Musik dröhnt aus den kleinen Restaurants auf das Ägäische Meer. Die griechische Insel Skyros liegt auf einem Hügel und ist zu Fuß nur über eine steile Treppe in 15 Minuten zu erreichen. Der salzige Geruch strömt durch das 2880 Einwohner zählende Dorf. Die Gassen und ihre winzigen Läden mit Spielwaren, Souvenirs, Schmuck und Porzellan wirken wie ein Labyrinth. „Kalimera“, begrüßt der Bürgermeister die Mitglieder der Schweizer Hilfsorganisation Swiss for Greece. Jedes Jahr im Herbst reisen sie auf die Insel, um Gutes zu bewirken. 2017 wurde die Organisation im Kanton Thurgau gegründet. Sie besteht aus 21 jungen Erwachsenen und Gründungsmitgliedern, die sich für die Einheimischen ehrenamtlich engagieren. „Bereits mit einer kleinen Tat, die für mich keine große Anstrengung bedeutet, kann ich Großes bei meinem Gegenüber bewirken“, sagt die 18-jährige Marta Vigueras Fernández von der Organisation. Rund 20 000 Schweizer Franken werden jährlich durch Sponsoren und Spenden zusammengetragen. Investiert werden sie in Malerarbeiten, Landschaftsprojekte, Einkäufe für Hilfsbedürftige und medizinische Mittel. Auch im vergangenen Jahr besuchten die Jugendlichen trotz der Pandemie die Insel, sagt Murielle Egloff, sie leitet die Fachstelle Kinder und Jugend der katholischen Landeskirche Thurgau.
Neun Monate herrscht Totenstille
Sonne erhellt die weißen Fassaden und blauen Dächer. Eltern sitzen in Cafés und beobachten ihre spielenden Kinder auf dem aus Marmor gebauten Dorfplatz. Eine Bilderbuchatmosphäre. „Drei Monate im Sommer haben wir Hauptsaison und die anderen neun Monate herrscht Totenstille“, sagt der Besitzer eines Imbissladens. Eine kurze Zeit, in der viele den größten Teil ihres Geldes verdienen müssen. Finanzielle Probleme sind nicht ungewöhnlich. „Frauen in Skyros haben es besonders schwer. Hygiene-Utensilien sind deutlich teurer als andere Waren. Auch Waschmittel ist ein teures Gut“, sagt Silvia, Sozialarbeiterin auf der Insel, die von allen geduzt wird. Die Deutsche ist ausgebildete Krankenschwester und macht mehrere Impfungen auf der Insel, da diese im kleinen, einstöckigen Krankenhaus nicht durchgeführt werden. Notfälle können nicht mit einem Krankenwagen eingeliefert werden, da die Mittel fehlen. Patienten mit schweren Verletzungen werden nach Athen geflogen. Swiss for Greece finanzierte ein Röntgengerät, das aber nicht in Gebrauch ist, da die Betonwände zu dünn sind und Strahlungen durchbrechen können.
Viele haben keine Krankenversicherung
Die Einwohner von Skyros wollen arbeiten, doch die Umstände machen es ihnen schwer. „Die Bevölkerung ist herzlich, dankbar und offen“, sagt Nico Eggmann aus der Schweiz. Durch die Finanzkrise 2009 stieg die Verarmung. Die Insel erhält staatliche Unterstützung, jedoch gelange diese nicht zu denjenigen, die sie am meisten benötigen, die geographische Lage werde nicht berücksichtigt, sagt der IT-Netzwerkadministrator. Ein Yachthafen wurde gebaut, aber durch die starken statischen Ströme werde er nie in Betrieb gehen. Jetzt stehen unfertige Betonarbeiten in der Natur. „Es ist alles sehr kompliziert und nicht transparent, warum gewisse Entscheidungen gefällt werden. Wir können die Politik vor Ort nicht ändern, aber wir können die Menschen, die wir kennenlernen, unterstützen“, sagt Egloff. So wie Panos, ein älterer Mann, der allein wohnt. „Ich habe studiert, eigentlich bin ich Ingenieur, dadurch kann ich auch Englisch“, sagt er. Die Schweizer unterstützen ihn bei handwerklichen Arbeiten. Nach mehreren Schlaganfällen konnte er sich nicht mehr um sein Haus kümmern. „Ich wollte, aber ich konnte nicht.“ Bei Temperaturen von weniger als zwölf Grad musste er im Winter kalt duschen, da sein Boiler kaputt ist. Viele haben keine Krankenversicherung. Die Inselbewohner sind stolze Persönlichkeiten. Zuzugeben, dass Hilfe nötig ist, fällt ihnen schwer. Ihr Lächeln ist der Lohn, sagen die jungen Schweizer, die den Abend mit den Griechen ausklingen lassen.
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