Anfang der Pandemie im März des letzten Jahres gibt es, mit ein paar Ausnahmen, so gut wie keine Musikaktivitäten mehr.“ Auch keine nächtlichen Auftritte, wo sich Patricia Costa mit ihrem Publikum verbindet. „Denn das Ziel des Fados ist es, dass der Zuhörer in diese Energie eintritt, ohne zu singen oder zu spielen, aber indem er diese Erfahrung teilt.“
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