Leonberg„Alkohol ist immer ein Thema“
Leonberg – Die Polizei ist mit den Ergebnissen ihrer Kontrollaktion nur teilweise zufrieden. Noch immer kommen Jugendliche an vielen Stellen einfach an harten Alkohol. Der Leonberger Revierleiter Markus Geistler beschreibt die derzeitige Situation.
Herr Geistler, was hat die Polizei durch die wiederholten Testkäufe mit Jugendlichen Lockvögeln gelernt?
Lernen mussten in erster Linie die Ladenbesitzer und Verkäufer. Nämlich, dass das Aussehen der Kunden nicht unbedingt Rückschluss auf deren tatsächliches Alter zulässt. Und sie mussten lernen, dass es nicht so einfach ist, unter Zeitdruck aus dem Geburtsdatum das korrekte Alter zu errechnen. Und auch, dass die Polizei die Einhaltung der bestehenden Vorschriften regelmäßig kontrolliert. Wir haben festgestellt, dass sich seit der letzten Testkaufaktion die Abgabe-Quote von Alkohol an Jugendliche deutlich verringert hat.
Kommen Jugendliche im Vergleich zu früheren Jahren heute leichter oder schwerer an harte alkoholische Getränke?
Unsere Erkenntnis ist, dass es nach wie vor relativ einfach für Jugendliche ist, an hochprozentigen Alkohol zu kommen. Der Vergleich zu früher ist schwierig. Man könnte aber sagen, dass einerseits zwar die Regelungen strenger sind und dass auch immer mehr kontrolliert wird, dass andererseits aber durch die Vielzahl der Läden, die oftmals auch abends geöffnet haben, die Gelegenheiten zum Kauf zugenommen haben.
Hat sich die Haltung von Gastronomen oder Verkäufern, beispielsweise am Kiosk oder an der Tankstelle, verändert? Ist man da sensibler geworden?
Definitiv sind die Vorschriften zum Jugendschutz bekannt, die Mitarbeiter werden in vielen Betrieben auch entsprechend geschult. Oftmals spielen aber Zeitdruck oder vielleicht auch eine gewisse Gedankenlosigkeit eine Rolle, wenn die entsprechenden Gesetze nicht beachtet werden. Ganz sicher gibt es aber auch den einen oder anderen Laden, in dem die Vorschriften bewusst nicht besonders konsequent beachtet werden.
Ist Alkohol bei Jugendlichen in der Fläche noch ein Thema oder trinken nur einzelne regelmäßig zu viel?
Alkoholkonsum bei Jugendlichen ist heute wie früher in der Fläche ein Thema. Nur wird er heute auch mehr zu diesem Thema gemacht. Dafür sind sicher die Exzesse verantwortlich, wie wir sie beispielsweise bei Facebook-Partys, die in Gewalt enden, oder bei Abschlussfeiern erlebt haben, nach denen wir Jugendliche in völlig hilfloser Lage aufgegriffen haben. Es gibt aber durchaus auch einzelne Jugendliche und junge Erwachsene, die immer wieder durch übermäßiges Trinken auffallen. Auch junge Mädchen werden vermehrt in volltrunkenem Zustand angetroffen. Generell zeigt sich, dass immer früher harte Alkoholika getrunken werden.
Was wird genau getrunken?
Insbesondere Wodka ist hier angesagt. Von den Mädchen werden vor allem süße Mix-Getränke konsumiert. Auch wird mehr in der Öffentlichkeit getrunken. Früher war es eher dagegen uncool, mit einer Flasche Bier in der Hand auf der Straße herumzulaufen.
Welche Altersgruppen sind besonders gefährdet?
15- bis 25-Jährige fallen bei uns besonders auf, allerdings in unterschiedlichen Konstellationen: Während die jüngeren eher durch die Alkoholisierung an sich auffallen, werden durch die Älteren in dieser Gruppe häufig Straftaten unter Alkoholeinwirkung begangen.
Welche Maßnahmen helfen Ihrer Erfahrung nach, damit die Jugendlichen erst gar nicht auf den Geschmack kommen?
Der Geschmack lässt sich ja bekanntlich wenig beeinflussen. Wichtig ist für uns, dass Jugendliche den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol lernen. Dies geschieht zum Beispiel, in dem man möglichst zielgruppengerecht Gefahren aufzeigt, wie zum Beispiel mit unserer Aktion „stay gold“. Aber auch spürbare Konsequenzen nach Fehlverhalten unter Alkoholeinwirkung sind für uns ein wesentlicher Bestandteil der Prävention. Viel wichtiger ist aber eine funktionierende Sozialkontrolle in der Familie, unter Freunden und auch in der Öffentlichkeit und die Stärkung der Persönlichkeiten bereits vom Kindesalter an. Hier sind die Möglichkeiten der Polizei beschränkt und wir haben es mehr mit den negativen Auswirkungen zu tun, wenn Prävention und Aufklärung fehlgeschlagen sind.
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