Trachten-Schneiderin in Appenzell


Ein hell und lieblich gestalteter Raum eröffnet sich beim Aufschieben der Tür zu Monika Schmalbachs Trachtenatelier. Im Hintergrund ist das leise Rattern einer Nähmaschine zu vernehmen. Die Luft ist von süßlichem Duft der frisch gewaschenen Stoffe erfüllt. Hier wahrt Monika Schmalbach die wichtige Appenzeller Tradition der Trachten. Eine Tradition, die im Appenzellerland an den jährlichen Viehschauen oder Alpauf- und Alpabzügen gelebt wird. So werden die durch ihre Farben, wie zum Beispiel Gelb, Rot und Blau, einzigartigen Trachten stets gebraucht und sind keineswegs eine veraltete Tradition. Monika Schmalbach übernahm vor zehn Jahren den Posten als Trachtenschneiderin in ihrem Atelier, mit der wohl perfekten Aussicht auf den hell erleuchteten Alpstein. Zu dieser außergewöhnlichen Denkmalpflege kam sie nach dem Abschluss ihrer Lehre als Schneiderin. Wobei sie beteuert: „Damals in der Lehre habe ich nichts verdient, aber ich blieb trotzdem hartnäckig, und durch die Leidenschaft meiner Mutter kam auch ich zum Trachtennähen.“

Ungewisse Zukunft

Später lernte sie so die Vielfalt der Appenzeller Trachten durch die etlichen Kombinationen der Einzelteile zu verstehen und lieben. Dienstags arbeitet sie in ihrem Atelier in Teufen und empfängt ihre breit gefächerte Kundschaft, den Rest der Woche verbringt sie 15 Minuten entfernt zu Hause in Niederteufen, wo sie mit ihrer Familie lebt. Ihr Mann ist Dachdecker und arbeitet momentan vor allem als Monteur von Dachfenstern. „Mir ist das Trachtennähen ein Hobby, das ich liebe.“ Habe sie einen stressigen Tag gehabt, setze sie sich abends gerne vor die Nähmaschine und sei anschließend wieder zufrieden. Dabei beteuert sie: „So etwas wie einen Alltag habe ich nicht. Es ist immer unterschiedlich, was und wie viel ich nähe.“ Jeder Kunde und damit jede Tracht sei anders.

Privat besitzt sie eine Wintertracht und eine sogenannte Werktagstracht, die früher vor allem zum Arbeiten unter der Woche getragen wurde. Leicht melancholisch bedauert sie, dass sie ihre Trachten zu wenig gebrauche, da eine Tracht heutzutage kaum mehr als Alltagsgarderobe getragen werden könne. Auch ihre Kunden nutzen die von ihr gefertigten Stücke hauptsächlich für spezielle Anlässe. „Leider ist die Zukunft der Trachten in der ganzen Schweiz sehr ungewiss.“ Doch vor allem im Kanton Appenzell Ausser­rhoden glaubt sie fest daran, dass es auch in Zukunft eine Tradition bleiben wird, nicht zuletzt wegen der Trachtenvereinigung Appenzell Ausserrhoden und ihren Bemühens. „Trachten sollte man sich aber trotzdem nicht einfach so kaufen“, findet sie. Denn der Preis einer Tracht kann bis zu fünftausend Schweizer Franken betragen. „Eine Tracht ist etwas, was man das Leben lang tragen können wird.“

Keine Kombination mit anderem Kanton

Sie betont: „Wer eine Tracht nicht zu schätzen weiß oder gar ihren Nutzen verfälscht“, indem jemand zum Beispiel ein Einzelteil zu Alltagskleidung oder einer Tracht aus einem anderen Kanton kombiniert, dem antworte sie klar: „Nein, das geht nicht. Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen, das kann ich einfach nicht zulassen. Ziel ist nicht nur, Traditionen zu wahren, sondern auch No-Gos zu meiden.“ Dabei gilt es zu unterlassen, dass die einzelnen Teile unter sich nicht richtig kombiniert werden. Die braune Werktagstracht darf etwa nur mit einem sogenannten beigen Fichu getragen werden, wohingegen dies bei der Sonntagstracht unbedingt ein weißes Tüllfichu sein muss. Das Fichu bezeichnet eine Art gehäkeltes Halstuch, eines der wichtigsten Bestandteile der Frauentracht. Auch hier ist Monika Schmalbach strikt: „Eine unvollständige Tracht ist keine richtige Tracht.“ Eine Tracht besteht aus bis zu zehn Teilen, von denen keins vergessen werden darf. Dazu gehören die Tracht an sich mit einer Schürze und der Bluse und schwarze Trachtenschuhe mit Schnalle. Das Tragen einer Tracht schildert Monika Schmalbach als etwas ganz Besonderes. Auch ihre Kinder seien immer wieder aufs Neue davon begeistert, ihre Mutter in einer Tracht zu bestaunen. Das Gefühl dabei beschreibt sie mit dem Wort „festlich“ und schwärmt: „Ich habe keine Lieblingstracht, alle Trachten sind auf ihre Art wunderschön.“

Enorme Qualität

Der Trachtenschneiderin ist wichtig, dass auch die Gesellschaft die Tradition pflegt und die Trachten dementsprechend behandelt. „Das Gefühl für die Stoffe fehlt den Leuten heutzutage leider sehr oft“, bedauert sie. Über die Jahre sei das Gefühl für die speziellen Materialien immer weiter verloren gegangen. Sie hätten eine enorme Qualität, da es keine Massenproduktionen sind, die nur für „Fast Fashion“ gemacht werden. Dabei ist es eindrücklich, wie bei einer vollständigen Tracht viele Materialien wie Holz, Leder und diverse Stoffe miteinander harmonieren. Deshalb sei es wichtig zu zeigen, welcher Wert und welche Leidenschaft sich hinter einer solchen Tradition verbergen und wie wichtig es doch ist, sie nicht zu vergessen.

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