Blätzlebuebe in Konstanz


Ho Narro, Ho Narro“, rufen die Blätzlebuebe laut. An jeder Ecke strahlen die bunten Farben der Bänder, die über die Dächer der Konstanzer Altstadt gespannt sind. Viele Menschen sammeln sich am Straßenrand, werfen Konfetti um sich, lautes Lachen ertönt. Die Stimmung ist ausgelassen, strahlende Gesichter sind zu sehen. Die Musik der Fasnachtsvereine wird lauter. Wenn man sich auf die Zehenspitzen stellt, kann man die Kostüme von Weitem erspähen. Der Blätz sticht dem Zuschauer durch die rund 1500 Stoffflecken und den roten Kamm auf der Haube ins Auge. Der Blätz besteht aus einer Hose, einem Kittel und einer Haube, welche über den Kopf gezogen wird. Der rote Stofffleck auf der Nase ist typisch für den Blätz. Mit der Pritsche in der Hand und dem hellen Klang der kleinen Glocken ziehen sie durch die Altstadt. „Ich finde es immer wunderschön, wenn am Fasnachtssonntag 600 bis 800 Blätz am Umzug teilnehmen, das ergibt immer ein tolles Bild“, sagt Zunftmeister Roland Scherer.

Ein Blätz in jedem zehnten Haushalt

Die Blätzlebuebe sind ein wichtiger Teil der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. „Es gibt Elemente im Jahr, die gehören für mich dazu wie Weihnachten und Ostern“, sagt der 57-Jährige, „die Fasnacht ist ein starker Identitätsfaktor für mich als Person. Das heißt, dass ich gerne an der Fasnacht unterwegs bin, dass ich gerne andere Menschen treffe, dass ich es gerne habe, die Freude bei den Kindern zu sehen, wenn sie die Fasnacht erleben.“ Diese Freude ist ihm anzusehen. „In jedem zehnten Konstanzer Haushalt hängt ein Blätz im Schrank.“ Die Gemeinschaft schweißt zusammen. „Ich finde es immer schön, wenn man während der Fasnachtszeit durch Konstanz läuft und einen anderen Blätz trifft.“ Nicht nur unter den Blätzlebueben bildet sich eine Gemeinschaft, alle Fasnachtsvereine in Konstanz sind miteinander durch ihre Leidenschaft verbunden. „In Konstanz gibt es 70 andere Fasnachtsvereine, jeder hat seine Existenzberechtigung, jeder hat seine Funktion – und das Schöne ist, dass man mit den anderen zusammen etwas macht.“ Fasnacht verbindet Menschen, egal ob jung oder alt. „Meine erste Fasnacht habe ich wahrscheinlich im Kinderwagen erlebt.“ Ursprünglich kommt Scherer aus Markdorf am Bodensee. „Meine Eltern waren immer auf der Fasnacht, deshalb bin ich schon als kleines Kind auf der Fasnacht gewesen.“ Nachdem er für das Studium nach Konstanz gezogen war, nahm er auch dort an der Fasnacht teil. Auf dem Land ist die Fasnacht persönlicher. Man kennt sich mehr, die Fasnacht ist überschaubarer. In der Stadt feiert man Fasnacht größer, man lernt neue Menschen kennen. „Als ich dann einen kleinen Sohn bekommen hatte, wollte er natürlich auch an die Fasnacht – und er wollte unbedingt zum Blätz, so bin ich in die Zunft reingewachsen.“

Absprachen mit der Stadt und anderen Vereinen

Später, als er 2007 selbst in die Zunft der Blätzlebuebe eingetreten ist, leistete er viel Kinder- und Jugendarbeit. „Es ist nicht einfach, wenn man aus einer anderen Stadt kommt, in eine neue Zunft zu gehen“, erinnert er sich. Wenn ein Mitglied Zunftmeister werden will, muss es zuerst in den Narrenrat. Dieser besteht aus 14 aktiven Mitgliedern, die in den vergangenen Jahren besonders positiv aufgefallen sind: „Ich bin zum Narrenrat gewählt worden, dann gab es einen Wechsel, und ich wurde gefragt, ob ich Zunftmeister werden will.“ Mitglieder fallen positiv auf, wenn sie sich in der Zunft engagieren. „Je näher die Fasnacht kommt, desto mehr ist zu tun.“ Bei der Planung der Fasnacht muss der Zunftmeister viele Aspekte miteinbeziehen, Absprachen mit der Stadt werden erledigt, er setzt sich mit den anderen Vereinen zusammen, auch unter den Blätzlebueben läuft die Vorbereitung in den einzelnen Abteilungen auf Hochtouren. Am Fasnachtsmontag beispielsweise müssen die Wege für Feuerwehrzufahrten frei gehalten werden, es braucht Genehmigungen zum Befahren der Fußgängerzone. „Alle Veranstaltungen, welche wir im öffentlichen Raum durchführen, benötigen entsprechende Genehmigungen“, erklärt der Regionalwissenschaftler und Direktor eines Forschungsinstitutes an der Universität St. Gallen. Aus Erfahrung weiß er, dass nach langer partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung alle Vorhaben machbar sind. Die Planung der nächsten Fasnacht beginnt spätestens im Sommer, konkrete Vorbereitungen folgen im Herbst. Jedes Zunftmitglied der Blätzlebueben bekommt jeweils am Ende des Jahres den „Hahnenschrei“, die Vereinszeitschrift. Jubiläen einzelner Mitglieder werden aufgelistet, Pläne der Zunft werden beschrieben, das Magazin dient als Informationsübermittlung, damit jeder Blätz auf dem neusten Stand ist.

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