Die Sportschuhe quietschen auf dem glatten Hallenboden. Noch vor der Tür hört man, wie die Schläge auf Schlagpolster, sogenannte Boxpratzen, treffen. Ein lautes Pfeifen ertönt, und die Partner werden gewechselt. Der Klang von schnaufenden Boxern beherrscht die Halle. Und selbst in solch einer Spannung verliert niemand seine Deckung. Überall verteilt stehen Trainer, die achtsam die Technik der Kämpfer überwachen. Diese sind müde, aber sie hören nicht auf. Unter den Kämpfern befindet sich auch ein Hessenmeister: Danylo Demchenko. Mit gerade mal drei Jahren kam Demchenko nach Deutschland. Seitdem wohnt er in Taunusstein. Nur seine eigene engste Familie kam nach Deutschland, die anderen blieben in der Ukraine. Inzwischen ist er 20 Jahre alt.
Nevzat Senkal ließ nicht locker
Geboren ist er in Dnipro. Eigentlich wollte der junge Ukrainer Fußballer werden, doch durch seinen Vater schlug er den Weg des Boxens ein. Danylo Demchenko besuchte noch die fünfte Klasse an der Regenbogenschule in Bleidenstadt, als sein Vater ihn zum Amateur-Boxverein ABV schickte. Bleidenstadt ist der größte Stadtteil von Taunusstein. Der ABV gehört zum Deutschen Boxsport-Verband. Dieser besitzt gut 72.000 Mitglieder in knapp 900 Vereinen. Mittlerweile hat der ABV etwa 50 Mitglieder, von denen man 20 immer im Training sieht. Dort trainiert auch Demchenko, zusammen mit seinem Trainer Nevzat Senkal. Seinen ersten Tag im Training wird er nie vergessen: Allein betrat er dieselbe Halle wie heute, die mit Erwachsenen gefüllt war, und er begann das Training mit dem Ko-Trainer Costa. Am Ende des Trainings war er sich noch unsicher, ob Boxen etwas für ihn ist. Jedoch ließ Nevzat Senkal nicht locker, was Danylo Demchenko bis heute wertschätzt.
Es dauerte nahezu zwei Jahre, bis er seinen ersten Kampf bestritt. Mit bereits vier absolvierten Kämpfen war sein Gegner weitaus erfahrener als der Newcomer. Demchenko wollte zuerst aufgeben, noch bevor der Kampf begann, aber sein Trainer begleitete ihn durch die jubelnde Menschenmenge. „Du schaffst das“, gab er ihm noch kurz vor dem Kampf mit. Trotz der Lautstärke hörte der Boxer nichts, sein ganzer Fokus lag auf seinem Gegner. Der Ringrichter legte los, und das Durchhalten zahlte sich aus: Bereits in der zweiten Runde gewann Demchenko mit einem technischen Knockout. Eigentlich sollte der Kampf über drei Runden gehen. Ein technischer Knockout bedeutet, dass der Gegner noch bei Bewusstsein ist, sich aber nicht mehr wehren kann. „Es war ein Sieg, welcher in mir ein Feuer entfacht hat.“ Anschließend trainierte er tagtäglich auf seine nächsten Kämpfe. Sein Ansporn lag darin, seinen Trainer nicht zu enttäuschen.
Rettung aus einer schweren Zeit
Nach weiteren Kämpfen nahte die Hessenmeisterschaft. Dort schlug der damals 16-jährige Danylo den Favoriten und gewann die Meisterschaft. Für ihn war das Boxen wie eine Rettung aus einer schweren Zeit. „Er ist wie ein liebevoller Onkel für mich“, sagt er über seinen Trainer. Ein schlechtes Umfeld und falsche Werte hatten sein Leben geprägt. Der Grat zwischen dem guten und dem schlechten Weg sei sehr schmal. Das schlechte Umfeld steht für wildes Feiern und Drogen, wovon sich Danylo absolut distanzierte. „So etwas vertrete ich nicht, und ich bin stolz darauf, meinen eigenen Weg gegangen zu sein“, fügt er hinzu.
Demchenko arbeitet aktuell selbständig für die Firma Heim & Haus und verkauft von Tür zu Tür ihre Produkte rund um Bauelemente wie Fenster, Rollladen oder Terrassenelemente. Die Disziplin, die er für die Selbständigkeit benötigt, hat er vom Boxen. Sein nächstes Ziel ist es, einen jüngeren Boxer des ABV zur Hessenmeisterschaft zu bringen und auf diese Weise in die Fußstapfen seines Trainers zu treten. Selbst möchte Demchenko nicht wieder bei einer Meisterschaft antreten. Bei der letzten erlitt er eine schwere Verletzung und ihm wurde daraufhin von einem Arzt abgeraten, dass er noch einmal bei einer Meisterschaft antritt.
Sie können mehr von den nachrichten auf lesen quelle