Botschafter in Kingston


Das Trommeln des Tropenregens, heftige Böen und das Hupen der Autos auf der Waterloo Road dringen durch die Fenster der deutschen Botschaft in Kingston. Kingston ist die Hauptstadt Jamaikas und liegt an der Südostküste der drittgrößten Insel der Karibik. Das Wetter ist das ganze Jahr über tropisch-feucht mit Durchschnittstemperaturen von 26 bis 32 Grad. Nur in den Blue Mountains, einem Gebirge nördlich von Kingston, ist das Klima etwas gemäßigter. Die deutsche Botschaft befindet sich mitten im Zentrum und ist nicht weit vom Bob-Marley-Museum entfernt. Frank Bernhardt, der Verwaltungsleiter und stellvertretende Botschafter, beginnt seinen Arbeitstag um 7 Uhr. Sofort ins Auge springt eine handbreite wehende Deutschlandflagge. Der Geruch von Papier, Sesselleder und Regen liegt in der Luft. Der 50-Jährige hat braune Haare, trägt Anzug, die Krawatte liegt griffbereit im Aktenschrank. Das ist seine Berufskleidung, denn er ist seit September 2021 für den inneren Dienst, das Personalwesen, die Finanzen und die Liegenschaften verantwortlich. Im Herbst 1992 fing er an, beim Auswärtigen Amt zu arbeiten. „Ich kümmere mich auch um Entwicklungshilfeprojekte und politische Arbeiten im Rahmen der Vereinten Nationen, dazu gehören insbesondere Menschenrechte und Seerechte.“

Bernhardt wurde im Bundesland des Apfelweins geboren, in Hessen. Dort verbrachte er seine Kindheit, in der sich sein Interesse für Sprachen früh zeigte. Heute spricht der Beamte Englisch, Französisch, Spanisch, Norwegisch und Mazedonisch. Spanisch lernte er, weil er eineinhalb Jahre in Buenos Aires zur Schule ging. „Englisch und Französisch eignete ich mir während meiner Ausbildung zum Beamten an.“ Eine Art Volkshochschulkurs belegte er in Norwegen. „Am Ende meiner Zeit dort wurde ich für einen Südnorweger gehalten.“ In Mazedonien nahm Bernhardt Privatunterricht, und wie der Zufall es wollte, lernte er später seine Ehefrau in Berlin kennen, die aus Skopje stammt. Dadurch hat sich sein Mazedonisch perfektioniert.

Beziehungen werden auf die Probe gestellt

Umziehen ist Teil des Berufs als Beamter im diplomatischen Dienst. „Beim Einstieg in das Berufsleben im Auswärtigen Amt sichert man vertraglich uneingeschränkte Versetzungsbereitschaft zu.“ Das bedeutet, dass man alle drei bis vier Jahre umzieht. Meistens werden zwei Standzeiten im Ausland verbracht, und danach geht es wieder ins Inland, also nach Berlin, für eine Standzeit. Eine Standzeit beträgt vier Jahre. Bernhardt war schon in einigen Ländern. „In Tunis begeisterte mich die erste Berührung mit der arabischen Kultur, denn ich war zuerst skeptisch, wurde dann aber doch in ihren Bann gezogen. Tunis hat mich mit ihrer Gastfreundschaft, Lebensart, Kulinarik, Architektur, Kultur und ihren Kunstwerken fasziniert.“ In Skopje ist die Aufbruchsstimmung nach der Unabhängigkeit etwas ganz Besonderes gewesen. „Ich spürte das Interesse an mir als Person ohne meine berufliche Stellung. Die landschaftliche Schönheit, die Architektur und der Islam sind etwas ganz Faszinierendes gewesen.“ Bernhardt kann sich nicht aussuchen, wo es in der nächsten Standzeit hingeht. Jedoch hat er ein Mitspracherecht in Form einer Liste mit eigenen Präferenzen. Dabei gibt es verschiedene Arten von Posten: A-Posten sind die Orte mit ähnlich guten Lebensbedingungen wie in Deutschland. In B-Posten herrschen schwierige Lebensbedingungen, und in C-Posten herrschen schwere Bedingungen oder Krisensituationen. Angegeben werden drei Orte je Posten. Diese können mit einem Wert von eins bis drei belegt werden, wobei eins bedeutet, dass man dort sehr gerne hingehen würde. „Viele Umzüge bedeuten immer wieder neu anfangen, Freunde und das für ein paar Jahre zur Heimat gewordene Land verlassen“, sagt Bernhardt. Beziehungen zu Deutschland werden durch die Zeitverschiebung und die geographische Entfernung oft auf die Probe gestellt.

Ständige Schulwechsel für die Kinder

Auch die fehlende Infrastruktur am Dienstort kann zur Belastung werden. Besonders für mitausreisende Partner ist es oft nicht einfach, da sie ihre Berufstätigkeit in Deutschland aufgeben und sich in der neuen Umgebung zurechtfinden müssen. Kinder von Beamten lernen im jungen Alter die unterschiedlichsten Orte und Kulturen kennen, müssen sich aber genauso oft an ein neues Schulsystem anpassen und neue Freunde finden. Es gibt Dienstorte, die sind gesundheitsgefährdend, und solche, die in Krisengebieten liegen. Dort muss in gepanzerten Fahrzeugen zum Dienst gefahren oder in besonders hergerichteten Containern gewohnt und gearbeitet werden. An jeder Auslandsvertretung werden andere Aufgaben übernommen, etwa in der Rechts- und Konsularabteilung, im Kultur- und Pressereferat oder der politischen Abteilung. Eine Anekdote schildert er aus seiner Zeit in Skopje: Er betreute den Besuch des damaligen Bundesaußenministers Joschka Fischer. Im Ankunftsbereich für Staatsgäste wurde für diesen Anlass die deutsche Flagge mit dem Bundesadler gehisst. Bernhardt kam früh am Flughafen an, um zu sehen, ob protokollarisch alles ordentlich vorbereitet ist. Er sah einen gold-rot-schwarzen Stoff und den Adler im Sturzflug. Sofort machte er darauf aufmerksam. „Pünktlich zur Landung hing die Fahne schließlich richtig herum: in Schwarz-Rot-Gold.“

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