Ein Suchhund in Zürich rettet stachlige Findlinge

Ein Suchhund in Zürich rettet stachlige Findlinge

In der Igelstation des Igelzentrums Zürich, IZZ, stehen elf grüne Plastikwannen. Sie sind mit Zeitungspapier ausgelegt, und je ein Viertel ist abgedeckt. In den großen Wannen steht jeweils ein Kistchen, das ebenfalls mit Zeitung ausgelegt ist und zusätzlich einzelne zerknüllte Seiten enthält. Durch eine Glasscheibe sieht man in den Behandlungsraum, wo gerade die Tierärztin einen kranken Igel behandelt. Von dort gelangt man in den Empfang. Ann Bachmann reinigt gerade die Boxen der Igel. „Im Moment haben wir 14 Igel. Das ändert sich jedoch jeden Tag. Denn sobald sie wieder gesund oder ihre Wunden verheilt sind, werden sie wieder an den Fundort zurückgebracht. Heute kommen drei weg, und man weiß nie, wie viele dazukommen“, erklärt die 35-Jährige.

Eigentlich drohte ihm das Tierheim

Das Igelzentrum ist im ersten Stockwerk eines Hochhauses in Zürich Oerlikon. Hier werden verletzte oder kranke Igel kostenlos medizinisch versorgt. Finanziert wird das IZZ durch Spenden. Ann Bachmann arbeitet nun seit zehn Jahren dort. Sie pflegt die Tiere, säubert ihre Boxen, füttert die Igel und macht öffentliche Führungen. Sie ist hier in Teilzeit angestellt neben neun anderen Angestellten. Ihr Liebe zu Tieren zeigt sich nicht nur hier, sie führt auch einen Lebenshof für Tiere in Hüntwangen im Zürcher Unterland, auf dem verstoßene Tiere ein neues Zuhause finden können. Dort leben unter anderem Ponys, Katzen, Hühner und Kaninchen. Die gelernte Tierpflegerin hat ihren Hund Jay zu einem Igelsuchhund ausgebildet. Jay ist ein elfjähriger Appenzeller-Border-Collie-Mischling. Der schwarze Rüde sieht Ann mit seinen braunen Hundeaugen an und will unbedingt gestreichelt werden. Ann Bachmann lacht und sagt: „Er ist extrem verschmust.“ Ann hat ihn vor zehn Jahren von einer Kollegin übernommen, die Jay ins Tierheim stecken wollte.

Sie spüren Sprengstoffe und Baumschädlinge auf

Nun wird Jay als Igelsuchhund eingesetzt, wenn besorgte Leute anrufen, die auf einem Nachbargrundstück, das gerodet werden sollte, Igel gesehen haben oder von Igeln wissen, die dort wohnen. „Den ersten Igel fand Jay selber. Da kam mir die Idee, ihn für die Igelsuche auszubilden.“ Während einer Suchhunde-Ausbildung werden Hunde auf einen bestimmten Duft abgerichtet. Das macht man meist, indem man ein Spielzeug mit diesem Duft versieht und den Hund danach suchen lässt. Zusätzlich muss dem Hund noch beigebracht werden, wie er sich bei einem Fund verhalten muss, das heißt, ob er bellen, sich hinlegen oder ein anderes Verhalten zeigen soll. Such- und Spürhunde gibt es für alle möglichen Einsatzgebiete: bei der Polizei oder am Zoll als Drogen- oder Sprengstoffspürhunde, bei der Pilzsuche, bei der Suche nach Baumschädlingen oder um nach vermissten Menschen zu suchen. Die Ausbildung läuft grundsätzlich überall ähnlich. Nach dem ersten Igelfund von Jay begann Ann Bachmann, ihn auf den Geruch von Igeln zu trainieren und zu konditionieren. Mit Igelstacheln, Igelkot und dann zum Teil auch mit echten Igeln. „Wir achten immer darauf, dass die Igel keinen Stress bekommen“, betont sie.

Nach der Rodung wird er freigelassen

Vor geplanten Räumungs- oder Rodungsarbeiten rücken Ann und Jay an, um auf dem Grundstück nach gesichteten Igeln zu suchen. Die Suche ist eine anstrengende Arbeit für Jay. Jay sucht nur ungefähr 15 Minuten am Stück, danach braucht er eine Pause. Wenn Jay einen Igel entdeckt hat, legt er sich hin, damit Ann weiß, wo der Igel ist. Dann wird der Igel auf einem Grundstück in der Nachbarschaft in ein Außengehege gesperrt. Dieses hat zehn Meter Durchmesser und ist umzäunt. Für den Igel gibt es ein Nesthäuschen und eine Futterstelle, die gut geschützt ist. „Sonst würden Katzen das Futter fressen.“ Nach den Rodungsarbeiten wird der Igel wieder an der Fundstelle oder ganz in der Nähe freigelassen. So ist es für das Tier am angenehmsten. Wenn der Igel kein geeignetes Versteck findet, sucht er sich ein neues Plätzchen. „Besonders wichtig ist diese Arbeit im Winter. Dann sind die Igel nämlich im Winterschlaf. Sie merken nichts mehr und können auch nicht von den großen Baumaschinen flüchten.“

Bei anderen kugelt er sich ein

Mittlerweile hat Jay schon graue Haare um die Schnauze. Ann hilft momentan bei der Ausbildung eines zweiten Igelsuchhundes mit. Der Labrador wurde schon zur Suche von Baumschädlingen ausgebildet, somit sind die Grundsteine für die Igelsuche gelegt. „Jay ist schon alt. Ich weiß nicht, wie lange er diesen Job noch machen kann. Es sollte dann keine Lücke entstehen, wenn er nicht mehr suchen kann.“ Ann Bachmann säubert die Box eines kleinen Igels. „Das ist mein Baby“, erzählt sie strahlend, „ich musste ihn von Hand aufziehen, da er noch nicht alleine fressen konnte.“ Der Igel erwacht und sieht Ann an. Sie streckt ihm die Hand hin, er sucht den Kontakt. „Da er mich jetzt kennt, lässt er es zu, dass ich ihn streicheln und berühren darf. Bei anderen Leuten kugelt er sich zusammen.“

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