Du musst dir im Klaren sein, dass du allein unterwegs bist“, sinniert Patrick Wyss. Als er im Jahr 2016 zwölf Stunden nach einem Sturz vom Motorrad in einem iranischen Krankenhaus erwacht, weiß er nicht, wie er dort hingekommen ist, wer ihn aufgelesen hat und wem er sein Leben verdankt. Er erinnert sich bis heute nur noch daran, wie er sein festgefahrenes Motorrad in einem langen Kraftakt aus dem Sand befreit hat, auf dem staubigen und stürmischen Rückweg von einer Karawanserei mitten in der Maranjab-Wüste, wo sich das Unglück ereignet hat. „Völlig abgekämpft zurück im Sattel, bin ich scheinbar total dehydriert von der rollenden Maschine gefallen, laut GPS muss ich da als Ohnmächtiger noch 50 Stundenkilometer schnell gewesen sein.“ Mit doppelt gebrochenem Schlüsselbein fuhr ihn ein junger Einheimischer aus der ärztlichen Obhut zum Haus seiner iranischen Eltern, die den Fremden wieder aufgepäppelt haben. Motorrad, Gepäck, Papiere und Geld hat er umgehend von der Polizei zurückbekommen, nichts fehlte.
„So gastfreundlich wie der Iran“
Heute lebt der Schweizer in seinem selbst renovierten alten Gasthof im Appenzell, wo er lebhaft von seiner 24 000-Kilometer-Motorradreise in den Osten berichtet. „Ich habe bisher kein Land gesehen, das so gastfreundlich ist wie der Iran“, berichtet der vitale Endvierziger in Jeans und schwarzem Hemd, während er in seiner weitläufigen Küche Olivenöl über die gerösteten Tomaten träufelt: „Das ist etwas wahnsinnig Faszinierendes, gerade in den Ländern, von denen man zu Hause nur eine vage Vorstellung davon hat, wie es dort wirklich ist.“ Von der Ostschweiz nach Asien führte die Reise des ehemaligen Computer-Unternehmers und Architektur-Autodidakten, der ältere Häuser kauft und mit viel Selbsteinsatz renoviert. Das Endziel Singapur hat der Vater von zwei Kindern von Anfang an festgelegt – und eine rund hunderttägige Reiseroute mit 400-Kilometer-Tagesschnitten ausgearbeitet. Über extreme Gebirge, die nur im Sommer mit dem Motorrad erreichbar sind, durch mehr als 40 Grad heiße Wüsten und oft auf Straßen und Schotterpisten, die nicht mit der gepflegten Schweizer Asphaltkultur vergleichbar sind. Spätestens um 16 Uhr bog er deshalb stets spontan in die erstbeste verfügbare Unterkunft ab, um Nachtfahrten zu vermeiden.
Herausforderungen hat er gut gemeistert
„Generell ist so eine Tour durch 15 Länder eigentlich super easy und gut vorbereitet überhaupt kein Problem“, findet Patrick Wyss. Aufwendig war laut dem Motorenthusiasten neben der Auswahl der Reiseutensilien die Vorbereitung der notwendigen Visa für die Einreise. Danach richteten sich am Ende die genaue Route und die Etappenzeiten, weil die erlaubte Aufenthaltsdauer in den Ländern unterschiedlich ist und nicht kurzfristig verändert werden kann. Auf dem Motorrad war Wyss reduziert auf das Nötigste unterwegs. „Ich liebe die banale Intensität, weil ich mich so unmittelbar mit Eindrücken von Wetter, Temperatur und Gerüchen auseinandersetzen muss.“ Seine eigene „Packphilosophie“ schafft die Voraussetzung dafür. „Ich bin mit 50 Kilo Gepäck gestartet – alles abgewogen bis auf jede Unterhose – und schlussendlich mit 30 Kilo gereist“, erklärt der Abenteurer. Unterwegs trennen er und seine damals gerade eingefahrene, knapp 300 Kilo schwere BMW Enduro sich bald von diversen Utensilien, wie etwa einem schweren Motorradschloss: „Diese Redundanz brauchst du nicht, du kannst ja auch in allen Ländern in ein Geschäft gehen und dir das Nötige kaufen. Mit der Denkweise kannst du mit unglaublich wenig Gepäck reisen.“ Unterwegs hat der Appenzeller zuweilen mit dem Gaskocher Instantnudeln gekocht oder Energieriegel und Thunfisch aus Dosen verspeist, ansonsten hat er unterwegs lokal gegessen, dabei lobt er vor allem das Streetfood in China.
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