Viele Unternehmen suchen dringend Auszubildende – und finden sie nicht. Angesichts der eklatanten Personalnot müssen sie sich ins Zeug legen. Mit welcher Strategie sie versuchen bei der Jugend zu punkten, verrät unter anderem der Rüstungskonzern Rheinmetall.
Wo ist das Personal? Das ist eine der drängendsten Fragen der deutschen Wirtschaft. Überall fehlen Fachkräfte, Hilfskräfte und auch Auszubildende.
Die Personalnot in Deutschland zwingt Unternehmen, ihre Nachwuchskräfte schon zum Start der Ausbildung mit besseren Karrierechancen zu locken, um sie an sich zu binden. Nach der jüngsten Studie „Deutschlands beste Ausbilder“ des Wirtschaftsmagazins „Capital“ geben 97 Prozent der Unternehmen an, frühzeitig Gespräche über Einsatzmöglichkeiten nach der Ausbildung zu führen. 91 Prozent ermöglichen Weiterbildung. Und 54 Prozent bieten den Azubis an, sie auch dann wieder einzustellen, falls sie sich nach der Ausbildung noch für ein Studium entscheiden.
Diesen Trend bestätigen Ausbilder, die in Interviews ausführlich befragt wurden. Um etwa die besonders große Personalnot in der Gastronomie in den Griff zu bekommen, hat Anke Maas, Personalleiterin der Leonardo Hotels, zusammen mit der privaten Universität IU in Bad Honnef den neuen dualen Studiengang Culinary Management ins Leben gerufen: eine Kombination aus Fachausbildung zum Koch und betriebswirtschaftlichem Studium. „Ich habe sehr bedauert, dass dieser wunderbare Beruf so ein schlechtes Image hat, und nach Wegen gesucht, um ihn aufzuwerten und den Absolventen auch noch mehr Karriereoptionen zu ermöglichen“, so Personalexpertin Maas.
Die Personalnot ist in manchen Branchen so groß, dass der Betrieb heruntergefahren oder vorübergehend ganz dichtgemacht werden muss. Personalverantwortliche setzen alle Hebel in Bewegung, um Nachwuchs zu finden – und zu binden. „Etwa 30 Prozent der heutigen Belegschaft verabschieden sich in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand“, sagt Anja Fiedler, Ausbildungsleiterin der Stadtwerke Kiel. Sie garantiert allen Auszubildenden, die die Abschlussprüfungen meistern, die Übernahme. Das machen bislang laut Studie aber nicht mal die Hälfte der Unternehmen.
Pflege ermöglicht Karriere
Beste Karrierechancen haben Auszubildende laut der Studie in der Pflege. 56 Prozent der teilnehmenden Unternehmen aus dem Pflegebereich gaben an, dass die Nachwuchskräfte bei ihnen häufig eine Leitungsposition übernehmen können, ohne dafür unbedingt noch ein Studium nach der Ausbildung anschließen zu müssen. Das hebt sich deutlich von den Angaben der Personalverantwortlichen in gewerblich-technischen und kaufmännischen Berufen ab. Schlusslicht hierbei sind Unternehmen im IT-Bereich, wo nur in 40 Prozent der Fälle eine Führungsposition ohne Weiterbildungen möglich ist.
Die Ausbilder sind gefordert, ihre Konzepte stetig zu verbessern. Immer mehr lassen ihre Leistungen auch messen: 751 Unternehmen haben an der sechsten großen „Capital“-Studie zu „Deutschlands besten Ausbildern“ teilgenommen. Die Umfrage lief von Ende März bis Ende Mai dieses Jahres. In den Unternehmen, die sich beteiligt haben, arbeiten insgesamt rund vier Millionen Angestellte, mehr als 100.000 Auszubildende und knapp 24.000 dual Studierende. Teilgenommen haben DAX-Konzerne, Behörden, viele Mittelständler und Handwerksbetriebe. Alle mussten einen detaillierten Fragenkatalog beantworten und sind nach denselben Kriterien bewertet worden.
Besonders ins Zeug gelegt hat sich Rheinmetall: Der Rüstungskonzern hat für sieben seiner Ausbildungsstandorte die Studie durchführen lassen. Hat ein Unternehmen, das Panzer und andere schwere Waffen baut, besondere Schwierigkeiten, junge Leute zu finden?