Am 25. Dezember muss alles laufen“, betont Christoph Mack, Organisator des Freiburger Weihnachtszirkus „Circolo“, während sein freudiger Blick durch das Vorzelt mit dem Weihnachtsbaum und den weinrot verhangenen Wänden streift. „Weihnachten ist vom Gefühl her etwas Warmes“, erklärt der 61-jährige Südbadener, dem es viel bedeutet, dass dieses Gefühl bei Besuchern des Zirkus ankommt. Mit durchschnittlich rund 40 000 Besuchern im Jahr ist das für Mack und seine Mitarbeiter eine große Herausforderung, der sie sich jedes Jahr aufs Neue stellen.
Als Ministrant beim Zirkuspfarrer
Bevor Mack die Organisation des Weihnachtszirkus vor 13 Jahren übernahm, war der ausgebildete Realschullehrer selbst hauptberuflich auf der Bühne tätig. „Als Kind wollte ich Clown werden, bin dann aber schlussendlich Zauberer geworden“, sagt er lachend. Da seine Grundschule am ehemaligen Freiburger Messplatz lag, beobachtete er fasziniert von der Schulbank aus, wie Zirkusse ihre Zelte aufschlugen, traf auf Artisten und ihre Kinder. Logische Folge sei es deshalb gewesen, dass er als Ministrant einen Zirkuspfarrer begleitete. Um neben der Zauberei, die ihn quer durch Deutschland führte, ein weiteres Standbein zu haben und mehr zu Hause sein zu können, stieg er vor 26 Jahren in den Variété-Bereich ein und organisierte Veranstaltungen.
„In einem Weihnachtszirkus muss für jeden etwas dabei sein.“ Deshalb enthält das Programm Elemente, die den Interessen einer ganzen Familie gerecht werden: keine Nummern mit Wildtieren, dafür aber moderne Acts wie Breakdance, komische und spannungsgeladene Nummern, im Raum Freiburg noch nie gesehene Darbietungen. Dass es Mack mit abwechslungsreichen Showeinlagen gelingen muss, ein ausgewogenes Programm zu bieten und dabei weihnachtliches Ambiente zu erzeugen, wurde ihm früh klar. Heute amüsiert es ihn, wenn er an Nummern seiner Anfangsphase denkt, die er originell und modern fand, die aber für wenig Begeisterung sorgten. So wie beim Rammstein-Projekt, bei dem extravagante Clowns zu lauter Rammstein-Musik in der Manege ihre Späße trieben, worüber sich ein Großvater lautstark empörte, als er mit seinem Enkel den Zirkus verließ.
Etwas schelmisch Boshaftes
„An Weihnachten wirklich gute Artisten zu bekommen, ist ein Kampf.“ Um Ausschau nach passenden Künstlern zu halten, fährt er jedes Jahr nach Paris zum „Cirque de Demain“, einer Plattform für Nachwuchstalente. Dort trifft er auf drei Typen von Artisten: diejenigen, die eine Artistenschule besucht haben. Profiturner wie die Russin Oxana Mal-dur, eine Sportgymnastin, die Mack mit der Formation Trio Angelis anheuerte und die Salti macht. Artisten, die in eine Artistenfamilie hineingeboren werden und die Familientradition fortführen.
Der Hochseilartist Ladislav „Diablo“ Kaiser ist ein Vertreter dieser Zunft und sorgte bei der vergangenen Show für Hochspannung. Mit kahlrasiertem Kopf und stämmig muskulöser Statur tritt Ladislav auf. Schon die Schminke aus schwarz-roten Linien auf Kopf und im Gesicht verleiht ihm etwas schelmisch Boshaftes. Er sorgt für gemischte Gefühle: Ungesichert klettert er über ein dünnes Seil zehn Meter nach oben. Um ihn noch sehen zu können, müssen die Zuschauer der ersten Reihe ihre Köpfe in den Nacken legen. Wenn er beim Hochklettern einen Ausrutscher vortäuscht, liegen bei einigen die Nerven blank. Niemand wendet die Augen von dem gefährlichen Spektakel ab. Ladislav selbst schmunzelt, lacht und interagiert heiter mit dem Publikum. Im nächsten Moment balanciert er nach einem dämonischen Schrei mit einer Stange in den Händen über das Seil.
Dann kam die italienische Großfamilie
An Heiligabend und den weiteren Weihnachtsfeiertagen sind für den 38-jährigen Tschechen aber der Nervenkitzel und das Adrenalin Nebensache: „Hier zählt nur die Familie.“ Da er auch in der Weihnachtszeit meist in einem Zirkus tätig ist, zieht er sich mit seiner Frau und seinen drei Kindern in den eigenen Wohnwagen zurück und genießt dort die Festtage. Zu Anfang glaubte Mack, ein gemeinsames Feiern mit all den Darstellern wäre das, was den Artisten diese Zeit fern von zu Hause angenehmer machen würde. Doch ihm wurde bewusst, dass die aus unterschiedlichen Ländern stammenden Artisten auf ihre eigene Art Weihnachten feiern möchten. So ließ er erstaunt einen italienischen Clown gewähren, als dieser ihn um Erlaubnis bat, ob er seine Familie über die Feiertage zu sich holen dürfe. Dass kurz darauf plötzlich seine Großfamilie mit 15 Wohnwagen vor dem Zirkus stand, damit hatte Mack nicht gerechnet
Er liebt ihre leuchtenden Augen
Damit überhaupt eine wohlige Atmosphäre entstehen kann, muss das Zelt durchgehend teuer beheizt werden, um zu verhindern, dass Wasserleitungen nicht gefrieren und der Schnee auf dem Dach nicht liegenbleibt. Zum anderen ist es wichtig, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, indem Mack eine dezente winterlich-weihnachtliche Dekoration im Vorzelt und in der Manege anbringt. „Das ist auch das, was einen Weihnachtszirkus ausmacht.“ Dazu trägt das Zirkusorchester bei, das über der Manege unter einem Sternenhimmel Livemusik erklingen lässt und durch die Show begleitet. Dazu gehören eine poetische Abschlussnummer, etwa mit dem chinesischen Duo Ying und seiner anmutigen Artistik, und dem sich anschließenden sanften Schneeregen am Schluss der Vorstellung als Highlight. Mack liebt es, „wenn Kinder wie auch Erwachsene den Zirkus mit glühenden Wangen, zufriedenen Gesichtern und leuchtenden Augen wieder verlassen“.
Sie können mehr von den nachrichten auf lesen quelle