Die alternative Bundestagswahl: Kinder wählen ganz anders als Erwachsene

Bei der U18-Wahl kommen jene zu Wort, die kein Wahlrecht haben: Kinder und Jugendliche. Sie dürfen bestimmen, wer Deutschland hypothetisch regieren soll. Dabei zeigt sich, dass sie die Wahl sehr ernst nehmen und wichtige Themen setzen.

14 Millionen Menschen in Deutschland dürfen am 24. September keine Stimme bei der Bundestagswahl abgeben. Sie alle haben das 18. Lebensalter noch nicht erreicht. Dafür können sie seit 1996 an der U18-Wahl teilnehmen, die vom Deutschen Bundesjugendring, dem Bundesfamilienministerium und der Bundeszentrale für politische Bildung ausgerichtet wird.

Bundeskoordinatorin Anne Bergfeld rechnet in diesem Jahr mit mehr Teilnehmern als 2013. Vor vier Jahren gaben rund 200.000 Wähler unter 18 Jahren ihre Stimme ab. „Wir sehen, dass das Interesse an den U18-Wahlen insgesamt sehr zunimmt“, sagte sie n-tv.de. Mehr als 1600 Wahllokale gibt es in ganz Deutschland. Auf der Website der Initiative heißt es dazu: „Wenig muss, viel kann“. Das beutet, dass die Anforderungen an die Wahllokale sehr gering sind. Es müssen lediglich ein Wahlleiter, sowie eine selbstgebastelte Wahlurne und Wahlkabine zur Verfügung stehen.

„Wir behaupten nicht, eine repräsentative Wahl zu sein“, sagte Bergfeld. Deshalb könne man mögliche Manipulationen auch nicht nachweisen, aber die Kinder und Jugendlichen gingen sehr verantwortungsvoll damit um. So könnten Doppelwahlen zwar nicht vermieden werden, würden aber bei 200.000 Stimmen kaum ins Gewicht fallen.

„Kein Grund, sie nicht mitreden zu lassen“

Wählen kann jeder unter 18 Jahren – unabhängig von körperlichen oder geistigen Handicaps, Herkunft oder Aufenthaltsstatus. „Dort, wo Kinder und Jugendliche sich einbringen möchten und Engagement zeigen, gibt es keinen Grund, sie nicht mitreden zu lassen“, sagte Bergfeld. Die U18-Wahl könnte möglicherweise auch ein Argument dafür sein, dass Wahlalter generell abzusenken. Die meisten Wähler sind nämlich zwischen 15 und 16 Jahren alt.

Im Vorfeld der U18-Wahl fanden in einzelnen Wahlkreisen Veranstaltungen statt, bei denen sich Politikerinnen und Politiker Redezeit erspielen und die Fragen der Unter-18-Jährigen beantworten mussten. „Die Kinder und Jugendlichen bereiten sich sehr ernsthaft auf diese Veranstaltungen vor und lassen sich auch nicht rhetorisch abwimmeln“, erzählte die Bundeskoordinatorin. Das ermögliche einen Dialog, der sonst so nicht stattfinden würde. „Politikerinnen und Politiker werden mit Themen und Fragen konfrontiert, die sie vorher vielleicht nicht auf dem Schirm hatten.“

Mitmachen können bei der U18-Wahl alle Parteien. Allerdings haben die Organisatoren vor allem jene angesprochen, die bei der vergangenen Bundestagswahl ins Parlament eingezogen sind oder in den Umfragen Anfang Mai mindestens die Fünf-Prozent-Hürde genommen haben. Eine Ausnahme gibt es: „Die Bundes-AfD hat nie auf unsere Anfrage geantwortet“, sagte Bergfeld in Bezug auf die Inhaltsübersichten, die die Organisatoren mithilfe der Parteien für die Unterachtzehnjährigen erstellt haben. Dafür habe die Partei aber auf Landesebene die Fragen der Kinder und Jugendlichen beantwortet.

Viele mit Merkel aufgewachsen

Zwar kennen viele Teilnehmer der U18-Wahl nur Angela Merkel an der Spitze Deutschland, dennoch würden etablierte Parteien kritisch hinterfragt.  „Das Spannende ist, dass Kinder nicht per se Frau Merkel wählen, weil sie sie kennen“, sagte Bergfeld. Es gehe um die Erfahrungen, die die Kinder und Jugendlichen im Wahlkampf und in der Auseinandersetzung mit den Themen gemacht hätten. Zwar sei eine Sympathie für die Kanzlerin vorhanden, „aber es ist nicht so, dass alle sie wählen, weil sie das bestehende System verkörpert.“

Vor allem das Thema Sicherheit ist für die Kinder und Jugendlichen von zentraler Bedeutung. Das liegt auch an den zunehmenden politischen Konflikten und Terrorattentaten. Daneben spielen Bildung, Nachhaltigkeit sowie Integration und Inklusion eine entscheidende Rolle bei der Wahl. „Ich habe den Eindruck, dass sehr vernünftige, überlegte und themenorientierte Wahlentscheidungen getroffen werden“, meint die Bundeskoordinatorin.

Dass nur die Eltern eine mögliche Wahlentscheidung ihrer Kinder beeinflussen, bezweifelt Bergfeld. Stattdessen sollte man den Kinder und Jugendlichen die Kompetenz zugestehen, eine qualifizierte Wahl zu treffen. Dadurch könne ein offenerer Zugang zu politischen Themen geschaffen werden.

Die Wahlergebnisse der Bundestagswahl 2013 zeigen, dass die Kinder und Jugendlichen nicht automatisch das wählen, was möglicherweise die Eltern vorgeben. So kamen CDU und CSU bei den Erwachsenen auf knapp 42 Prozent, bei den Unterachtzehnjährigen hingegen nur auf 27 Prozent. Den größten Zugewinn konnten hingegen die Grünen verzeichnen: Bei der Bundestagswahl schnitten sie mit 8 Prozent ab, bei den U18-Wahlen kamen sie auf 17 Prozent.

Hier gelangen Sie zur Karte der U18-Wahllokale.



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