BKA-Mann berichtet


Warum töten Menschen? Warum sind Menschen so, wie sie sind? Diese Fragen stellte sich Leo Schuster, als er die Leiche von Timo Rinnelt gefunden hatte. Im Jahr 1962 begann er seine Polizeikarriere. Schuster wollte mit Menschen zu tun haben, „und der Mensch steht im Mittelpunkt der Polizeiarbeit“. Später wechselte er von der Schutzpolizei in die Kriminalpolizei, wo er dem Fall Timo Rinnelt zugeteilt wurde. Anfangs war die Hoffnung nicht groß, den Täter des seit drei Jahren vermissten Achtjährigen noch zu finden, ein anonymer Tipp führte zur Lösung des Falls. Schuster wurde mit anderen Polizisten eingeteilt, in den Keller eines verdächtigen Nachbarn zu gehen, um die Leiche zu suchen. Und da war sie, in Plastiktüten verpackt. Schnell fasste man den Täter. Schockierend war, dass der Mörder im selben Wohnkomplex wie die Familie Rinnelt lebte. Dies ließ Schuster nicht los, und er fing an, sich der Kriminologie zu widmen. Er wollte verstehen, warum Menschen so sind, wie sie sind.

Leo Schuster war später im Bundeskriminalamt (BKA) zuständig für „Organisierte Kriminalität“ und für das Errichten eines Verbindungssystems, bei dem mit anderen Staaten zusammengearbeitet wird. Er erinnert sich an einen Besuch in der Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion. Dort traf er sich mit den örtlichen Amtskollegen, die sein Team zum Essen einluden. Beim Wirt angekommen, sagte der ukrainische Kollege zu diesem, dass bitte der ganze Laden in zehn Minuten leer geräumt werden soll, da sie dort essen wollen. Nach zehn Minuten war das Lokal leer. Schuster fiel auf, dass nicht einmal gezahlt wurde. Auch der Besuch von iranischen Amtskollegen in Deutschland machte klar, wie verschieden Ansichten sein können. Diese wollten ein Gefängnis besuchen, um zu sehen, wie man hier mit Kriminellen umgeht. Schnell stellten die Besucher fest, dass die Insassen im Gefängnis auch Rechte haben. Folter ist in iranischen Gefängnissen bis heute keine Seltenheit. Auch die Strafen unterscheiden sich. In Iran wird bis heute die Todesstrafe ausgeführt.

Korruption und Kokainanbau

Auf seinen Reisen begegnete Schuster verschiedenen Verbrechen, auch der Korruption, etwa in Kolumbien. Dort scheint der Kokainanbau so normal zu sein wie der Anbau von Kartoffeln in Deutschland. Hier profitiert nur ein kleiner Kreis, und die Kartelle sind zum Teil mächtiger als der Staat selbst. Pablo Escobar baute in Kolumbien eine Parallelgesellschaft auf und wurde von den Armen als „Robin Hood“ gefeiert, obwohl die Bauern kaum etwas daran verdienten und er sich selbst die Taschen füllte. Dies führte unter anderem dazu, dass man nicht wissen konnte, ob ein Kollege von Escobar kontrolliert wurde oder wirklich in Zusammenarbeit mit dem BKA gegen den Drogenhandel vorgehen wollte. Deshalb musste man immer genau überlegen, was und wie viel man sagt, da sonst das Drogenkartell mehr gewusst hätte und dem BKA einen Schritt voraus gewesen wäre. Schuster erlebte viele kontrollierte Lieferungen, die es ermöglichten, nicht nur den Produzenten in Kolumbien festzunehmen, sondern auch den Abnehmer in Deutschland. Hierfür nutzte man verdeckte Ermittler und Informanten, die genau wussten, wo und wann die Lieferung mit dem Betäubungsmittel eintrifft. Dadurch konnte das BKA tonnenweise Rauschgift sicherstellen und auf beiden Seiten Verhaftungen durchführen. Schuster berichtet, wie organisiert die Kriminellen in Kolumbien waren, sie nutzten sogar U-Boote, die mit Kokain befüllt waren. Diese U-Boote wurden entweder sichergestellt oder versenkt.

Schuster erzählt auch von einer Zeit, in der Kriminelle mit radioaktiven Substanzen gehandelt haben, aus denen sie eine Atombombe bauen wollten. Als der erste Täter gefasst wurde, führte das zu vielen Nachahmern. Das BKA konnte die Täter festnehmen, Ermittlungen ergaben, dass die verkauften Sub­stanzen gar nicht atombombenfähig waren und die Käufer einfach nur betrogen wurden.

Am Kampf gegen die italienische Mafia war Schuster ebenfalls beteiligt. Durch die enge Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden gelang es, viele Mitglieder festzunehmen. Auch konnte die Geldwäsche der Mafia bekämpft werden, die oft mit Pizzerien durchgeführt wurde. Durch das neue Gesetz zur Vermögensabschöpfung konnte das BKA die durch illegale Geschäfte entstandenen Gewinne einziehen und so Summen in Millionenhöhe sicherstellen.

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