Das haben sie sich selbst zuzuschreiben: Preisverleihung von „Jugend schreibt“

Beide Jugend-schreibt-Preise der FAZIT-Stiftung gehen in diesem Jahr in die Schweiz an die Kantonsschule Uetikon am See. Ausgezeichnet wurden am Donnerstag ein Kurs und eine Autorin. Originelle Themen, gut recherchierte Texte und aufgeweckte Schweizer Gymnasiasten waren nach Frankfurt am Main gereist, um im großen Saal des F.A.Z.-Towers Lob und Preis zu erhalten. Gerald Braunberger ist als Herausgeber der Wirtschaftsredaktion für die beiden Jugendprojekte zuständig und hatte dementsprechend ein paar Zahlen parat: Rund 56.000 Schüler haben bisher an der Lese- und Schreibwerkstatt Jugend schreibt teilgenommen, die die F.A.Z. jetzt zum 37. Mal gemeinsam mit dem medienpädagogischen Izop-Institut anbietet. 1.388 Seiten mit Beiträgen sind bisher erschienen.

Ursula Kals

Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Jugend schreibt“.

Fast noch wichtiger als die Möglichkeit, selbst Artikel zu schreiben, ist das E-Paper, das die Kurse ein Jahr lang kostenlos erhalten. Denn Lesefreude zu entwickeln ist alles andere als ein Selbstläufer. So lesen sich andere Zahlen über den Medienkonsum junger Menschen weniger erfreulich: Der Anteil der 12- bis 19-Jährigen, die Zeitungen oder Bücher lesen, sinkt stetig. Laut der repräsentativen JIM-Studie 2023 sind die 12- bis 19-Jährigen durchschnittlich 224 Minuten täglich online. Dabei spielen insbesondere Messenger und Social Media eine große Rolle. Whatsapp wird von 94 Prozent regelmäßig genutzt. Doch nur 12 Prozent lesen täglich gedruckte Bücher. Gedruckte Zeitungen und Zeitschriften sowie deren Onlineangebote sind noch schwächer in den Alltag der 12- bis 19-Jährigen inte­griert.

„Eine völlig neue Erfahrung“

Das war bei den 100 Kursen, die im vergangenen Jahr an Jugend schreibt teilgenommen haben, anders. So wie bei der Klasse von Matthias Böhni. „Ich glaube, die Klasse hat sehr viel gelernt. Nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim kritischen Zeitunglesen. Der Kurs hat zwei Semester wöchentlich ein Lesejournal geführt, und das haben alle gut gemacht, ich würde sogar sagen, das Lesejournal war mindestens so gut wie die Artikel. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, wie originell Titel, Bilder, Texte sein können, wie viel Arbeit und Geist hinter einer hochwertigen Zeitung steckt und was es alles für interessante Themen gibt, sei es im Sport – Fußball war hier besonders beliebt –, in der Technik, der Politik oder der Kultur“, sagt der Lehrer.

Danach haben die Schüler die Seiten gewechselt und selbst Artikel geschrieben. Matthias Böhni sagte, dass er ziemlich kritisch gewesen sei, viel verlangt habe, um sie zu begeistern. Die Hürde war hoch: „Für die Klasse war es ja eine völlig neue Erfahrung plötzlich als Reporter der großen F.A.Z. aufzutreten. Ich musste ihnen zuerst auch Mut machen und ein bisschen Selbstbewusstsein einflößen.“ Das Ergebnis spricht für sich. Insgesamt 14 Beiträge von seinem Kurs sind auf der immer montags erscheinenden Seite bisher veröffentlicht worden.

Fünf Schüler nahmen stellvertretend für die anderen den mit 2500 Euro dotierten Preis entgegen. Sara Engi, Jasmine Sege, Ilari Kind, Joshua Meister und Gina Brupbacher freuten sich über die Ehrung und Urkunden für ihre Arbeit: Darin wurden zwei Berufswechsler porträtiert: ein Medienmanager betreibt jetzt erfolgreich einen Foodtruck, ein Architekt hat zum Busfahrer umgeschult. Auch sportlich ging es zu: So besuchten die jungen Reporter einen Fußballer, der es in die U-17-Mannschaft geschafft hat sowie einen Ruderclub am Zürichsee. „Die Berge kriegen jeden klein“ lautet eine feine Beobachtung darüber, was Menschen wirklich auf einer einsamen Alp im Wallis machen. Unter dem Titel „Bei ihm sehen alle alt aus“, wird ein Mann vorgestellt, der antike Motorräder und Fahrräder sammelt. Ein anderes Por­trät widmet sich einer Frau, die aus ausrangiertem Segeltuch Taschen fertigt. Vorgestellt wird ein Unternehmer, der mit einem Erotikshop Millionen verdiente, ihn dann verkauft hat, inzwischen bewusst minimalistisch lebt und nun als Curler für Olympia trainiert.

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