Stierkämpfe werden erst dann aufhören, wenn sie den Reiz des Unvorhersagbaren verlieren“, sagt Ricardo Marques. Er stammt aus Coruche, einem kleinen Ort im Bezirk Santarém im Süden Portugals. „Die Liebe zum Stierkampf wurde mir durch die Kultur meines Dorfes in die Wiege gelegt.“ Marques begann bei den Amateur-Forcados von Coruche und wechselte später zur „Amateur Forcados Association von Coimbra“, als er in der Universitätsstadt studierte. Dort arbeitet er heute als Agraringenieur. „Forcados“ heißen im Portugiesischen die Menschen, die bei Stierkämpfen im zweiten Teil den Stier einfangen, nachdem er vom Torero bezwungen worden ist. Alle Forcados sind in Portugal Amateure. Das bedeutet, dass sie ihrer Aufgabe nur zum Vergnügen nachkommen, und nicht wie Stierkämpfer Geld verdienen. Ricardo ist der Vorsitzende des Vereins der Forcados in Coimbra, er koordiniert alles außerhalb des Platzes, nimmt aber auch als Forcado an Stierkampfveranstaltungen teil.
Proteste von Tierschutzorganisationen
Stierkämpfe sind über das ganze Land verbreitet und haben vor allem auf den Azoren und in den ländlichen Provinzen Alentejo und Ribatejo ein großes Publikum. Obwohl Stierkämpfe früher auch im Norden des Landes stattfanden, gibt es sie dort nur noch selten. So wurden 2009 in der Stadt Viana do Castelo im Norden die Kämpfe nach Protesten von Tierschutzorganisationen verboten. Vor allem die Partei PAN, Pessoas-Animais-Natureza, hat sich gegen Stierkämpfe ausgesprochen, da sie das Leiden der Stiere in der Arena für unerträglich hält.
Sérgio Caetano, parlamentarischer Berater der PAN und Koordinator der Plattform „Schluss mit Stierkämpfen“, betont: „Momentan sammelt die Partei Unterschriften für eine Petition, mit der sie die Politiker im Nationalparlament auffordern will, erneut über die Abschaffung der Stierkämpfe zu diskutieren. Ricardo Marques hingegen betont, dass ein Großteil der Kritik von politischem Interesse geprägt ist und ohne Kenntnisse über das Thema geäußert wird. „Die Stierkämpfe beginnen sehr früh. Bereits im Morgengrauen werden die Stiere in eine der Arenen gebracht, damit sie die Hitze nicht spüren und noch am Vormittag werden sie vom Tierarzt untersucht, der ihre körperliche Verfassung begutachtet.“ Caetano hingegen sagt: „Das Problem ist, dass die Stierkampfindustrie sich selbst kontrolliert, indem nur Aficionados als Tierärzte und Inspektoren in diesen Events eingesetzt werden.“
Spektakel nach festen Regeln
Das Spektakel besteht aus mehreren Phasen und wird von einem Spielleiter koordiniert, der sich hinter der portugiesischen Nationalflagge befindet und mithilfe eines Signalhorns kommuniziert. Zunächst findet die Ziehung statt. Dies hängt von der Uhrzeit ab. Wenn der Stierkampf am Nachmittag beginnt, findet die Auslosung gegen 13 Uhr statt. Findet der Stierkampf am Abend statt, erfolgt die Auslosung erst um 17 Uhr. Ihre Aufgabe besteht darin, jedem Reiter einen Stier zuzuweisen. In Portugal gibt es drei Arten von Stierkämpfen: Stierkämpfe zu Pferd, zu Fuß und gemischte Stierkämpfe. Die häufigste Art ist die zu Pferd. Marques erklärt: „Erst nach dem Signal des Arenadirektors dürfen die Reiter die Arena betreten. Das Ziel der Reiter ist es, den Stier zu beherrschen, indem sie ihm möglichst langsam und frontal entgegenreiten. Der Reiter verwendet Banderillas, kurze Spieße, die mit verschiedenfarbigem Seidenpapier geschmückt sind. Die Stöcke mit Widerhaken haben als Ziel, das Tier zu schwächen. Sobald die Stierkämpfer fertig sind, kommen in Spanien die Matadore und töten den Kampfstier in der Arena.
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