Wie stark Kinder und Jugendliche in Deutschland von Armut bedroht sind, hängt nicht zuletzt von der Bildung ihrer Eltern ab. Laut Statistischem Bundesamt lag die Armutsgefährdungsquote von unter 18-Jährigen im vergangenen Jahr bei 37,6 Prozent. Bei Eltern mit höheren Abschlüssen sank die Quote deutlich.
Im vergangenen Jahr waren in Deutschland fast 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut bedroht. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, hängt das Armutsrisiko stark vom Bildungsstand der Eltern ab: Je niedriger die Bildungsabschlüsse, desto höher die Gefahr von Armut für die Kinder.
Die Armutsgefährdungsquote der Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss lag vergangenes Jahr bei 37,6 Prozent, wie die Statistiker mitteilten. Bei Eltern mit mittleren oder höheren Abschlüssen sank die Quote auf 14,5 beziehungsweise 6,7 Prozent. Über alle Bereiche hinweg lag die Armutsgefährdungsquote im Schnitt bei 14,8 Prozent. Zu den niedrigen Abschlüssen zählten die Statistiker dabei einen Haupt- oder Realschulabschluss ohne Berufsausbildung. Als mittlere Abschlüsse gelten eine abgeschlossene Berufsausbildung oder das Abitur, höhere Abschlüsse sind beispielsweise ein Meistertitel oder ein abgeschlossenes Studium.
Ein Mensch gilt laut Bundesamt als armutsgefährdet, wenn er über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert demnach für einen allein lebenden Menschen in Deutschland bei 1250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2625 Euro netto.
Linke: „Chancengerechtigkeit gibt es nicht“
„Armut macht krank, grenzt aus und sorgt für weniger Bildungserfolge“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe). Neben der Einführung einer Kindergrundsicherung forderte sie auch höhere Steuern für Reiche und Vermögende. „Wir müssen an die Erbschaftssteuer, die Vermögenssteuer oder auch den Spitzensteuersatz ran“. Nur so könne verhindert werden, dass die Gesellschaft auseinanderdrifte.
„Das Risiko, in Armut aufzuwachsen, ist für Kinder aus Familien ohne Abitur sechsmal höher als für Kinder aus akademischen Familien“, erklärte die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heidi Reichinnek. „Real bedeutet das: Chancengerechtigkeit gibt es nicht. Kinder werden faktisch für den Bildungsabschluss ihrer Eltern bestraft.“ Möglichkeiten, hier gegenzusteuern, wie die Kindergrundsicherung würden von der Bundesregierung „jedoch verschleppt“, erklärte Reichinnek. „Die ‚Ampel‘ zementiert damit diese Zustände.“
„Die Kindergrundsicherung darf nicht zum sozialpolitischen Flop werden“, erklärte auch die Organisation Save the Children. „Wer bei Kindern spart, spart am falschen Ende und treibt die Armutsspirale weiter an.“ Nötig sei ein „großer Wurf, damit in Deutschland jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft die Chance hat, gesund aufzuwachsen und eine Perspektive für die Zukunft zu haben“.
Streit um Kindergrundsicherung
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 verschiedene Leistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag bündeln und leichter zugänglich machen. Die Vorstellungen über die nötigen Mittel für die milliardenschwere Reform liegen zwischen Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen und Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP weit auseinander. Eine Einigung wird in der Koalition nun bis Ende August angestrebt.
Im europäischen Vergleich lag das Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung für Kinder und Jugendliche in Deutschland mit 24 Prozent nur knapp unter dem Durchschnitt. EU-weit waren es 24,7 Prozent. In gut zwei Dritteln der EU-Staaten sei der Anteil dabei niedriger gewesen als in Deutschland. Am niedrigsten war der Anteil den Statistiken zufolge in Slowenien, am höchsten in Rumänien.
Armut oder soziale Ausgrenzung wird für den EU-Vergleich dabei nicht nur als finanzielles Problem betrachtet. Sie sind nach dieser Definition gegeben, wenn entweder das verfügbare Einkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze liegt, der Haushalt von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen ist oder die Erwerbsbeteiligung des Haushalts sehr gering ist.
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