Im Winter ist der Vorteil, dass du sowieso Mütze und Handschuhe anhast und ein Schaltuch. Das Schaltuch ziehen wir dann nach oben, weil bei manchen Supermärkten natürlich die Videoüberwachung mit dabei ist“, sagt Christoph Beck. Der Maschinenbautechniker lebt seit fünf Jahren mit seiner Frau in einem modernen Holzhaus bei Augsburg. Sonnenstrahlen fallen durch die großen Fenster, aus dem Garten dringt leises Vogelgezwitscher herein. „Das ist eine ganz schnelle Aktion“, sagt der 38-Jährige. Er überlegt kurz, bevor er sagt: „Eine Minute, zwei Minuten maximal.“ Vor drei Jahren hat Beck, der in Wirklichkeit anders heißt, zum ersten Mal „containert“, er rettete also entsorgte Lebensmittel aus den Abfallcontainern von Supermärkten. Diese Lebensmittel können aus verschiedenen Gründen nicht mehr verkauft werden, sind aber oft einwandfrei und genießbar. Manchmal ist das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten, häufig ist es aber noch nicht einmal erreicht. Oder in einem Netz Orangen steckt ein Exemplar mit einer fauligen Stelle, das leicht aussortiert werden kann. „Einmal haben wir einen kompletten Müllsack mit hochwertigstem Käse rausgezogen, alle abgepackt und noch nicht abgelaufen, da haben wir geschätzt, dass es so im Wert von über 200 Euro gewesen sein muss“, sagt Beck kopfschüttelnd. „Ich denke, die haben eine neue Lieferung erhalten, dann wird der Rest einfach rausgeballert.“
Daheim wurde genauestens kalkuliert
Auch bevor er mit dem Containern anfing, hatte Beck darauf geachtet, dass keine Lebensmittel weggeworfen werden. „Dieses Bewusstsein habe ich auch durch meine Mutter bekommen“, sagt Beck. Er ist das zweitälteste von fünf Kindern, seine Eltern haben immer genauestens mit dem Essen kalkuliert. „Meine Mama hat immer gesagt: Es wird aufgegessen!“ Sie stammt ebenfalls aus einer großen Familie und lebte auf einem Bauernhof: „Es war nicht so, dass sie in Saus und Braus gelebt haben, dass zu jeder Tageszeit alles Mögliche verfügbar war, so wie das heute der Fall ist: Man geht zum Kühlschrank, und der ist voll.“ Mittlerweile ist Containern in den sozialen Netzwerken zu einer richtigen Bewegung geworden. Unter dem Hashtag #containern posten Aktivisten auf unzähligen Bildern die geretteten Lebensmittel, Fotos von aufeinandergetürmtem Gemüse, mal im überfüllten Kühlschrank, mal über den gesamten Esstisch ausgebreitet. Lebensmittel, die sonst verbrannt worden oder auf der Mülldeponie gelandet wären. „Durch diese Bilder und die Masse an Lebensmitteln ist das noch mal greifbar geworden, wie viel das eigentlich ist“, sagt Beck und fährt sich durch die kurzen braunen Haare. Auf die Posts ist auch einer seiner Arbeitskollegen aufmerksam geworden. „Der meinte dann, du, das probieren wir mal! Und ich bin sofort dabei gewesen, ich bin relativ schnell zu haben für alles Mögliche und bei so einer Sache natürlich auch“, sagt er mit einem leichten Lächeln.
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