Der Hund, treuester Freund des Menschen, hat in ost- und südeuropäischen Ländern, gerade Rumänien, eine andere Bedeutung als die eines Haustiers. Statt Begleiter erfüllt der Hund die Aufgabe des Schutzes. Schlechte Verhältnisse sind prägend für die Bedingungen, unter denen die Tiere leben müssen. Sie werden im Garten angekettet, ausgesetzt und müssen somit auf der Straße leben, oft abgemagert, verletzt und voller Angst. Um diesen Umständen der Straßenhunde entgegenzuwirken, wurde 2017 der Phoenix Shelter aus einem vor der Schließung stehenden Tierheim in Brăila gegründet, einer Stadt rund 200 Kilometer nordöstlich von Bukarest. Der Shelter umfasst heute 10.000 Quadratmeter, umgerechnet 1,4 Fußballplätze, und steht unter der Leitung des Gründers und Vorstands des Einfach Tierschutz e. V., Jens Waldinger. Fast 400 Hunde und Katzen haben dort ein sicheres Zuhause mit medizinischer Versorgung und gleichzeitiger Resozialisierung sowie einer sicheren Vermittlung. „Jeder Mensch hat eine Bestimmung im Leben, einen Grund, weswegen er auf der Welt ist. Meine Bestimmung ist es, Hunde zu retten“, schreibt Waldinger auf der offiziellen Facebook-Seite des als gemeinnützig anerkannten Tierschutzvereins.
Ebenso geht es Helga-Christine Jilka. Die 54-jährige blondhaarige und liebevolle Frau aus Rohrdorf unterstützt schon seit Längerem den Einfach Tierschutz e. V. Im August 2021 hatte sie ihren ersten Einsatz vor Ort. „Aufregend, emotional und überwältigend“ sind nur einige wenige Adjektive, mit denen sie ihren Aufenthalt beschreibt. Gerade die Arbeit mit den Hunden und die Besuche in den Zwingern ließen sie sprachlos zurück. „Die Dankbarkeit, die man in den Augen der Hunde lesen kann, wenn sie ein paar Streicheleinheiten bekommen, ist unbeschreiblich“, erzählt die gebürtige Rumänin.
Die Tierheime sind überfüllt
Die Armut der Bevölkerung und ein mangelndes Interesse der Regierung, der unkontrollierten Vermehrung der Hunde entgegenzuwirken, sind die Hauptursachen für die Situation der Straßenhunde. Die Abwanderung der Jugend in die großen Städte, die Verarmung der Menschen auf dem Land, die damit einhergeht, zwingt diese, ihre Tiere auszusetzen. Entweder landen sie auf der Straße oder in den städtischen Tierheimen, die oftmals überfüllt sind und mit den großen Zahlen der Straßenhunde, angeblich sechs Millionen im Land, überfordert sind. Dort bleibt ihnen lediglich eine Frist von zwei Wochen, um vermittelt zu werden. Die öffentlich finanzierten Heime sind zu Tötungen gezwungen, um die Zahl der Tiere zu verringern, und haben spezielle Stationen für diese angelegt, um der schieren Masse der Straßenhunde Herr zu werden, jedoch ohne erkennbaren Erfolg. Denn wegen der fehlenden Kastration der Hunde steigen die Zahlen immer weiter an. Aus diesem Grund bietet der Einfach Tierschutz auch seit Mai 2019 regelmäßige Kastrationsaktionen an. Der Verein finanziert seine Aktionen und die Versorgung der Tiere im Shelter ausschließlich aus den Spenden und den Mitgliedsbeiträgen der aktuell 5000 Mitglieder.
Als Mitglied kann man auch vor Ort helfen. Durch eine Reise nach Brăila in den Phoenix Shelter hat man viele Möglichkeiten, sich einzubringen: das Kennenlernen der Tiere, Fütterungen sowie Hilfe bei der Re- und Sozialisierung der Hunde sind einige wenige davon. Jedoch lernt man nicht nur die schönen Seiten des Shelter bei der einwöchigen Reise kennen. Die Mitglieder erhalten auch die Möglichkeit, die örtlichen Tierheime in Gruppen zu besuchen und einige Hunde vor dem sicheren Tod zu bewahren. Dieses Erlebnis schockierte Jilka am meisten, als sie mit ihrer Tochter und zwei weiteren Mitgliedern half. „Zu wissen, dass sie keine Chance haben“, bezeichnet die pharmazeutisch-technische Assistentin als die schlimmste Erfahrung bei ihrem Aufenthalt in Brăila. Dennoch war die Rettung der Hunde gleichzeitig auch „unglaublich emotional“. Die geretteten Hunde auf dem Arm zu halten, ihre Freude durch Küsse zu spüren und dem Zittern ihrer Glieder ein Ende setzen zu können, das ist es, was die Arbeit und Mühe so wertvoll macht. „Man muss nicht viel tun, aber man muss etwas tun“, sagt die zweifache Mutter. Eine kleine Spende an die Organisation genügt bereits, um die Misshandlung zu unterbinden und die Tiere in Rumänien zu unterstützen. „Es gibt in meinem Leben ein Davor und ein Danach. Vor der Reise in den Phoenix Shelter und nach der Reise dorthin, denn seitdem weiß ich, wofür es sich täglich lohnt zu kämpfen: meine Hunde dort im Shelter. Ich bin zwar wieder in Deutschland, aber mein Herz ist dort bei den Hunden geblieben.“
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