Eltern sollten mit Teenagern den Umgang mit Alkohol üben

Jugendliche machen oft schon mit zwölf Jahren erste Erfahrungen mit Alkohol. Weil sie die Wirkung nicht einschätzen können, gehen diese Trinkversuche manchmal schief. Deshalb sollten Eltern ihren Kinden den richtigen Umgang mit Alkohol beibringen, fordern Experten und geben Tipps, wie Eltern dabei vorgehen können.

Alkohol ist überall, und trotzdem fallen ständig Sätze wie „Das ist noch nichts für dich“. Viele Eltern berufen sich dabei auf Verbote und das Jugendschutzgesetz. Das ist verständlich, aber sie laufen damit an der Realität vorbei, meint Professor Klaus Hurrelmann, Erziehungswissenschaftler an der Hertie School of Governance in Berlin.  

„Jugendliche machen heute die ersten Erfahrungen oft schon mit 12, 13 Jahren.“ Und das dann meistens nicht zu Hause, sondern im Freundeskreis oder der Klassenfahrt. Mädchen trinken die ersten Schlucke noch früher, sagt Jörg Kreutziger vom Frühinterventionsprojekt HaLT. Wer das Thema Alkohol in der Familie ausklammert, ignoriert damit laut Hurrelmann einen pädagogischen Aufgabenbereich.

Verbote und Tabus sind nicht hilfreich

„Woher sollen die Jugendlichen denn wissen, wie man mit der legalen Droge Alkohol umgeht, wenn es ihnen keiner beibringt?“ Der Experte fordert ein Umdenken: „Wir müssen weg von Verboten und Tabuisierung, denn die Erfahrung zeigt, dass damit nichts bewirkt werden kann.“

Woran merke ich, dass es genug ist? Viele Erwachsene wissen aus eigener Erfahrung, dass die erste Lehrstunde oft gründlich in die Hose ging. Exzessives Partysaufen sei von Jugendlichen aber oft auch gewollt, sagt Johannes Lindenmeyer, Suchtexperte und Begründer des Projekts „Lieber schlau als blau“. Viele Teenies trinken, um sich auszuprobieren und mit Gleichaltrigen zu messen.

„Eltern können darauf aber günstig einwirken“, ist Lindenmeyer überzeugt und vergleicht Alkohol mit Fahrradfahren. „Natürlich kann man einem Kind einfach ein Fahrrad hinstellen und es so lange allein damit experimentieren lassen, bis es von ganz alleine lernt, damit zu fahren.“ Davor zu warnen, dass es sich blutige Knie holen kann, bringe nichts – es würde trotzdem losfahren. „Deshalb geben wir Kindern Stützräder und Sturzhelme, so sollten wir es beim Alkoholtrinken auch halten.“

Üben – aber wie?

Wie funktioniert das Trinkenüben aber konkret? „Das ist schwer allgemeingültig zu beantworten“, sagt Hurrelmann. Manche Kinder sind schon früh sehr neugierig auf das verbotene Getränk, andere zeigen keinerlei Interesse. „Eltern müssen den richtigen Zeitpunkt ertasten und versuchen, mit ihrem Kind im Gespräch zu sein.“ Wird im Freundeskreis schon getrunken? Haben Klassenkameraden von Erfahrungen erzählt? „Dann wird es höchste Zeit, darauf zu reagieren.“

Üben – das bedeutet nicht, dem Kind eine Flasche Bier hinzustellen und zu sagen: Nun trink mal. „Der richtige Rahmen ist entscheidend, zum Beispiel ein Geburtstag oder eine andere Familienfeier“, sagt Hurrelmann. So lernen Kinder, dass das Trinken von Alkohol zu einem besonderen Ereignis gehört und in Gesellschaft stattfindet.

Mit einem Sekt anstoßen, ein Alster oder ein halbes Glas Rotwein zum Essen trinken – das dürften unter der Aufsicht der Eltern dann auch schon Jugendliche unter 16 Jahren. „Wichtig ist es, im Vorfeld darüber zu sprechen und die Menge klar zu begrenzen.“ Sehr wichtig ist die Vorbildfunktion der Eltern, sagt Kreutziger: „Achten Sie auf der Feier selbst auf einen moderaten Konsum.“ Kinder, die keinen Alkohol trinken möchten, müssen natürlich nicht an den Alkohol herangeführt werden.

Abstinente Eltern müssten sich hingegen schon mit dem Thema auseinandersetzen: „Man kann dem Jugendlichen natürlich immer sagen, dass man Alkohol ablehnt“, sagt Kreutziger. „Die Gefahr, dass die Droge dann besonders spannend wird, ist aber nicht zu unterschätzen.“

Kinder aufklären und testen lassen

Wichtig ist, die Kinder darüber aufzuklären, was passieren kann, wenn man zu viel trinkt. Die wenigsten Jugendlichen wüssten beispielsweise, dass die Wirkung von Alkohol verzögert einsetzt oder man im Komaschlaf Gefahr läuft, an seinem eigenen Erbrochenen zu ersticken. „Darüber muss man sachlich reden, dann kommen die Bedenken auch bei den Kindern an“, rät Kreutziger.

Auch wenn der Nachwuchs den Rausch bereits erlebt hat, können Eltern noch viel tun, sagt Hurrelmann: „Mit Verständnis und Strenge sollte dann klargestellt werden: So nicht.“ Nach dem Motto: Wenn du schon trinken musst, dann wenigstens mit klugem Kopf, sollten Eltern sich mit ihrem Kind hinsetzen und es gezielt etwas trinken lassen.

Gespräche und kleine Tests, zum Beispiel Matheübungen oder der Versuch, auf einer Linie zu laufen, zeigen dem Kind, wie einschränkend schon kleine Mengen Alkohol sein können. Hurrelmann ist überzeugt: „So ein Training ist die beste Vorbeugung für einen Vollrausch.“

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