Lin Simonič hat schwer zu tragen, doch er nimmt es leicht. Mit etwa 35 Kilogramm Gewicht am Körper tanzt er über den Hof der Grund- und Hauptschule Breg in Ptuj. Der 16-Jährige trägt eine Maske aus schwarzem Schaffell, die ihm vom Kopf bis zu den schweren, hohen Schuhen reicht. An einem Gürtel hängen große Kuhglocken, vor und hinter dem Körper. Die Kopfmaske zeigt eine lange, rote Zunge und furchterregende Zähne. An der Maske sind zwei Flügel mit Federn und bunten Bändern befestigt. Über der Schulter trägt der Schüler einen schweren Holzstock. Mit seinen 65 Kilogramm Körpergewicht bewegt er sich mit dem zusätzlichen Gewicht trotzdem, als wäre es federleicht. Denn Lin ist mit Leib und Seele ein Kurent und trägt eine dieser traditionellen Masken des Ptujer Karnevals. „Dabei wirst du ganz bestimmt zu einem anderen Menschen“, ruft er lachend, „viel wilder und entspannter. Mit dem Gewicht am Körper und dem Lärm, den die Kuhglocken beim Tanzen machen, lernt man auch, durchzuhalten. Manche Leute sagen, man muss schon ein bisschen verrückt dazu sein.“
Nicht nur in Rio de Janeiro, Venedig, Köln und Mainz wird in der „fünften Jahreszeit“ ausgelassen Straßenkarneval gefeiert. Der Karneval in Ptuj, der ältesten Stadt Sloweniens, ist nicht so bekannt – „obwohl er nicht nur landesweit der größte ist, sondern an siebter Stelle weltweit steht“. Aljoša Ciglar berichtet das mit großem Stolz. Der Lehrer für Geschichte war im Tourismusbüro für die Organisation dieses Kunst-, Ethno- und Karnevalsfestes verantwortlich, das seit 1960 jährlich durchgeführt wird. „Nicht einmal Corona konnte das verhindern“, berichtet der 36-Jährige, „wir haben damals natürlich alle Sicherheitsmaßnahmen bedacht und hatten deshalb maskierte Masken dabei. Die Veranstaltungen haben wir dann online in die Welt übertragen.“
Laut Lonely Planet unter den zehn Besten
Jetzt findet der Karneval wieder auf den Straßen von Ptuj statt. Mit Lin Simonič werden etwa 2000 Menschen in traditionellen Masken durch Gassen und Straßen, über die Plätze und durch Säle und Festzelte tanzen. Jährlich bis zu 100.000 Menschen kommen in die Stadt an der Drau, die gerade einmal 20.000 Einwohner hat. Die Besucher kommen aus der ganzen Welt, „aus Österreich, Deutschland, Ungarn, Kroatien, Bulgarien, der Slowakei, aus Belgien und Frankreich. Und sogar aus China“, sagt Aljoša Ciglar. „Ein chinesischer Tourist war völlig verwirrt, als er all die Masken um sich herum gesehen hat. Aber dann hat er sich eine Maske besorgt und ist mit wildfremden Leuten, die er nicht kannte und die ihn nicht kannten, einfach durch die Stadt getanzt.“ Kurentovanje ist ein Fest für alle, die mitmachen möchten, und wird auf „Lonely Planet“ unter den zehn interessantesten Karnevalsveranstaltungen der Welt geführt. Die „Tür-zu-Tür-Runden“ der Kurenten, bei denen sie an Häuser klopfen und ihre Tänze aufführen, wurden von der UNESCO in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingetragen.
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