Champions League – Königsklatsche


Ein Dortmunder stemmte sich mit großer Vehemenz gegen die Blamage, das zweite 1:1 gegen das international zweitklassige Apoel Nikosia innerhalb von zwei Wochen. Stadionsprecher Norbert Dickel verkündete die Nachspielzeit mit einem flammenden Appell: „Auf geht’s, kommt! Kommt!“ Irgendwie hatte man aber das Gefühl, als wäre er der Einzige im riesigen Dortmunder Stadion, der nicht von einer seltsamen Lethargie befallen war. Die Dortmunder Mannschaft – ein von Angst gehemmtes Ensemble. Das Pfeifkonzert – deutlich leiser als angemessen. Und Trainer Peter Bosz kleidete nach dem Spiel seine Enttäuschung in Worte wie „wir müssen zu Hause gegen Nikosia gewinnen“, „mangelndes Selbstvertrauen“, „nicht glücklich“. Es klang schon ein wenig verzweifelt: „Kopf hoch, hart arbeiten, kämpfen.“ Das Remis gegen Nikosia ist der vorläufige Höhepunkt einer enttäuschenden Champions-League-Saison aus Bundesliga-Sicht.

Einzig der Rekordmeister hat seine Pflicht erfüllt. Und das vorzeitig. Mit dem 2:1 bei Celtic Glasgow stehen die Bayern als Achtelfinalist fest. Doch auch die Münchner laufen einem Makel hinterher, dem 0:3 in Paris. Deshalb glaubt Jupp Heynckes auch nicht mehr daran, Platz eins an den letzten beiden Spieltagen zurückerobern zu können. „Das Achtelfinale hat Priorität, das haben wir erreicht. Alles andere ist Wunschdenken“, sagte der Coach. Da der direkte Vergleich zählt, müsste Paris entweder gegen Celtic patzen oder in München sehr hoch verlieren. Beide Alternativen gelten als eher unwahrscheinlich.

Der direkte Vergleich könnte auch für RB Leipzig zum Problem werden. Nach dem 3:2 gegen Porto unterlagen die Sachsen im Rückspiel mit 1:3. Trainer Ralph Hasenhüttl warf seinem jungen Team ein bisschen Naivität vor. „Nach dem 1:1 ist bei uns die Ordnung ein wenig flöten gegangen. Wir haben sehr euphorisch reagiert, wollten gleich das zweite Tor nachlegen“, sagte Hasenhüttl: „Das ist gefährlich, wenn man gegen eine erfahrene Mannschaft wild drauflos stürmt. Da haben wir uns hinten etwas entblößt und viele Standards zugelassen.“ Vor allem in diesem Punkt zahlte der Neuling in der Königsklasse erneut Lehrgeld. Die ersten beiden Gegentreffer fielen nach Standards, schon beim 3:2- im Hinspiel hatte RB zwei Gegentreffer nach ruhenden Bällen kassiert. „Es ist Wahnsinn, dass wir uns mit schlecht verteidigten Standards um die verdienten Früchte unserer Arbeit bringen“, sagte Hasenhüttl: „Das wird auf dem Niveau bestraft.“

Und deshalb zittern Leipzig und Dortmund jetzt sogar um Platz drei und den damit zusammenhängenden weichen Fall in die Europa League. Dortmunds Trainer Peter Bosz sagte: „Wir haben jetzt noch zwei Spiele. Die sind wichtig, um in der Europa League weiterzuspielen.“

Es ist schon erstaunlich, wie innerhalb kürzester Zeit aus dem furios stürmenden Bundesliga-Tabellenführer Borussia Dortmund ein von Selbstzweifeln und Verunsicherung gepeinigtes Gebilde wurde, das vor dem Spitzenspiel gegen den FC Bayern (Samstag, 18.30 Uhr) angesichts der sportlichen Krise zittern muss.

Die beste Nachricht des Abends war noch: Immerhin hat der BVB den direkten Vergleich gegen Nikosia nicht verloren. Jetzt entscheidet die bessere Tordifferenz im Kampf um Platz drei. Und dafür zählt es, gegen Tottenham und Real Madrid nicht zu viele Gegentore zu kassieren – nicht gerade Dortmunds Stärke. „Es ist eine schwere Phase, in der es nicht läuft“, sagte Marcel Schmelzer. „Da müssen wir durch. Weiter hart arbeiten, trainieren, dann kommen wir da raus.“ Und dann rutschte dem Kapitän noch das Wort heraus, das in Dortmund zwar allgegenwärtig ist, aber dennoch auf dem Index steht: „Krise“.

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