Rügen ist nicht nur die Kreidefelsen. Das Zusammenspiel von Wasser, Wald und Kreide macht unseren Nationalpark einzigartig“, erklärt André Muswieck, Ranger im Rügener Nationalpark Jasmund, während er mit einer Schülergruppe inmitten von hohen, schlanken Buchen nahe dem Parkplatz Hagen steht. Da der Waldboden von braunem Laub bedeckt ist, versinkt man beim Laufen bis zum Knöchel in raschelnden Blättern. Umgeben von den Buchen, deren Kronen erst 30 Meter über den Köpfen der Besucher auseinandergehen, wandert die Gruppe in Richtung der Kreidefelsen. Kurz darauf zeigt der Ranger auf die dunkle Oberfläche eines Sees, in dem sich der blaue Himmel und die Bäume spiegeln. „An dieser Stelle ist in der letzten Eiszeit ein Eisbrocken liegen geblieben, und nachdem er geschmolzen ist, hat sich inmitten des Buchenwaldes ein Toteissee gebildet“, erklärt Muswieck am Herthasee, der sich Luftlinie 800 Meter entfernt von der Kreideküste befindet.
Er sieht sich als „Wendekind“
Führungen geben und die Schönheit des Nationalparks zeigen ist nur eine der Aufgaben von Muswieck. Seit 1996 ist er einer der neun Ranger im kleinsten Nationalpark Deutschlands. Zu seinen Tätigkeiten zählt auch die Erhaltung der Wege und Treppen, damit Besucher die Natur erleben können, ohne sie zu schädigen. Muswieck achtet darauf, dass die Besucher gewisse Verhaltensregeln einhalten. Absperrungen aufbauen, den Nationalpark sauber halten und sich um die Verkehrssicherung kümmern, damit das Gelände auch für Rettungsfahrzeuge zugänglich ist, sind weitere Tätigkeiten. Muswieck, der sich selbst als „Wendekind“ bezeichnet, hat nach der Wende sechs Jahre lang auf Rügen in der Forstwirtschaft gearbeitet. Da ihm sein Beruf nicht mehr zukunftsfähig erschien, bewarb er sich für den Job als Ranger. Das bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen: „Eine meiner Haupttätigkeiten besteht darin, die Kreidefelsen und den Buchenwald vor dem Massentourismus zu schützen.“ Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als die Erschließung der Küste Rügens für Touristen begann, ist der Königsstuhl, ein berühmter Kreidefelsvorsprung, ein Anziehungspunkt. Um den Kreidefelsen und die 250 Jahre alten Bäume, die auf ihm wachsen, vor Besuchermassen zu schützen, wurde im Frühling eine schwebende und barrierefreie Aussichtsplattform eröffnet, der „Skywalk Königsstuhl“.
Nur noch die Weite des Meeres
Die Schüler lassen sich das beliebteste Fotomotiv des Nationalparks, den Blick von der Victoriasicht auf den 118 Meter hohen Königsstuhl, nicht entgehen. Das strahlende Weiß des majestätischen Felsvorsprungs sticht aus dem Blaugrau des Meeres hervor. In der Nähe des Aussichtspunktes können sich Besucher auf eine kleine, über die Klippen hinausragende Plattform stellen, wo man keinen Boden mehr unter den Füßen hat und vor sich nur noch die Weite des Meeres sieht. „Der Besuch dieses schönen Naturerbes des Nationalparks kann allerdings nur reibungslos vonstattengehen, wenn sich die Besucher an einige Regeln halten“, führt Muswieck den Schülern vor Augen, während er vor einem Schild mit Verhaltensregeln steht. Er erklärt, welche Verbote Besucher beachten müssen, damit das Ökosystem rund um die Kreidefelsen bewahrt wird. Hunde müssen stets angeleint sein, man darf weder Feuer machen noch Drohnen fliegen lassen, und die Wege dürfen nicht verlassen werden. Da sich nicht alle an das letzte Verbot halten, gibt es an manchen Stellen einen Holzzaun, der den Weg von den Klippen trennt. Dass dies wirklich nötig ist, wird klar, als Muswieck, selbst aktiver Feuerwehrmann, von Besuchern erzählt, die in Notsituationen geraten waren. „Einmal sind ein Mann und eine Frau unbedacht ihrem Hund hinterher die Kreidefelsen hinuntergeklettert. Der Hund ist wieder nach oben gekommen, im Gegensatz zu seinen Besitzern, die unten festsaßen und gerettet werden mussten.“ Weil der Besuch durch fahrlässiges Verhalten ein gefährliches Ende nehmen kann, gibt es Orientierungspunkte, um notfalls den genauen Standort mitteilen zu können.
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