Ein Sonnenaufgang wie im Märchen: Die Wasseroberfläche reflektiert Rot, Orange und Gelb vermischt mit Dunkelblau und Grau. Der Chiemsee ist ruhig und friedlich mit Tau umhüllt. Die Bergkette ist in dunklen Silhouetten zu erahnen. So beginnt der Tag, als die Chiemseeübung mit dem THW und der TAL angesetzt ist. Die benötigten Ölsperren, etwa fünf Meter lange Metallwände mit zwei Schwimmkörpern auf beiden Seiten, werden mit einem Flaschenzug nach unten auf den Steg gesetzt. Sie werden gekoppelt und gleiten anschließend wegen der Schieflage in Richtung Wasser. Jährlich wird das Material der Ölwehr-Einheit am Lachsgang bei Übersee, einer abgelegenen Stelle am Chiemsee, getestet und gewartet. Die Ölwehr ist allgemein für zulaufendes Öl auf dem Wasser und zu Lande verantwortlich und kümmert sich um die Vermeidung und Bewältigung von verheerenden Umweltschäden. Lokal für den Chiemsee sind dafür mehrere Ortsverbände des Technischen Hilfswerks, die örtlichen Feuerwehren und die TAL vertreten, um einen oder mehrere Tage vor Ort für den Ernstfall zu üben.
Drohnen über den Tiroler Achen
Die TAL ist ein großes europäisches Transportunternehmen für Rohöl und unterhält eine 753 Kilometer lange Pipeline, die von Triest in Italien durch Österreich nach Deutschland bis zum Tanklager in Lenting verläuft, im Herzen von Bayern bei Ingolstadt, wobei sie sich dort nach Westen und Nordosten aufteilt. Dabei kreuzt sie die Tiroler Achen im Raum Kitzbühel in Österreich. Erik Färber, ein mittelgroßer Mann mit rundlichem Gesicht und grauem Bart, ist seit 2009 zuständig für die Ölwehr bei der TAL und erklärt, dass „90 Prozent von Österreich und 100 Prozent von Bayern und Baden-Württemberg“ von der TAL versorgt werden, „was ein Drittel des deutschen Bedarfs ausmacht“. Das bedeutet, wenn die Pipeline auf österreichischer Seite im Gebiet der Tiroler Achen ein Leck hätte, würde das austretende Rohöl den Chiemsee gefährden. Um das zu verhindern, existiert ein Ölsperrenlager am Lachsgang, westlich des Achendeltas. Bei der aktuellen Übung waren auch die THW-eigenen Drohnen im Einsatz und haben faszinierende Fotos gemacht. Dadurch war es möglich, die Tiroler Achen von oben zu beobachten, wie sie sich in ganz vielen verzweigten Strängen in den Chiemsee einpflegen. Das Achendelta bezeichnet die Mündungszone der Tiroler Achen in den Chiemsee und befindet sich auf der südlichen Seite.
Der Standort am Lachsgang besteht aus einer mittelgroßen Halle, in der Kupplungen, Boote und weiteres Material gelagert werden, und aus zwei Stegen. Einer zum Anlegen der Boote und der andere zum Einbringen der Ölsperren. Wenn es zu einer Katastrophe kommen sollte, muss das Öl schnellstmöglich abgesondert werden, da Rohöl aufgrund seiner reinen Form hochentzündlich und giftig ist. Das Öl muss im Achendelta gestoppt und aus dem Wasser gefiltert werden. Jeder Helfer muss wissen, was zu tun ist, um die Anforderungen von Ausmaß und Schnelligkeit zu garantieren. Aus diesem Grund üben das Technische Hilfswerk und die örtliche Feuerwehr jährlich am Chiemsee. Diese Übung wird in drei Kategorien eingestuft, wobei sie sich im Aufwand unterscheiden. 2022 wurde mit sieben Ortsverbänden vom THW in Kategorie 2 geübt, wobei umliegende Ortsverbände wie Bad Aibling, Traunstein, Mühldorf, Simbach und Traunreut vertreten waren, aber auch Ellwangen aus Baden-Württemberg, die einen dreistündigen Anfahrtsweg auf sich genommen haben.
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