Sierra Leone Gesundheitsradio


Wuna good evening me fambul dem, dis na lion for lion welbodi talk“ („Guten Abend, liebe Leute, das ist der Gesundheitsvortrag ‚Löwe für Löwe‘“), ertönt aus dem Radio eine weibliche Stimme. Sie gehört der Krankenschwester Marie Turay, die die erste aufklärende Radiosendung am 21. November 2015 auf Krio einleitet, einer auf dem Englischen basierenden Kreolsprache mit afrikanischen Akzenten, die laut Brigitte Amara-Dokubo der Großteil der sierra-leonischen Bevölkerung spricht. Aus einem kleinen blauen Raum wird die Sendung auf der Frequenz 103,5 FM des Senders Star Radio übertragen. „Das Radio ist das Medium, das wir hier für die gesundheitliche Aufklärung nutzen“, erklärt Amara-Dokubo, 1. Vorsitzende des Vereins „Löwe für Löwe“, in einem Videoanruf, während sie in Freetown auf ihrer Terrasse sitzt und fröhlich von Einheimischen begrüßt wird. Die Braunschweigerin lebt erneut für zehn Monate in der Hauptstadt von Sierra Leone, um an den Projekten des Vereins weiterzuarbeiten.

Verbindung durch ihren damaligen Mann

Die Verbindung zu dem westafrikanischen Land entstand durch ihren damaligen Mann Filas Amara, den 3. Vorsitzenden des Vereins, den sie in Deutschland kennengelernt und geheiratet hat. Filas hat ihr das Land und seine Kultur nähergebracht. Nicht nur die Liebe führte Amara-Dokubo nach Sierra Leone, sondern auch der Wunsch zu helfen. 1998, während des Bürgerkrieges, las sie einen Artikel in der Zeitschrift „Brigitte“. Sie war schockiert über die katastrophalen Zustände, aber noch mehr über die geringe mediale Aufmerksamkeit. Der Artikel berichtete über zwei Ärzte, die Kriegsopfer operierten. Amara-Dokubo berührte das Schicksal der Erwachsenen und vor allem das der Kinder. Sie fasste den Entschluss, etwas für die Waisenkinder zu tun, und gründete den Verein „Löwe für Löwe“. Der Name steht für die Löwenstadt Braunschweig und für Sierra Leone, das seine originäre Namensgebung „Serra Lyoa“, Löwenberge, erhielt, da die Berge Picket, Sugar Loaf und Mount Horton von Weitem wie Löwen aussehen. Neben der Radiosendung gibt es weitere Projekte, die die Gesundheit fördern sollen, wie etwa der Bau einer Gesundheitsstation 2010.

Das Hauptziel des Vereins war es anfangs, Kindern zu helfen, die durch den Krieg ihre Eltern verloren hatten. Der aufwendige Bau eines Heims für Straßenkinder 1999 war das erste erfolgreiche Projekt. Sobald diese Kinder auf eigenen Füßen stehen konnten, wurde das Heim geschlossen. Es folgte der Bau von zwei Schulen in Brigitte Village, einem Dorf 53 Kilometer entfernt von Freetown. Die Schulen wurden der Gemeinde übergeben, da das Ziel eine unabhängige Weiterentwicklung der Projekte ist. Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten ist die Hauptintention aller Projekte. „Wir möchten den Menschen eine bessere Zukunft ermöglichen“, betont die Vorsitzende. Ihre Aufenthalte vor Ort sind alles andere als einfach. Sie berichtet von häufigen Stromausfällen, die dazu führen, dass die Ventilatoren ausfallen, das Handy nicht geladen werden kann und auf Internet verzichtet werden muss, sodass sie nicht erreichbar ist. „Das tägliche Leben ist davon betroffen. Glücklicherweise bin ich ja Rentnerin, das heißt, ich kann mir das quasi zeitlich leisten, dass ich auf längere Zeit hier bin. Ich kann mitbewirken und mitentscheiden und nachsehen, dass das hier alles so umgesetzt wird, wie es sein soll.“

Schwangerschaft und Missbrauch von Alkohol

Mangelnde Aufklärung, begrenzter Zugang zu medizinischer Versorgung und sozioökonomische Ungleichheiten stellen alle täglich vor neue Herausforderungen. „Wer krank ist, geht kaum zum Arzt, nur wenn es ganz schlimm ist“, erklärt die Frau mit den braunen Locken und der Brille. Hinzu kommt, dass sich die wenigsten einen Arztbesuch leisten können, da die Behandlung vorab bar bezahlt werden muss. Deshalb kam die Idee auf, durch eine Radiosendung einfache medizinische Aufklärung zu leisten. Dort werden bestimmte Krankheiten wie Hepatitis oder Themen wie Hygiene und Babyernährung aufgegriffen. „Eine der letzten Radiosendungen war zum Beispiel zum Thema Schwangerschaft und Missbrauch von Alkohol und Zigaretten“, erzählt die 70-Jährige nachdenklich, „da viele Frauen die Auswirkungen auf die Ungeborenen nicht kennen.“ Der einheimische Manager der Radiosendung, Sahid Bangura, bereitet sich intensiv vor und stellt Kontakt zu Experten her. „Apotheker, Ärzte, Schwestern und Hebammen erklären die Inhalte praxisnah. Wir versuchen das so zu vermitteln, dass das jeder verstehen kann“, sagt Amara-Dokubo. Rund 80 Euro betragen die Kosten für die Ausstrahlung im Monat. Finanziert wird das durch Spenden der 40 Vereinsmitglieder. Sofern keine technischen Probleme auftreten, wird alle zwei Wochen samstags gesendet. Vor Ort haben sich Kontakte zu Mitgliedern der Regierung ergeben, was die Arbeit erleichtert. Herzlich verabschiedet sich die Krankenschwester Marie Turay am Ende der dreißigminütigen Radiosendung zum Thema „Warum es wichtig ist, zum Arzt zu gehen“.

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